Fußball:Der ewige Totti

Francesco Totti AS Roma vs Torino FC

250 Ligatore für den AS Rom: Francesco Totti.

(Foto: dpa)

40 Jahre alt und noch immer aktiv: Der Fußballer Francesco Totti steht für Rom - und liefert weiterhin romantische Dramen.

Von Oliver Meiler, Rom

So wunderbar rund werden Geburtstage ja selten im aktiven Fussball: 40! Wie auch - wenn die Gegner immer jünger und schneller werden, wenn sie einen umschwirren und an einem vorbeifliegen? Francesco Totti, den die Römer und Romanisti wahlweise "Er pupone" (großer Junge), "Gladiatore" oder "Imperatore" rufen, trägt die Reminiszenzen seiner langen Karriere nicht nur metaphorisch in den Knochen. In seinem linken Knöchel stecken acht Schrauben, die Kreuzbänder beider Knie hat er mal gerissen, sein linkes Bein haben sie mit einer Stahlverstrebung stabilisiert, die Beugemuskeln in beiden Oberschenkeln sind chronisch anfällig.

Man kann also nicht behaupten, Totti baue unversehrt an seinen Rekorden, an seinem ewigen Mythos. Von Ewigkeit muss natürlich gleich noch die Rede sein.

Totti ist noch immer da. 25. Saison in denselben Farben. 650 Meisterschaftsspiele für den AS Rom. 250 Tore in der Serie A. Und immer noch entscheidend, manchmal wenigstens. Dann zündet er die Lichter an im Stadio Olimpico, dem oftmals in trüber Langeweile dämmernden und halbleeren Stadion im Norden der Stadt.

Vielleicht noch eine weitere Saison

Er braucht nicht viel dafür, wenige Minuten reichen, ein Laufradius von zwanzig Metern und einige direkte, weite, präzise Pässe in die Sturmspitze. Er sieht sie, ohne hinschauen zu müssen, den Rücken zum gegnerischen Tor gewandt. No look. Er lupft, chippt, schaufelt den Ball mit so viel leichter Grazie, dass ihm selbst die gegnerischen Fans Szenenapplaus offerieren. Fast überall im Land. Er läuft eine lange Ehrenrunde. Diese Saison noch, vielleicht sogar noch eine weitere.

Totti hätte oft Gelegenheit gehabt, zu einem wirklich großen Verein im Ausland zu wechseln und viele Titel zu gewinnen, womöglich auch einmal den Ballon d'Or, die Auszeichnung des Besten der Besten. Real Madrid, FC Barcelona, Manchester United - alle reichten sie Angebote ein. Doch Totti wies sie alle zurück. Die Legende will, dass seine Liebe zu Rom und zur Roma einfach viel zu groß war. Vor sechs Jahren, in einem herzhaft offenen Interview in der römischen Zeitung La Repubblica, korrigierte er die Legende ein bisschen: "Liebe und Faulheit - ich bin schon sehr, sehr faul", sagte er. Er machte es sich bequem in der Verklärung.

Der Verein richtete ihm schon vor Jahren ein Büro auf der Managementetage ein - einen Schrein mit Fotos von Totti, mit Trophäen Tottis, mit Trikots von Totti. Büro 17 in Trigoria, dem Klubsitz, mit Messingtafel an der Türe. Als Spieler.

Die Gabe der Selbstironie

Zuweilen spaltet sich die Anhängerschaft über den "Capitano", diesen Monopolisator der Herzen. Aber die Spaltung überlebt keinen Lupfer, keinen Löffelpass. Manchmal legt er sich mit den Trainern an, wenn die ihm nicht den gebührenden Respekt kredenzen. Die Duelle entwickeln sich dann immer zu romantischen Dramen, zu Telenovelas mit der Stadt als Publikum.

Zum 40. Geburtstag dünkte es Tottis Frau Ilary, eine bekannte TV-Moderatorin, Mutter dreier Kinder, Coach Luciano Spalletti einen "kleinen Mann" zu nennen, weil der ihren Francesco im vergangenen Jahr schlecht behandelt habe. Sie wählte dafür die Gazzetta dello Sport, die große Sportzeitung des Landes. Totti wusste offenbar nichts von ihrem, naja, höchstens gut gemeinten Geschenk. Sollte wohl eine Überraschung sein. Und wieder öffnete sich der Himmel über Rom.

Zum Glück verfügt Totti über die Gabe der Selbstironie. Er lacht gern über sich. Das macht ihn sympathisch, das rettet ihn in die lange Nachspielzeit seiner Karriere. Es wird gerade mal wieder allenthalben die Ewigkeit bemüht - als ästhetisches Konzept. Die ewige Stadt neigt nun mal dazu, sich zeitlos zu denken, philosophisch und spirituell. Und in diesen Tagen auch fussballerisch, dekliniert an der feinen Beinarbeit ihres Königs. Obschon man in diesen Belangen ja eher Provinz ist als Caput Mundi.

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