Süddeutsche Zeitung

Fußball:Dann steigt halt keiner auf

In der dritten Liga sind die Fronten so verhärtet, dass ein Fortgang der Saison kaum noch vorstellbar ist. Nun verschärft sich die Drohkulisse, dass bei einem Abbruch niemand in die zweite Liga darf.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Die Vereine der dritten Liga werden natürlich nicht dabei sein, wenn an diesem Donnerstag die 36 Profiklubs aus erster und zweiter Spielklasse zur nächsten Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) zusammenkommen. Aber sie werden sehr genau verfolgen, was in dieser Videoschalte passiert - und das insbesondere jene Drittligisten, die sich Hoffnungen auf den Aufstieg machen. Denn wenn sich die Profiklubs gerade besprechen, geht es immer auch um das brisante Thema Auf- und Abstieg. Und dabei steht nun die Drohung im Raum, dass die dritte Liga ihr Recht auf zwei direkte Aufsteiger und einen Relegationsteilnehmer verliert, wenn sie nicht weiterspielt.

Am Ende soll bei einem Abbruch der DFB-Vorstand entscheiden, wie es weitergeht

Am Mittwoch berichtete zwar der Kicker, dass die DFL die Abstimmung über Auf- und Abstiegsregeln wegen eines Zwistes unter den Bundesligisten vertagen will. Aber aus der kursierenden Beschlussvorlage geht hervor, wie heikel die Lage für die Drittligisten ist. Denn darin heißt es zunächst, dass auch bei einem vorzeitigen Abbruch das Teilnehmerfeld der Ligen nicht aufgestockt werden soll, es soll weiterhin einen sportlichen Auf- und Abstieg geben. Jedoch folgt der Nachsatz, dass dies im Verhältnis zwischen zweiter und dritter Liga gelten solle, "wenn auch die dritte Liga die Spielzeit in vergleichbarem Umfang wie die zweite Bundesliga absolviert hat".

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Das ist eine große Drohkulisse für die dritte Liga, die unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) organisiert ist. Denn sie bewegt sich gerade in so chaotischem Gewässer, dass der geplante Neustarttermin am 26. Mai und ein geordneter Fortgang kaum umsetzbar erscheinen. Die Konfrontation zwischen Verband und Abbruch-Befürwortern - zu denen bei einer Abfrage pikanterweise die Spitzenreiter Duisburg und Mannheim sowie die sechs Letzten zählten - spitzt sich extrem zu. Und manchen DFB-Granden dürfte die Drohung aus dem Profibereich gerade recht kommen. Schatzmeister Stephan Osnabrügge erklärte zuletzt bereits, dass nur eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs sicherstelle, "dass ein Aufstieg in die zweite Liga stattfinden kann". Am Mittwoch verständigten sich die 26 Landes- und Regionalverbände auf eine neue Ermahnung an die Drittligisten; DFB-Vize Peter Frymuth sagte, dass ein Aufstieg in die zweite Liga "nicht automatisch gewährleistet" sei. Das dürfte den Konflikt weiter befeuern, der zuletzt sogar die politische Bühne erreicht hatte. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), in dessen Bundesland die Drittligisten Magdeburg und Halle beheimatet sind, warf dem DFB vor, er übe einen "unerträglichen Druck auf Politik und Vereine" aus und drohe mit Lizenzentzug. Der Verband wies das zurück und konterte in Person von Generalsekretär Friedrich Curtius, es müsse "auch die Frage erlaubt sein: Kann man nicht oder will man nicht?" Die Argumente der Abbruch-Fraktion sind vielfältig. Jena kann nicht trainieren und spielen, weil in Thüringen Teamsport bis 5. Juni verboten ist. Magdeburg und Halle dürfen nur in Kleingruppe üben. Andere Klubs erklären, sie könnten die Vorgaben des Hygienekonzepts nicht erfüllen. Wie sich das auflösen und zwischen 26. Mai und 30. Juni eine Saison absolviert werden soll, ist ungewiss.

Aber dann ist immer noch die Frage, welche Konsequenzen ein vorzeitiges Ende für den Auf- und Abstieg zwischen zweiter und dritter Liga hätte. Formal kann das die DFL mit ihren angeschlossenen Profiklubs natürlich nicht entscheiden, weil diese Regeln auch eine Liga betreffen, für die die DFL nicht die Entscheidungshoheit hat. Das ist vielmehr die Sache des DFB, dessen Führung gerade auf die vermeintlichen Blockierer so schlecht zu sprechen ist.

Doch es deutet sich an, auf welchem Weg es geschehen kann. Am 25. Mai richtet der Verband seinen virtuellen Bundestag aus - und dafür wurde auch ein Antrag für den Fortgang der dritten Liga eingebracht. Grob zusammengefasst heißt es darin, dass die Auf- und Abstiegsfragen bei einem vorzeitigen Saisonende der DFB-Vorstand klären soll. Das ist das laut Satzung zweithöchste Gremium des Verbandes, in dem neben den 18 Präsidiumsmitgliedern noch die Präsidenten der 26 Landes- und Regionalverbände sowie zwölf Vertreter des Profifußballs für die DFL sitzen. Bei dieser Zusammensetzung lässt sich leicht eine Prognose wagen, wie die Abstimmung letztlich ausgehen wird. Allerdings ist in jedem Fall anzunehmen, dass es zu juristischen Auseinandersetzungen führen wird.

Die beiden Mannschaften, die aktuell die beiden sicheren Aufstiegsplätze einnehmen, versuchen es noch mit Gelassenheit. Mannheim teilt mit, man wolle erst einmal die Situation abwarten. Und vom MSV Duisburg heißt es: "Wir bleiben bei unserem Stand: Wir wollen sportlich aufsteigen. Aber sollte, warum auch immer, die Saison abgebrochen werden, denken wir, dass wir ein Recht haben aufzusteigen", sagt ein Sprecher: "Am MSV Duisburg wird es nicht scheitern, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen."

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SZ vom 14.05.2020/ska
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