Corona-Fälle bei Dänemark:20 Ausfälle - aber gespielt wird trotzdem

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Er darf noch mitspielen: der Dortmunder Thomas Delaney (Mitte). (Foto: AFP)

Coronafälle und Einreisebeschränkungen wegen dänischer Nerze dezimieren die Nationalmannschaft Dänemarks erheblich - manche stellen vor dem Nachbarschaftsduell mit Schweden die Sinnfrage.

Von Carsten Scheele

Um den Überblick zu behalten, hat die dänische Zeitung Ekstra Bladet mit überschaubarem technischem Aufwand eine Infobox erstellt. Hier ist in drei Kategorien aufgeführt, welcher dänische Nationalspieler aus welchen Gründen nicht zum Länderspiel gegen Schweden an diesem Mittwochabend antreten kann. Erste Kategorie: die Covid-19-Infizierten. Zweite Kategorie: die Spieler in Quarantäne. Dritte Kategorie: die Spieler, die aufgrund von Quarantänebestimmungen nicht nach Dänemark einreisen dürfen. Es ist eine stattliche Liste geworden, bei der man überlegen muss, ob nicht eine vierte Kategorie fehlt: die Spieler, die tatsächlich mitmachen dürfen.

Auf mittlerweile 20 Profis sowie Nationaltrainer Kasper Hjulmand und dessen Assistent Morten Wieghorst müssen die Dänen bei dem Freundschaftsspiel verzichten, was zu einer Reihe kurioser Begebenheiten führt. Erstens werden Spieler im Kader stehen, die vor wenigen Tagen noch nicht einmal dachten, sie seien dänische Nationalspieler. Ebenso wie Ebbe Sand, der frühere Schalker Angreifer und heutige Stürmercoach des dänischen Verbands, nicht erahnen konnte, dass er plötzlich als Cheftrainer auf der Bank sitzen würde.

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"Wir können uns die Häufung nicht erklären": Beim Bundesligisten gibt es drei weitere Corona-Fälle - die Spieler isolieren sich, Torhüter Baumann verlässt das Quartier der DFB-Mannschaft.

Es sei eine "besondere Situation, aber natürlich hat das Spiel noch seine Rechtfertigung", sagte Sand trotzig, es ist schließlich sein Einstand als Chef, doch das sehen nicht alle so. Der sportliche Wert der Partie ist insbesondere in den Medien beider Länder heftig umstritten. "Das einzig Richtige wäre, die ganze Scheiße abzusagen", schrieb die Zeitung Expressen aus Schweden. Das Ekstra Bladet sieht die Dänen gefangen in der "Corona-Hölle".

Die Profis aus England dürfen gar nicht erst anreisen

Bereits zum dritten Mal wurden auf dänischer Seite nun Spieler nachnominiert: elf bis zum Montag, weitere sieben am Dienstag, darunter sechs Profis, die noch nie für die dänische Auswahl auf dem Platz standen. Etwa Alexander Bah, der für Tabellenführer Sönderjysk spielt und von Hjulmands Anruf überrascht wurde. "Es ist natürlich nicht optimal, auf diese Art und Weise nominiert zu werden, aber wenn die Nationalmannschaft ruft, sagt man nicht Nein", sagte Bah dem Nordschleswiger.

Das wurde nötig, weil ein Teil der Spieler gar nicht anreisen durfte: Seit ein mutierter Covid-19-Erreger bei Nerzen in dänischen Pelztierfarmen aufgetaucht ist, hat die britische Regierung verschärfte Regeln erlassen. Wer aus Dänemark nach England zurückkehrt, muss eine 14-tägige Quarantäne absitzen - für die sieben dänischen Spieler aus der Premier League, darunter Torwart Kaspar Schmeichel (Leicester) und der frühere Münchner Pierre-Emile Højbjerg (Tottenham), war es deshalb keine Option. Trainer Hjulmand sagte, er verstehe die Logik dahinter nicht, die britische Regierung stehe offenbar unter "enormem Druck". Da wusste Hjulmand noch nichts davon, dass er selbst nicht auf der Bank sitzen würde.

Denn am Dienstag verschärfte der positive Coronatest von Hoffenheims Robert Skov die Situation noch einmal drastisch. Skov und ein ebenfalls infizierter Betreuer hatten zuvor engen Kontakt zu einem Großteil der Mannschaft, unter anderem zu Trainer Hjulmand, Schalkes Torwart Frederik Rönnow und Leipzigs Stürmer Yussuf Poulsen. Sie alle wurden zwar negativ getestet, befinden sich aber in Quarantäne.

Und was ist mit England gegen Island?

Ein Grund, die Partie abzusagen, ist das immer noch nicht. Im dänischen Verband ist von finanziellen Zwängen die Rede; auch die Mannschaft scheint willig: Die nachnominierten Spieler würden "ihren rechten Arm geben", um gegen Schweden dabei zu sein, formulierte es Dortmunds Thomas Delaney. Er habe ein gutes Gefühl, die Blase, in der sich Dänemarks Nationalteam aktuell befinde, sei dichter als daheim bei Borussia Dortmund. Ebbe Sand bemühte in Coronazeiten ein eher unglückliches Sprachbild: "Wir rücken noch dichter zusammen."

Doch damit nicht genug, die Situation zieht noch weitere Kreise: Weil die Isländer am Sonntag ebenfalls in Kopenhagen antreten, dürfen sie am Mittwoch laut Rechtslage nicht zum Nations-League-Spiel nach London reisen. Eine Lösung wird gesucht, der britische Fußballverband FA hat die Regierung um eine Ausnahmeregelung gebeten, damit die Isländer einreisen dürfen. Andernfalls soll die Partie in ein anderes Land verlegt werden, laut Times entweder nach Deutschland, weil die Isländer ohnehin gerade in Augsburg ihr Trainingslager abhalten. Oder nach Albanien.

Mit Material des sid

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