Fußball-Bundesliga:Nils Petersen verschärft die HSV-Krise

Hamburger SV - SV Werder Bremen

Zwei Tore in Hamburg: Bremens Nils Petersen.

(Foto: dpa)

Wichtiger Erfolg für Werder Bremen im Nordderby: Nils Petersen sorgt mit zwei Toren dafür, dass der Hamburger SV am Tabellenende bleibt. Wolfsburg besiegt Hoffenheim, Hannover trifft kurz vor Schluss gegen Augsburg. Bayer Leverkusen demütigt Mainz 05.

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Interimstrainer Rodolfo Cardoso hat mit dem taumelnden Hamburger SV noch keine Wende geschafft. Im 99. Nordderby der Fußball-Bundesliga unterlagen die Hamburger am Samstag im heimischen Stadion Werder Bremen mit 0:2 (0:1) und verlieren in der Tabelle weiter an Boden. Cardoso war erst vier Tage zuvor als Nachfolger des beurlaubten Thorsten Fink in die vorübergehende Verantwortung gehoben worden.

Werder Bremen dagegen stoppte nach drei Niederlagen in Serie seinen Abwärtstrend. Vor 53 290 Zuschauern erzielte Nils Petersen (32.,90+4. Minute) die Tore. "In der ersten Halbzeit haben wir spielerisch überzeugt, die Jungs hatten eine gewisse Gier. In der zweiten Halbzeit hatten wir die nötige Mentalität, die man in einem Derby auf dem Platz braucht. Ich freue mich total für die Jungs", sagte Werder-Coach Robin Dutt.

HSV-Interimstrainer Cardoso urteilte: "Wir sind sehr enttäuscht, dass wir das Derby verloren haben. Jetzt müssen wir für das sehr wichtige Spiel am Dienstag den Kopf freikriegen."

Nach der blamablen 2:6-Klatsche eine Woche zuvor bei Borussia Dortmund und dem darauffolgenden Trainerrauswurf hatte Cardoso von seinem Team bedingungslosen Einsatz verlangt. Der Einsatz stimmte, die spielerische Linie keineswegs. Zunächst überboten sich beide Teams mit technischen Fehlern und Fehlpässen. Die Bremer waren aber gefährlicher. Erst wehrte HSV-Torhüter René Adler einen Kopfball von Assani Lukimya (18.) auf der Linie ab, dann war es Zhi Gin Lam (23.), der bei einem Petersen-Schuss ebenfalls auf der Linie klärte.

Cardoso hatte seine Mannschaft mit einigen ungewöhnlichen Rochaden umgebaut. Für Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier (Fußbruch) rückte Innenverteidiger Heiko Westermann nach außen. Dessen Position nahm der 17-jährige Jonathan Tah bei seiner Startelf-Premiere ein. Linksverteidiger Zhi Gin Lam wurde ins rechte Mittelfeld verschoben; für ihn kehrte Marcell Jansen zurück. Der 44 Jahre alte argentinische Trainer wollte mehr Stabilität in die Mannschaft bringen. Schließlich war der HSV mit 15 Gegentoren zur Schießbude der Liga verkommen. Doch das Vorhaben ging nicht auf.

Beim Gegentor sahen sowohl Jansen als auch Tah nicht gut aus: Werder-Außenverteidiger Clemens Fritz überlief Jansen und flankte vors HSV-Tor, wo Petersen unbedrängt einschob. Danach aber wurde das Spiel der Gastgeber zwingender. Nach dem Seitenwechsel hatten Maximilian Beister (49., 58.) und Rincon (57.) den Ausgleich auf dem Fuß, scheiterten aber. Die Hamburger blieben verkrampft.

Cardoso brachte mit Artjoms Rudnevs und Pierre-Michel Lasogga zwei weitere Stürmer, aber es nützte nichts. Beim 0:2 in der Nachspielzeit hatte Petersen keine Mühe, weil HSV-Torhüter beim letzten Angriff der Hamburger vors gegnerische Tor gelaufen war.

