Fußball:DFL-Chef Seifert geht - Manifest zum Abschied

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Christian Seifert, der scheidende Geschäftsführer der DFL, nimmt bei einer Pressekonferenz auf dem Podium Platz. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa (Foto: dpa)

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Frankfurt/Main (dpa) - Kurz vor Weihnachten räumt Christian Seifert endgültig seinen Schreibtisch bei der Deutschen Fußball Liga. Mehr als 16 Jahre lang hat der Top-Manager die Geschäfte in der Frankfurter Zentrale geführt.

Aus einer kleinen Organisation mit anfangs 24 Mitarbeitern ist unter Seiferts Führung ein Unternehmen mit etlichen Tochterfirmen und Milliardenumsätzen geworden. Zum 1. Januar 2022 gibt der 52-Jährige das Amt offiziell an Donata Hopfen ab. Vor seinem Abschied äußerte sich Seifert in einer Medienrunde zu wichtigen Fragen des Fußballs. Christian Seifert über ...

... künftige Herausforderungen: "Die Menschen wünschen sich von der Bundesliga guten Fußball, Spannung und Unterhaltung. Ich wünsche der DFL und den Verantwortlichen der Clubs, dass sie das Rückgrat und den Mut haben, genau dazu zu stehen - auch wenn manche Akteure, manche Betrachter, manche gesellschaftlichen Gruppen und manche Twitter-Foren gerne etwas anderes hören würden. Es geht in erster Linie darum, Menschen zu unterhalten, ihnen Freude zu schenken und positive Emotionen zu wecken. Ja, die Haltung zu gesellschaftlichen und sportpolitischen Themen wird wichtiger. Die Liga muss da auch neue und klare Positionen einnehmen. Aber wenn sie mit dem Wettbewerb nicht die Herzen der Menschen erreichen, werden sie auch nicht ihre Köpfe erreichen mit gesellschaftlich relevanten Botschaften."

... die aktuelle Corona-Lage:"Es gibt kein Know-how dafür, wie man das händelt. Daher ist es äußerst schwierig zu sagen: So muss es gehen. Am Ende ist das Thema des Umgangs mit Großveranstaltungen immer zu bewerten in dem Kontext einer gesamten Pandemiestrategie eines Landes. Und da habe ich den Eindruck, dass Deutschland seine zu Beginn deutlich führende Rolle eingebüßt hat. Es gab einfach sehr fragwürdige Entscheidungen in der Logistik, im Management und in der Kommunikation von Maßnahmen. Ich kann verstehen, dass da einige Clubs ein großes Unverständnis äußern. Das habe ich auch. Aber für den Moment ist es zu akzeptieren, dass es eines gewissen Maßes an Einschränkungen bedarf. Auf der anderen Seite wird seit eineinhalb Jahren gesagt, wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Dafür sehe ich aber zu wenig Konzepte. Wir können ein Land mit 80 Millionen Menschen nicht behandeln wie ein virologisches Rechenmodell. Das ist nur eine Komponente. Irgendwann im Frühjahr muss man darüber sprechen, wie es weitergehen soll."

... kulturelle Unterschiede in der Bundesliga und die 50+1-Regel:"Wir als DFL geben einen organisatorischen und finanziellen Rahmen vor, in dem die Clubs ihre individuelle Strategie verfolgen. Jeder Verein kann sich seine eigenen Spielregeln geben. Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg, Hoffenheim und zuletzt Leipzig haben Spielregeln erfüllt, die sie zur Teilnahme an diesem Wettbewerb berechtigen. Wenn alle 36 Clubs es nicht gewollt hätten, dass ein Verein mit weniger Tradition mitspielt, dann hätten sie die Satzung ändern oder anders ausgestalten müssen. Ob das vor Gericht Bestand haben würde, sei dahingestellt."

... künftige Medienverträge: "Wir haben den zweitbesten Fernsehvertrag Europas. Es ist der Job der DFL - und damit meine ich vor allem die Clubs - zu zeigen, dass sie das Geld wert sind. Wie sich das langfristig entwickelt, kann ich nicht sagen. Die nächste Ausschreibung steht 2024 an, da werden die Rechte bis 2029 vergeben. Das ist im Zuge der technologischen Entwicklung eine extrem lange Zeit. Es kann heute keiner sagen, wie die Ausrichtung und das Investitionsverhalten der Unternehmen dann ist. Am Ende glaube ich, dass das Thema Live-Sport immer eine Wertigkeit haben wird, gerade vor allem Live-Fußball, weil es der populärste Sport ist. Man wird immer ein gewisses Level realisieren. Je mehr Menschen sich dafür interessieren, umso größer werden die Summen. Insofern ist es die Aufgabe der Clubs, heute schon Kinder und Jugendliche zu begeistern."

... die Zusammenarbeit zwischen DFL und DFB: "Das Verhältnis ist auf dem absoluten Tiefpunkt. Ich glaube, dass es gut wäre, das Verhältnis zurückzuführen auf die Ausübung des Grundlagenvertrages. Denn darum geht es in letzter Konsequenz. Die Zusammenarbeit an den wirklich wichtigen Schnittstellen muss funktionieren. Was braucht die Liga vom DFB? Die Nachwuchsarbeit muss stimmen. Das Schiedsrichterwesen muss funktionieren. Dann hat man die Abstellung der Nationalspieler und den DFB-Pokal. Im Gegenzug kann der DFB die Nationalspieler vermarkten. Da gibt es ein paar Grunddisziplinen, an denen sollte man sich orientieren. Aber darum ging es ja in den vergangenen zwei, drei Jahren nicht. Da ging es um Steuerfragen, um Abstimmungsfragen, Vertrauensfragen. Das wieder zurückzuführen auf den Grundlagenvertrag könnte ein Ansatz sein, um ein neues Vertrauensverhältnis aufzubauen - wenn dann beim DFB tatsächlich an den richtigen Stellen personelle Neuordnungen vorgenommen werden. Und zwar nicht nur im Vordergrund, sondern auch im Hintergrund."

© dpa-infocom, dpa:211217-99-419104/3

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