Fußball-Bundesliga:Nur das Pokalfinale kann die Bayern trösten

Fußball-Bundesliga: Musste früh ausgewechselt werden: David Alaba vom FC Bayern.

Musste früh ausgewechselt werden: David Alaba vom FC Bayern.

(Foto: AFP)
  • Die Bayern spielen nur 2:2 gegen Mainz und konzentrieren sich nun auf das Pokalspiel gegen den BVB.
  • Arjen Robben sagt: "Wir wissen alle, wie schön dieses Spiel in Berlin ist. Da müssen wir hin."
  • Derweil meldet sich David Alaba verletzt ab.

Von Klaus Hoeltzenbein

In der Theorie war die Angelegenheit vorhersehbar. Jedenfalls hatte Mats Hummels auch für die Aufgabe, die Mainz 05 darstellt, das Richtige in seinem Zettelkasten. Stichwort: Leichte Gegner! Die Rezeptur stammt noch aus seiner Zeit in Dortmund: "Jürgen Klopp hat früher immer gesagt: Es gibt keine einfachen Spiele, wenn man sie sich vorher einfach vorstellt. Denn wenn man vorher denkt, es wird ein Spaziergang, wird es meist keiner."

Bestätigung fand dieser Sinnspruch des Fußballs am Samstag schon in der Beobachtung von Carlo Ancelotti. Sonst ein in sich selbst ruhender Flaneur am Spielfeldrand, nahm der Trainer des FC Bayern fast schon Klopp'sche Züge an - nur malmte sein Kiefer nicht gar so sehr, und die Halsschlagader blieb in ihrer Verankerung. Doch auch einen Stoiker wie Ancelotti reißt es halt mal aus der Haut, wenn am Horizont plötzlich eine neue Gefahr aufscheint.

Nämlich jene, dass es auf dem Weg zur fünften Meisterschaft in Serie, die bereits fest verbucht ist, doch noch einmal hätte spannend werden können. Jetzt müssen die Münchner zwar noch zum VfL Wolfsburg, dem der Abstieg droht, und zu RB Leipzig, das weiterhin als Verfolger gilt, doch hat das 2:2 (1:2) gegen Mainz die Gemüter halbwegs beruhigen können.

Mit dem Abpfiff wurde der Fokus dann sogleich umgelegt auf Mittwoch, aufs Pokal-Halbfinale gegen Dortmund. Und auch für Thomas Tuchel, Klopps Nachfolger beim BVB, findet sich im Zettelkasten des Fußballs eine Rezeptur. Stichwort: Schwere Gegner! Wichtig sei es, "von Anfang an wieder voll da zu sein", so Hummels, das letzte Heimspiel gegen Dortmund "war ja auch ein gutes, da wollen wir anknüpfen". Zur Erinnerung: Blitzartig, nach nur zehn Minuten, lagen die Bayern 2:0 vorne, Tore: Ribéry und Lewandowski, Endstand 4:1.

Heute wirkt es so, als sei dies Dekaden her. Denn binnen 14 Tagen nur, in nicht mehr als einer Osterferien-Länge, verloren die Münchner ja nicht nur ihre Blitzstart-Automatik. Der große Champions-League-Traum ist in Madrid geplatzt, unter viel Gezeter und Schmerz, auch deshalb muss momentan bei jedem Frühappell des FC Bayern neu durchgezählt werden. Denn die Nachrichtenflut aus dem Krankenstand, die Ende März einsetzte, als es hieß, Torwart Manuel Neuer unterziehe sich einer Fußoperation, reißt nicht ab.

Am Sonntag erhielt Hummels immerhin davon Kenntnis, dass er gegen Dortmund wieder einen gelernten Innenverteidiger zur Seite haben dürfte; Jérôme Boateng und Javi Martinez kehrten ins Training zurück. Dafür droht nun der Ausfall von David Alaba, der gegen Mainz mit der Diagnose "Kapselzerrung im Knie" nach 17 Minuten ausfiel.

Die Trauerarbeit dauert an

Und wenn einer mitspielt, heißt das derzeit noch lange nicht, dass er fit ist. Hummels selbst, der im Hinspiel gegen Madrid passen musste, hatte sich am Samstag "auch nicht so wunderbar gefühlt", aber da Ancelotti höflich angefragt habe, "ob ich mich zur Verfügung stelle, habe ich es halt gemacht". Aus seiner Defensivposition heraus sah Hummels zunächst Erstaunliches: Wie die Mainzer mit einer mutigen Überfalltaktik die Münchner Depression zu nutzen versuchten, was schon nach drei Minuten belohnt wurde - durch den ersten Bundesliga-Treffer von Bojan Krkic, einen einstigen Wunderknaben des Weltfußballs. Nach einem Fehlpass von Arturo Vidal beförderte Krkic den Ball ins Netz in einem wilden Gewusel gegen Thiago, mit dem er in Kindertagen beim FC Barcelona kickte.

Gerade Vidal und Thiago schienen mit ihren Gedanken noch im fernen Madrid zu sein. Dort hatte es Mittwochnacht zunächst geheißen, sie hätten in ihrem Zorn die Schiedsrichterkabine von Viktor Kassai gestürmt. Die Polizei dementierte, beide seien nicht in, aber doch vor der Kabine gewesen. Nun wird die Debatte über den Ungarn Kassai und ausgebliebene Abseitspfiffe bei zwei Cristiano-Ronaldo-Toren zwar in München geführt werden bis in alle Ewigkeit, aber für den Augenblick stellt Mats Hummels klar: "Wir haben ja auch gesagt, jedenfalls ein Teil von uns, dass Real verdient weitergekommen ist. Wir wissen aber auch, dass wir mit unserer Top-Leistung, vor allem im Hinspiel, eine sehr große Chance gehabt hätten."

Lewandowski wich manchem Zweikampf aus

Das alles zählt jetzt zur Trauerarbeit, und dass die nicht noch schwerer fällt, hatten sie gegen Mainz Arjen Robben zu danken. Während Offensiv-Kollege Robert Lewandowski zur Schonung seiner angegriffenen Schulter manchem Zweikampf auswich und Thomas Müller die Aufgabe beflissen anging, erstmals Kapitän zu sein, raste der Niederländer mit einer Energie durch die Arena, als spiele er sein eigenes Saisonfinale. Das 1:1 (16.) erzielte Robben selbst, später konnte er Thiago zum Fernschuss zum 2:2 (73.) inspirieren, aber einverstanden war er mit den Kollegen nicht: "Heute kannst du die Bundesliga entscheiden. Da muss ein bisschen mehr kommen." Zum Abschied hinterließ Robben noch eine Inspiration aus seinem Zettelkasten, für Mittwoch, wenn Borussia Dortmund wiederkommt: "Wir wissen alle, wie schön dieses Spiel in Berlin ist. Da müssen wir hin!" Nur eine Reise in die Hauptstadt, zum Cupfinale am 27. Mai, wird diese Bayern trösten.

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