Coronavirus im Fußball:Der erste infizierte Profi

Fussball-Profi Timo Hübers positiv auf Coronavirus getestet

Er ist der Erste: Timo Hübers (rechts) von Hannover 96 wurde positiv auf das Coronavirus getestet.

(Foto: dpa)
  • Der deutsche Profifußball sucht weiter eine einheitliche Linie im Umgang mit dem Coronavirus.
  • Alle Bundesliga-Partien werden ohne Publikum stattfinden - aber Frankfurt lässt in der Europa League noch Zuschauer rein.
  • Timo Hübers von Hannover 96 ist indes der erste infizierte Profi.

Von Benedikt Warmbrunn

Am vergangenen Freitag hat Timo Hübers mit Hannover 96 beim 1. FC Nürnberg gespielt, es war sein drittes Spiel in Serie über 90 Minuten. Den 3:0- Sieg des Zweitligisten leitete er mit dem Führungstor ein, seinem ersten Treffer für die Profimannschaft des Vereins. Der 23 Jahre alte Innenverteidiger hatte sich festgespielt in der ersten Elf. In den nächsten Wochen wird Hübers dennoch nicht auflaufen - wie der Verein am Mittwoch mitteilte, befindet sich Hübers in häuslicher Quarantäne. Er ist der erste deutsche Profifußballer, der positiv auf das Coronavirus getestet worden ist.

Für den deutschen Profifußball ist damit eine neue Stufe erreicht im Umgang mit dem Virus. Die erste wurde zu Wochenbeginn eingeleitet, als ein Verein nach dem anderen bekannt gab, sein Heimspiel ohne Zuschauer durchführen zu wollen bzw. zu müssen; nachdem auch Union Berlin und Leipzig für das Wochenende Geisterspiele ankündigten, wird erstmals in der Geschichte der Bundesliga ein Spieltag ohne Zuschauer in den Stadien stattfinden. Der positive Test bei Hübers stellt eine zweite Stufe dar. Nun wird es darum gehen, ob der Spielbetrieb noch gewährleistet werden kann, wenn einzelne Spieler sich in Quarantäne befinden - und als Folge dessen möglicherweise auch eine ganze Mannschaft.

Hübers hat sich laut einer Vereinsmitteilung am Samstag bei einem Klassentreffen in seiner Heimatstadt Hildesheim aufgehalten; nachdem er erfahren hatte, dass eine Person, die mit ihm zusammen unterwegs war, positiv getestet wurde, habe er sich sofort beim Arzt gemeldet und sich "provisorisch in eine häusliche Quarantäne begeben", wird Hannovers Sportlicher Leiter Gerhard Zuber zitiert. "Timo hat sich absolut vorbildlich verhalten. Er selbst zeigt bis jetzt keinerlei Symptome."

Die DFL äußert sich zunächst nicht zu diesem Fall

Da Hübers seit Samstag keinen Kontakt zu Mitspielern gehabt habe, "ist nicht davon auszugehen, dass sich Mitspieler bei ihm infiziert haben", teilte sein Verein mit. Dennoch werden der gesamte Profikader, das Trainerteam und alle weiteren Betreuer "vorsorglich auf das Virus getestet". Am Vormittag hatte Hannover unabhängig von Hübers Fall angekündigt, zum Heimspiel am Sonntag gegen Dresden keine Zuschauer ins Stadion zu lassen. Hübers, der nach dem Klassentreffen noch ein Oberligaspiel in Hildesheim (1300 Zuschauer) besucht hatte, wird am Sonntag fehlen, seine Mitspieler, teilte der Klub mit, "setzen die Vorbereitung auf das Spiel fort". Die Deutsche Fußball Liga äußerte sich zunächst nicht zu diesem Fall - auch nicht zu der Frage, ob das Spiel stattfinden wird.

Auch am Mittwoch, als der deutsche Profifußball durch Hübers' Infektion in der Corona-Causa eine neue Stufe erreicht hat, fiel auf, wie sehr es hierzulande an einem einheitlichen Vorgehen fehlt. In Frankreich hatte der Ligaverband am Dienstag verkündet, dass bis Mitte April alle Spiele ohne Zuschauer stattfinden. In Italien, wo alle Sportveranstaltungen bis 3. April ausgesetzt worden sind, prüft der Fußballverband FIGC bereits Lösungen für den Fall, dass die Saison der Serie A nicht zu Ende gespielt werden kann. Der Deutsche Fußball-Bund entschied am Mittwoch auf Empfehlung des Ausschusses der 3. Liga, dass die kommenden Spieltage, die am Wochenende und am Dienstag/Mittwoch hätten stattfinden sollen, verschoben werden und "frühestens Anfang Mai" nachgeholt werden. DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius sagte, der Verband wolle seiner "Verantwortung für die Vereine gerecht" werden.

