Fußball-Bundesliga:Wolfsburger Signal-Transfer

Fußball-Bundesliga: Nummer 33, wie schon in München, Florenz und Istanbul: Mario Gomez.

Nummer 33, wie schon in München, Florenz und Istanbul: Mario Gomez.

(Foto: Julian Stratenschulte/AFP)

Mario Gomez hilft dem VfL sportlich und atmosphärisch - er will dem Verein helfen, Julian Draxler bei Laune zu halten.

Von JAVIER CÁCERES, Wolfsburg

Mario Gomez und die Rückennummer 33, das ist auch so eine Geschichte: Im Jahr 2010 waren 33 Bergarbeiter 60 Tage lang in einer eingestürzten Grube in Chile eingeschlossen gewesen, darunter auch einer namens: Mario Gómez. Der deutsche Fußballnationalspieler Mario Gomez spielte seinerzeit beim FC Bayern, und der Zufall wollte es, dass er die Rückennummer 33 trug. Als er vom Schicksal des Namensvetters erfuhr, schickte er ein Trikot ans Ende der Welt.

Sogar Julian Draxler bekam angeblich "leuchtende Augen"

Seine 33 behielt der Bundesligatorschützenkönig von 2011 auch nach seinen Wechseln: beim AC Florenz, wo es 2013/14 nicht so gut lief. Und zuletzt auch bei Besiktas Istanbul, wo er in 33 (!) Ligaspielen wieder zu sich und zu seiner Kernkompetenz fand: dem Toreschießen. Gomez wurde mit 26 Treffern Torschützenkönig der Süper Lig und hatte damit großen Anteil daran, dass Besiktas türkischer Meister wurde.

Am Donnerstag nun wurde Gomez in Wolfsburg als bislang prominentester Zugang des Fußball-Bundesligisten vorgestellt, und er hielt, umrahmt von Trainer Dieter Hecking und Manager Klaus Allofs, sein neues Trikot in die Kameras - natürlich mit der Rückennummer 33. Doch aufregend war vor allem, dass er danach er einen Einblick in seine Karriereplanung gewährte und dabei eine Aufrichtigkeit an den Tag legte, die gut zu jedem Grubenmenschen der Welt passen würde.

"Wir müssen uns nichts vormachen", sagte Gomez, er habe eigentlich vorgehabt, in einer Mannschaft zu spielen, die in der kommenden Saison in der Champions League spielt. Das trifft auf den VfL Wolfsburg nach einer desaströs verlaufenen Vorsaison nicht zu. Ganz im Gegenteil: Als Tabellenachter verfehlte der VfL sogar die Europa League. Gespräche habe es "in alle Richtungen, auch in alle Länder und mit vielen Mannschaften" gegeben, führte Gomez aus. Jedoch: Bei den meisten Champions-League-Klubs seien "schon Topstürmer auf eins" gesetzt gewesen, sagte Gomez. Und weil er sich einem Reservistendasein nicht mehr aussetzen wollte, zog er zwei Schlussfolgerungen.

Erstens, dass er zurück in die Bundesliga wollte, wo er einst für den VfB Stuttgart (2001 bis 2009) und den FC Bayern (bis 2013) 138 Tore in 236 Spielen erzielt hatte. Zweitens, dass er zu einem Team mit "Champions-League-Potenzial" stoßen wollte. Er sei "megahappy", sagte er, "ich sehe den VfL als eine Mannschaft, die ganz vorne hingehört". Nur der FC Bayern und Borussia Dortmund seien in den vergangenen zehn Jahren erfolgreicher gewesen als der VfL. Wie ernst es ihm mit seinen Ambitionen ist, unterstreicht eine Randvereinbarung seines auf drei Jahre geschlossenen Vertrags: "Unser aller Ziel ist Europa, und wenn Europa nicht geschafft ist, werden wir uns in einem Jahr zusammensetzen", sagte Gomez, als würde man sich dann mutmaßlich wieder trennen. Wolfsburg als Durchgangsstation?

Nicht zwangsläufig. Bereichernd und empfehlenswert seien zwar die Jahre im Ausland und auch die Istanbuler Derbys mit Besiktas gegen Galatasaray oder Fenerbahce gewesen (jetzt verließ er die Türkei wegen der politischen Wirren nach dem gescheiterten Putsch). Aber er träume "nicht mehr von der megainternationalen Karriere bei einem Mega-Topklub. Ich will, dass wir hier megaerfolgreich sind."

Vorher muss er freilich erst wieder fit werden. Seit einem Muskelfaserriss aus dem EM-Viertelfinale gegen Italien pausiert er. Trainer Dieter Hecking ist skeptisch, Gomez am ersten Spieltag (27. August) beim FC Augsburg aufbieten zu können. Ein Einsatz am Wochenende im Pokal beim FSV Frankfurt ist ausgeschlossen.

Mit der Verpflichtung von Gomez ist laut Manager Allofs eine mögliche Verpflichtung des italienischen Nationalstürmers Simone Zaza (Juventus Turin) endgültig vom Tisch. Sie wäre mit angeblich mehr als 20 Millionen Euro Ablöse sehr viel teurer gewesen als die Lösung Gomez, für den vor zwei Jahren ebenfalls noch mehr als 20 Millionen Euro Ablöse aufgerufen worden waren. Nun überweist Wolfsburg angeblich nur sieben Millionen Euro an die Fiorentina, die Gomez an Besiktas verliehen hatte. Zaza zusätzlich zu holen würde "sportlich keinen Sinn" ergeben, so Allofs.

Darüber hinaus hat die Verpflichtung von Gomez einen hohen immateriellen Wert. Denn die Verpflichtung des Nationalstürmers ist ein Signal, das der VfL nötig hatte nach den Weggängen von Naldo (Schalke), André Schürrle (Dortmund) und Max Kruse (Bremen) sowie den mehr oder weniger öffentlich formulierten Abwanderungsgedanken von Dante, Ricardo Rodríguez, Luiz Gustavo und Julian Draxler.

Draxler hatte in einem Interview erklärt, Wolfsburg verlassen zu wollen. Gomez will nun dafür sorgen, "dass einer der besten deutschen Spieler bei Laune gehalten wird. Auch deswegen bin ich hier." Dass es in den Gesprächen mit Gomez auch intensiv um die Frage gegangen sei, wer in Wolfsburg bleibe, bestätigte der Stürmer. Laut Allofs gilt das nun definitiv für Luiz Gustavo, und für Draxler erst recht. Dessen Frust sei durch die Gomez-Verpflichtung gedimmt worden, berichtete der VfL-Manager: "Er hat leuchtende Augen bekommen."

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