Süddeutsche Zeitung

Fußball-Bundesliga:Wolfsburg verpasst alle Ziele

Von Frank Hellmann, Bremen

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. So jedenfalls muss sich Klaus Allofs vorgekommen sein, als ihm Schiedsrichter Wolfgang Stark unmissverständlich den Gang auf die Südtribüne des Weserstadions nahe legte. In dem Stadion, das er als langjähriger Macher des SV Werder in der Umbauphase mitgestaltete, hatte der Geschäftsführer des VfL Wolfsburg nach 54 Minuten den Innenraum zu verlassen. Und als der 59-Jährige nach oben schritt, verhöhnte ihn der ein oder andere Bremer Dauerkarteninhaber.

Allofs suchte später erst gar nicht nach Ausflüchten für seinen Verweis: "Ich wollte einen Streit zwischen unserem Trainer und dem vierten Schiedsrichter schlichten. Er hat den Arm in meine Richtung gehoben und ich habe den Arm runter gedrückt. Das macht man nicht." Selbstkritisch arbeitete Allofs seine Verfehlung gegenüber dem Offiziellen Christian Fischer auf: "Ich bin dann gleich gegangen."

Die Begebenheit am Rande stand sinnbildlich für einen gebrauchten Tag, den Wolfsburg bei der 2:3-Niederlage in Bremen erwischt hatte. "Defensiv haben wir nicht kompakt gestanden, offensiv waren wir nicht zwingend. Wir haben uns viele Fehler erlaubt, dann braucht man sich über drei Gegentore nicht wundern", räumte VfL-Trainer Dieter Hecking zerknirscht ein, der von einem "verdienten Sieg für Werder" sprach.

Ohne Mumm, Mut und Körperkontakt

Allofs und Hecking stehen nun nach 30 Spieltagen im Grunde vor einem Scherbenhaufen: In der Bundesliga hat das sündhaft teure Ensemble alle Ziele verfehlt. Sechs Punkte Rückstand auf Rang sieben stellen dieser mit deutschen, brasilianischen, portugiesischen, niederländischen oder Schweizer Auswahlspielern besetzten Mannschaft ein Armutszeugnis aus. Auch wenn alle brav beteuerten, das Champions-League-Aus am Dienstag bei Real Madrid habe keine Rolle für diese Bundesliga-Begegnung gespielt, agierten die Akteure aus der Autostadt mit angezogener Handbremse. Ohne Mut und ohne Mumm.

Allofs fand deutliche Worte für den enttäuschenden Auftritt: "Alle in unserem Kader wollen die Drei- oder Vierfachbelastung. Aber dann gehen wir nicht in die Zweikämpfe, verhalten uns taktisch so unklug." Daraus klang viel Unverständnis. Der VfL-Boss wollte Werders Willensleistung nur bedingt anerkennen. "Wir kämpfen auch um unsere Existenz - nur auf einer anderen Ebene." Die Leistung fand er "ganz dünn". Und: "Wenn wir ohne Körperkontakt spielen, geht das eben nicht. Alles war besprochen. Wir werden ein paar Dinge verändern müssen."

Inwieweit der Kader in dieser Zusammenstellung nun weiterbeschäftigt wird, muss die sportliche Leitungsebene genau abwägen. Vielleicht wird auch Eigner VW da ein Wörtchen mitreden. Vorzeigespieler wie André Schürrle waren jedenfalls bedient. "Das ist eine Katastrophe. Unser Anspruch ist ein anderer. Es darf nicht sein, dass bei unserer Besetzung so eine Saison herauskommt", sagte der Nationalspieler und empfahl allen, für die verbleibenden vier Spiele "an unsere Ehre zu denken." Denn: "Wir dürfen die Saison nicht einfach so austrudeln lassen." Genau diesen Eindruck erweckten allerdings wehrlose Wölfe im Weserstadion.

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SZ vom 17.04.2016/ebc
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