Süddeutsche Zeitung

Fußball-Bundesliga:Rehazentrum mit fünf Sternen

Van Nistelrooy, Robben, Ribéry: Warum sich die Bundesliga über so viele Superstars wie schon lange nicht mehr freuen darf - und warum demnächst weitere folgen.

Christof Kneer

Adam Szalai gilt nicht. Er ist kein Weltstar, kein Superstar, nicht mal ein Kracher. Das sind - in absteigender Reihenfolge - jene drei Gewichtsklassen, die die Bundesliga für Spieler eingeführt hat, auf die sie stolz ist. Adam Szalai kommt zwar von Real Madrid, wo er es auf 52 Spiele und 17 Tore brachte, aber er gilt derzeit allenfalls als Kracherchen. Seine 17 Tore erzielte er fürs Reals zweite Mannschaft, in Spaniens dritthöchster Spielklasse. Und stolz ist derzeit nicht die Bundesliga auf ihn, sondern der FSV Mainz 05. Für den hat Szalai am Wochenende ein wunderschönes Tor vorbereitet, aber das hat leider niemand bemerkt.

Am Wochenende war die Liga damit ausgelastet, stolz auf Ruud van Nistelrooy zu sein. Der ist laut Branchen-Terminologie mindestens ein Weltstar - wobei er von einer Welt stammt, die die Verteidiger des VfB Stuttgart noch nie betreten haben. Wer van Nistelrooy zusah, konnte meinen, hier habe sich ein Erwachsener in eine Kinderliga verirrt.

Van Nistelrooy gebührt das Verdienst, dass er eine gute, alte Debatte wiederbelebt hat. Seit Kevin Keegan 1980 die Liga verließ, stand diese Frage wie ein Vorwurf im Raum: Wann holt die Bundesliga endlich einen Superstar?! Das Lustige an der Debatte war immer, dass nie einer befriedigend erklären konnte, was ein Superstar überhaupt ist. Gilt einer wie Jean-Pierre Papin, der laut Franz Beckenbauer Scha-pa-pa-pa hieß und "praktisch a Weltstar" war? Muss man teuer sein wie Amoroso, Kapitän der brasilianischen Nationalelf wie Lúcio, Weltmeister wie Luca Toni? Oder reicht es, ein Model zur Spielerfrau zu haben (van der Vaart)?

Jenseits dieser platten Debatten scheint die Liga inzwischen ihre Haltung zum Thema "Star" gefunden zu haben. Van Nistelrooy, Robben und Ribéry waren ja aus unterschiedlichen Gründen vom Weg abgekommen, zu oft verletzt waren die beiden Niederländer, zu unstet verlief die Karriere des Franzosen.

Da bot sich ihnen die Bundesliga an, mit stabilen Gehältern, gefüllten Arenen, spannenden Saisonverläufen und garantierten Stammplätzen. Dies ist der faire Deal, den die Liga und die Stars verabredet haben: Die Liga bietet den Stars eine Bühne, die Stars bieten der Bühne sich selbst.

Auf diese Weise ist die Bundesliga für die internationale Elite zum Rehazentrum mit fünf Sternen geworden - eine Referenz, die weitere wärmebedürftige Spitzenkräfte anlocken könnte. Schon im Sommer dürfte der nächste Real-Profi in die Liga wechseln. Es ist ein Spieler, der in WM- und EM-Finals stand und mit Rehazentren aller Art bestens vertraut ist. Willkommen Christoph Metzelder!

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Quelle:
SZ vom 15.02.2010
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