Süddeutsche Zeitung

Fußballer Josh Cavallo :Dieser Artikel sollte nicht nötig sein

Lesezeit: 1 min

Dass das Coming-out von Josh Cavallo immer noch ein Thema ist, beschreibt im Prinzip das ganze Problem. Der Männerfußball muss dieses Tabu endlich brechen. 

Kommentar von Volker Kreisl

Eigentlich sollte Josh Cavallos Mitteilung nicht mehr der Rede wert sein, und im Grunde auch dieser Meinungsbeitrag längst schon nicht mehr von Belang. Doch tatsächlich zählt das Milieu, in dem Cavallo tätig ist, zu jenen wenigen, in denen eine derartige Mitteilung noch so etwas wie eine Nachricht darstellt. Cavallo ist Fußballer, er spielt in Australien für den Erstligisten Adelaide United, und erklärte nun, er sei "stolz, schwul zu sein".

Sein Statement erinnert zunächst an den Umstand, wie stark die Zwänge in den von heterosexuellem Männlichkeitsverhalten dominierten Disziplinen immer noch wirken. Denn Fußball ist nicht die einzige derart geprägte Sportart, aber eben die weltweit größte. Und Cavallos Offenlegung ist eine von wenigen, wie etwa die des Briten Justin Fashanu vor 31 Jahren. Selten hat also ein aktiver schwuler Kicker diese im sonstigen Leben selbstverständliche Sache klargestellt. Cavallo hofft nun, er könne mit dem Schritt weltweit Kollegen im Sport, vor allem aber im Fußball dazu inspirieren, dieses Versteckspiel, wenn es denn im Einzelfall so empfunden würde, zu beenden.

Mit Sicherheit führt offene Homophobie auch im Fußball bereits eher zu einem Imageschaden

Tabus überdauern oft noch eine längere Weile ihre Ursachen. Und es ist durchaus möglich, dass die Angst der Fußball-Entscheider in den Verbänden und Vereinen sich mittlerweile zu einem Phantom entwickelt hat. Dass also diese diffuse Sorge vor Entdeckung, vor dem Verlust von Sponsoren oder vor internem, subtilem Mobbing gar nicht mehr begründet ist. Mit Sicherheit führt offene Homophobie auch im Fußball bereits eher zu einem Imageschaden, und selbst hartgesottene Macho-Fans in der sogenannten Kurve sind vielleicht aufgeklärter als das Vorurteil es behauptet.

Irgendeiner musste es mal sagen. Der Australier Cavallo hat nun also eine Tür aufgetreten, andere schwule Fußballer werden folgen, und wie zuvor in den meisten Gesellschaftsbereichen, dauert es dann vielleicht auch im Fußball gar nicht mehr so lange, bis ein Outing keine Neuigkeit mehr ist.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5450762
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.