Der Ausschuss verwies auf die "besondere wirtschaftliche Sensibilität in der dritten Liga" - finanziell sind die Klubs von den Ticket-Einnahmen abhängig. Curtius sagte: "Vor diesem Hintergrund ist vom DFB für den Fußball in Deutschland ein vernünftiges und entschlossenes Handeln gefragt." Ein Handeln also, wie es die für die Bundesliga zuständige DFL bislang nicht gezeigt hat - weshalb auch die Klubs selbst nicht einheitlich vorgehen.

Auch Union Berlin und RB Leipzig lenken ein

Erst am Mittwoch lenkten Union Berlin und Leipzig ein; beide Klubs hatten bis zuletzt darauf gehofft, am Wochenende vor Zuschauern spielen zu können. Und Eintracht Frankfurt hielt zunächst fast schon trotzig an dem Plan fest, das Europa-League-Spiel am Donnerstag (18.55 Uhr) gegen den FC Basel in einem vollen Stadion durchzuführen - während bereits feststand, dass das Ligaheimspiel am Sonntag gegen Mönchengladbach vor leeren Rängen gespielt wird. "Diese Entscheidung ist ein Grenzfall", betonte der zuständige Frankfurter Stadtrat Stefan Majer am Mittwoch mit Blick auf die Partie gegen Basel (das zuletzt am 23. Februar ein Pflichtspiel bestritten hat; in der Schweiz ist der gesamte Spielbetrieb gestoppt). Eintracht-Vorstand Axel Hellmann sagte: "Wir sind ein Fußballverein. Wir können keine eigenständigen Einschätzung abgeben. Deshalb geben wir diese Entscheidung ausschließlich in die Hände der Fachbehörden, die sich mit dem Thema täglich beschäftigen."

Am frühen Mittwochabend schwenkten das Gesundheitsamt Frankfurt schließlich um: Nach einer "Neubewertung der Lage" müsse nun auch das Basel-Spiel vor leeren Tribünen stattfinden. Im Kanton Basel und im angrenzende Elsass sind die Infektionen gestiegen, daher sei "das Gesundheitsamt zu einer anderen Einschätzung der Gefährdung als noch heute Morgen gekommen", berichtete Klubvorstand Hellmann. Die Eintracht bedaure dies sehr, akzeptiere aber die Entscheidung. René Gottschalk, der Leiter des Gesundheitsamtes, hatte zuvor die Ausnahme für Basel damit begründet, dass die Fangruppen beider Teams nicht aus Risikogebieten kämen. "Wir haben eine andere Situation als in Italien oder Mönchengladbach. In Hessen gibt es 35 Fälle bei sechs Millionen Einwohnern", sagte Gottschalk, "die statistische Wahrscheinlichkeit, dass man sich da infizieren kann, liegt bei Null." Den Zuschauerausschluss gegen Gladbach erklärte Gottschalk damit, dass die Eintracht dann Fans aus einer Region erwarte, "wo es Übertragungen gegeben hat".

Das Vorgehen der Frankfurter zeigt auch, wie verzweifelt sich manche Verantwortliche im Fußball an der Hoffnung festklammern, dass sich die Einschränkungen durch das Virus in Grenzen halten könnten. Ein anderes Beispiel dafür ist die Reaktion von DFL-Geschäftsführer Christian Seifert auf einen Brief des Bremer Bürgermeisters Andreas Bovenschulte. Dieser hatte in einem Schreiben gefordert, alle Bundesliga-Spiele des Wochenendes zu verschieben, um in der gewonnenen Zeit eine "einheitliche Linie für die nächsten Spieltage" abzustimmen.

Welche Maßnahmen angemessen seien, antworte Seifert am Mittwoch per Brief, "liegt nun mal im Zuständigkeitsbereich der Gesundheitsministerien bzw. -ämter am jeweiligen Standort". Deren Zuständigkeit respektiere die DFL "voll und ganz, genau weil sie dem Schutz der Menschen oberste Priorität einräumt". Seifert wies daher "mit Nachdruck" zurück, dass Bovenschulte suggerierte, "die DFL würde sich im Zweifel nicht für den Schutz des Menschen entscheiden". Eine entschlossene, einheitliche Linie gab Seifert aber auch nicht vor.

Kurz nachdem bekannt geworden war, dass sich Timo Hübers infiziert hat, meldete sich der erste deutsche Funktionär, der drastische Maßnahmen nicht ausschließen wollte: "Ich gehe davon aus, dass die Saison nicht zu Ende gespielt werden kann", sagte Helge Leonhardt, Präsident des Zweitligisten Aue, der dpa: "Sobald eine Person, die regelmäßigen Kontakt mit einem Team hat, erkrankt, muss das ganze Team für zwei Wochen unter Quarantäne." Dass sich weitere Spieler anstecken, hält Leonhardt für wahrscheinlich: "Dann brechen der ganze Spielplan und der Spielbetrieb zusammen."

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