Fußball:DFB hat die WM-Affäre 15 Jahre lang verschwiegen

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Hat einen dubiosen Vertrag geschlossen: Franz Beckenbauer (Foto: dpa)
  • Der 2000 geschlossene Vertrag zwischen Beckenbauer und Warner wurde im DFB schnell bekannt.
  • Der Verband unternahm aber offenbar keinerlei Anstrengungen, den dubiosen Vorgang aufzuklären.

Von Hans Leyendecker, Georg Mascolo und Klaus Ott, München

In der Affäre des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) um die Weltmeisterschaft 2006 mehren sich die Anzeichen, dass die alte Spitze des Verbandes versucht hat, den Fall zu vertuschen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung war der im Juli 2000 von Franz Beckenbauer mit dem umstrittenen Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner abgeschlossene Vertrag schon kurz darauf führenden Funktionären des DFB bekannt geworden.

Der Verband unternahm aber offenbar keinerlei Anstrengungen, den dubiosen Vorgang aufzuklären, sondern legte den Vertrag zu den Akten. Beckenbauer hatte Warner Anfang Juli 2000, wenige Tage vor der Entscheidung des Weltverbands Fifa über den Austragungsort der WM 2006, bestimmte Zusagen gemacht. Das galt auch für die von Warner geleitete Fußballorganisation (Concacaf) für die Karibik, Nord- und Mittelamerika. Warner war Mitglied der Fifa-Exekutive, die mit 12:11 Stimmen Deutschland den Zuschlag für die WM gab. Beckenbauers Deal mit Warner wird im Verband heute als möglicher Bestechungsversuch betrachtet.

Bereits kurz nach der Vergabe der WM nach Deutschland erfuhren führende DFB-Vertreter von Beckenbauers Deal. Mit diesem Vorgang waren nach Angaben aus Verbandskreisen der damalige Generalsekretär Horst R. Schmidt und mindestens ein weiterer, prominenter Spitzenfunktionär befasst. Dazu soll es in den Verbandsakten einen Vermerk vom August 2000 geben, der jetzt von der Anwaltskanzlei Freshfields gefunden wurde. Die Kanzlei ist mit den Ermittlungen im DFB beauftragt.

Der mögliche Bestechungsversuch wurde dann im DFB verdrängt

In Verbandskreisen heißt es, Beckenbauers Zusagen an Warner seien offenbar nicht vollzogen worden. Jedenfalls finde sich nichts dergleichen in den Akten. Der Vorgang sei aber auch nie untersucht worden. Der mögliche Bestechungsversuch wurde dann im DFB verdrängt, bis kürzlich die Millionen-Schieberei vor der WM 2006 bekannt wurde und die internen Ermittlungen begannen. Dabei soll sich wiederum herausgestellt haben, dass der am Montag als Präsident zurückgetretene Wolfgang Niersbach schon vor Wochen erfahren habe, dass Beckenbauers Vertrag mit Warner in den Verbandsakten gefunden worden sei.

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Niersbach hatte im Sommer nach ersten Hinweisen auf mögliche Unregelmäßigkeiten Vize-Generalsekretär Stefan Hans gebeten, dem nachzugehen. Hans soll dann den Vertrag gefunden haben. Der Vize-General teilte dazu jetzt dem Verbandspräsidium in einem Brief mit, er habe Niersbach und Generalsekretär Helmut Sandrock unverzüglich informiert.

Niersbach, der nach seinem Ausscheiden als DFB-Chef weiter Funktionen bei der Fifa und der europäischen Fußball-Organisation Uefa wahrnehmen soll, gerät dadurch noch mehr unter Druck. Er hatte der Öffentlichkeit und offenbar auch dem Verbandspräsidium nichts von einem derartigen Aktenfund berichtet. Weder der DFB noch Niersbach wollten sich am Donnerstag dazu äußern. Im Verbandspräsidium wächst das Entsetzen über die Affäre. Offenbar sei bis zuletzt versucht worden, vieles zu vertuschen.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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