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Fußball-Bundesliga:Warum die Liga einer Packung Müsli gleicht

Bayern an der Spitze, Augsburg ganz unten. Wie beim Früchtemüsli kommen in der Fußball-Bundesliga letztlich die dicken Rosinen nach oben. Einzige Ausnahmen: der schwache Hamburger SV, der offenbar nicht vom Müsli-Effekt betroffen ist. Und Hannover 96, das überraschend auf Platz fünf steht - bei näherem Hinsehen aber gar keine kleine Rosine mehr ist.

Boris Herrmann

Im Stadionheft von Hannover 96 wurde der SV Werder Bremen am Wochenende zum "Nordderby schlechthin" begrüßt. Das klang schon ein bisschen nach Floskel, andererseits war es natürlich auch eine hübsche Gemeinheit in Richtung Hamburg, wo der andere, der eigentlich viel größere, aber momentan eben etwas kleinere HSV wohnt.

Dass die Kleinen groß und die Großen auch mal klein sein können, war die Rahmenhandlung der zurückliegenden Saison. Und wenn man so will, gehören Hannover und Hamburg zu den letzten Nostalgikern, die das Jahr der Zwergenaufstände bis heute nachspielen.

Grundsätzlich scheint sich die Tabelle gerade wieder in der üblichen Normalität einzuruckeln. Ganz oben ist für die Bayern selbst nach einem Patzer in Hoffenheim kein ernsthafter Verfolger in Sicht. Und ganz unten versucht der sieglose Aufsteiger Augsburg irgendwie sein Gesicht zu wahren. Es ist wie bei einer Packung Früchtemüsli, wo die dicksten Rosinen beim Schütteln früher oder später immer nach oben drängen.

Beim HSV in Hamburg deutet noch nicht allzu viel darauf hin, dass er in den kommenden Wochen vom Müsli-Effekt erfasst werden könnte. Dass aber der HSV in Hannover von ihm nach unten gedrängt wird, ist noch unwahrscheinlicher. Das Team von Trainer Slomka mag in der zurückliegenden Saison mit dem vierten Tabellenplatz so manchen verblüfft haben. Und dass es jetzt schon wieder Vierter ist, kommt für viele noch überraschender.

Beim 3:2 gegen Werder Bremen aber hat man gut gesehen, dass es sich hier längst nicht mehr um eine Überraschung handelt. Hannover ist eine überdurchschnittlich gute Bundesligamannschaft, die auch drei Tage nach einer mühsamen Europapokal-Reise in die Ukraine andere überdurchschnittlich gute Bundesligamannschaften in die Knie zwingen kann. Hannover 96 ist schlichtweg keine kleine Rosine mehr.

Manager Jörg Schmadtke stellt zwar mit kokettem Unbehagen fest: "Wir stabilisieren uns gerade auf einem Niveau, wo wir gar nicht hingehören." Andererseits darf man fragen: Wieso eigentlich nicht? Sie mögen vielleicht nicht viel mehr Geld als Nürnberg, Mainz oder Freiburg haben, aber sie haben es im Gegensatz zu anderen Nischenklubs geschafft, einen jungen, erfolgreichen Kader komplett zusammen zu halten und an einer Stelle (mit Christian Pander im linken Mittelfeld) sinnvoll zu verstärken. In der Phase, da die Tabelle ruckelt, ist es auf keinen Fall ein Nachteil, wenn im eigenen Team schon alles festgeschraubt ist.

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SZ vom 04.10.2011/mikö
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