Fußball-Champions-League der Frauen:Die Glückseligkeit der Ada Hegerberg

Fußball-Champions-League der Frauen: "Es braucht viel Mut, viel harte Arbeit und Mentalität, um hierherzukommen": Ada Hegerberg hat zum sechsten Mal die Königsklasse gewonnen.

"Es braucht viel Mut, viel harte Arbeit und Mentalität, um hierherzukommen": Ada Hegerberg hat zum sechsten Mal die Königsklasse gewonnen.

(Foto: Maja Hitij/Getty)

Olympique Lyon entreißt Barcelona im Finale den Champions-League-Titel - auch weil die Norwegerin nach ihrer langen Verletzung neue Qualitäten zeigt.

Von Anna Dreher

Ada Hegerberg war noch ganz aufgeregt von dem, was eben passiert war. Als sie vor der Fernsehkamera Fragen beantworten sollte, nahm sie also einfach all ihre Emotionen mit. Das Interview begann damit, dass sie die Moderatorin rechts und den Experten links von sich in die Arme nahm, mit den beiden hüpfte und dazu "Ey! Ey! Ey! Eeeey!" rief. Als sie sprach, entlud sich das Adrenalin des 3:1 im Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona in einer wortreichen Mischung aus Erleichterung und Pathos. Diese war offenbar so ansteckend, dass auch die Journalisten ergriffen wirkten und sich teils ins Wort fielen vor Begeisterung. "Widerstandsfähigkeit und harte Arbeit, es ist das alles wert", sagte Hegerberg, die norwegische Nationalflagge in der Hand.

Barcelona gegen Olympique Lyon im Finale der Champions League, der Sieger von 2021 gegen den Sieger von 2011, 2012 und von 2016 bis 2020. Das versprach schon per se eine unterhaltsame Begegnung zu werden. Und es kam eine überraschende Note hinzu. 32 257 pausenlos und leidenschaftlich anfeuernde Zuschauer sahen, wie die sonst so dominant und selbstsicher auftretenden Spanierinnen überrannt wurden. Vom Schock des furiosen Starts ihrer Gegnerinnen sollten sie sich nicht rechtzeitig erholen - und erlebten damit eine Art Déjà-vu: Auch 2019 hatten sie gegen Olympique keine Chance.

Amandine Henry schoss in der sechsten Minute ein Traumtor aus mehr als 25 Metern Entfernung, Hegerberg erhöhte mit einem Kopfball (23.), bevor Catarina Macario das Spiel entschied. Gerade 33 Minuten waren da gespielt. Barças Weltfußballerin Alexia Putellas (41.) machte ihrem Team noch Hoffnung auf ein Comeback, aber es fand zu spät in seinen Rhythmus bei ungewohnt vielen Fehlern und Unsicherheiten. Lyon traf die besseren Entscheidungen, spielte konzentrierter und kontrollierte die intensive Partie.

Hegerberg tritt eindeutig als Anführerin der Equipe auf

Für Barcelona war es nach dem 0:2 im Halbfinal-Rückspiel beim VfL Wolfsburg die erst zweite Saisonniederlage. Jedem Teammitglied war die enorme Enttäuschung anzusehen, auch über die Art und Weise, das alles traf sie unerwartet. "Es gibt Szenarien wie nun gegen Lyon, an die wir nicht so gewöhnt sind. Sie zeigen uns, dass wir nicht unbesiegbar sind", sagte Barça-Trainer Jonatan Giráldez. Und Putellas, mit elf Treffern die beste Torschützin dieser Königsklassensaison, wechselte direkt in den Angriffsmodus: "Wenn der Gegner stärker ist als du, musst du schneller spielen. Wir müssen mehr arbeiten." Barça-Präsident Joan Laporte versuchte zu trösten: "Sie sind der Stolz unserer Stadt und unseres Landes."

Fußball-Champions-League der Frauen: Entschlossener Kopfball: Ada Hegerberg tritt im Finale als klare Anführerin von Olympique Lyon auf. Das 2:0 war ihr 59. Tor in der Champions League, so viele hat sonst keine andere geschossen.

Entschlossener Kopfball: Ada Hegerberg tritt im Finale als klare Anführerin von Olympique Lyon auf. Das 2:0 war ihr 59. Tor in der Champions League, so viele hat sonst keine andere geschossen.

(Foto: Maja Hitij/Getty)

Auf der anderen Seite herrschte pure Glückseligkeit. Lyon hat sich nach einem Jahr Pause eindrucksvoll auf der internationalen Bühne zurückgemeldet, und vor allem für Hegerberg gilt das ganz persönlich. Die 26-Jährige hatte nach einer Kreuzbandverletzung und einem Ermüdungsbruch 20 Monate pausieren müssen, bevor sie im Oktober 2021 auf den Platz zurückkehrte. In diesem Finale brachte sie in jeder Minute zum Ausdruck, was sie zuvor schon nicht müde geworden war zu betonen: dass sie die Verletzungszeit genutzt hatte, um mental und physisch stärker zu werden.

Es war nur folgerichtig, dass sie auch in diesem Spiel traf. Hegerberg trat mit ihrer Aggressivität und ihrer Entschlossenheit eindeutig als Anführerin der Equipe auf, zu der auch die derzeit verletzte deutsche Nationalspielerin Dzsenifer Marozsán zählt. "Es braucht viel Mut, viel harte Arbeit und Mentalität, um hierherzukommen", sagte Hegerberg und fügte an, noch vor einem Jahr einen solchen Erfolg nicht für möglich gehalten zu haben. "Von einer Verletzung zurück und wieder auf dieses Niveau zu kommen, ist extrem inspirierend. Ich bin sehr dankbar." Das 2:0 war ihr 59. Tor in der Champions League, die sie nun sechsmal gewonnen hat.

Überhaupt, die Rekorde. Zum achten Mal ist Lyons Vereinsname nun in den silbernen Pokal eingraviert worden, bei zehn Finalteilnahmen. So oft waren auch Eugénie Le Sommer und Wendie Renard, mit 102 Einsätzen Champions-League-Rekordspielerin, an den Erfolgen beteiligt. Sonia Bompastor ist nun die Erste, die den Wettbewerb als Fußballerin und Trainerin gewinnen konnte. Und als Hegerberg im TV-Interview betonte, dass sie ja erst 26 Jahre alt sei, war klar: Das soll noch lange nicht das Ende gewesen sein.

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