Für die Bremer, die ohne den rotgesperrten Franco di Santo auskommen mussten und erstmals Martin Kobylanski sowie Santiago Garcia aufboten, war der Erfolg doppelt wichtig: Zum einen, weil die stets brisante Partie laut Sportchef Thomas Eichin "zu den Klassikern in Europa" gehört, zum anderen, weil die neben den Braunschweigern offensivschwächste Mannschaft der Bundesliga die Kurve gekriegt und ihre Misserfolgsserie beendet hat.

Die Hamburger wollen in den nächsten Tagen ihren neuen Trainer präsentieren. Derzeit soll der einstige niederländische Bondscoach Bert van Marwijk heißester Kandidat sein.

Kießling trifft erneut

Bayer Leverkusen hat die bisher negative Bilanz gegen den FSV Mainz 05 ausgeglichen. Mit 4:1 (3:0) deklassierte die in allen Belangen überlegene Werkself am Samstag den bisherigen Angstgegner und bleibt mit 15 Punkten in der Spitzengruppe der Fußball-Bundesliga. Robbie Kruse (19., 45.+1 Minute), Lars Bender (38.) und Stefan Kießling (58.) zeigten den schwach spielenden Rheinhessen vor 28 617 Zuschauern die Grenzen auf. Der eingewechselte Yunus Malli erzielte den Ehrentreffer (82.).

Nach der dritten Niederlage geht der Blick beim bisherigen Tabellenfünften nach unten. Das Selbstvertrauen vor dem Heimspiel am Dienstag im DFB-Pokal gegen den 1. FC Köln ist auf dem Tiefpunkt. "Dieser unbändige Wille, ein Tor zu erzwingen, hat gefehlt. Am Ende der ersten Hälfte haben wir uns ein wenig in unser Schicksal ergeben", sagte Trainer Thomas Tuchel.

Bayer Leverkusen - VfL Wolfsburg

Gruß an den Bundestrainer: Stefan Kießling.

(Foto: dpa)

Leverkusens Trainer Sami Hyypiä ließ rotieren. Gegenüber dem 2:4 in der Champions League bei Manchester United rückten in Philipp Wollscheid, Roberto Hilbert, Bender und Kruse gleich vier neue Spieler in die Startelf. Auf Mainzer Seite musste Julian Baumgartlinger wegen einer Knieverletzung passen, Shinji Okazaki fand sich auf der Bank wieder. Dafür erhielten Johannes Geis und Dani Schahin eine Chance.

Besser spielen als in der Champions League hatte Hyypiä verlangt. Seine Profis hielten sich daran. Die Mainzer boten aber auch nur geringe Qualität. Bayer störte die 05-Kreise früh, Spielfluss kam bei den Rheinhessen nie auf. Zudem verloren die Mainzer zu viele Zweikämpfe. Ein leichtfertiger Ballverlust in der Bayer-Hälfte leitete das 0:1 ein. Sidney Sam nahm im Mittelfeld Fahrt auf, passte in den Lauf von Robbie Kruse, und der Australier ließ Heinz Müller keine Abwehrchance.

Danach wurde es noch leichter für Bayer. Lars Bender hatte Glück beim 0:2. Nikolce Noveski fälschte seinen Schuss unhaltbar ab. Praktisch mit dem Halbzeitpfiff legte Kruse nach schöner Kombination über Sam und Simon Rolfes noch das 0:3 nach. Große Gegenwehr leistete die Mainzer Defensive nicht.

Mainz begann nach dem Wechsel mutiger, blieb aber harmlos vor dem Bayer-Tor. Chancen ergaben sich eher zufällig und wurden meist kläglich vergeben. Nach dem 0:4 durch einen Kopfball von Kießling ließen es die Leverkusener ruhiger angehen. Sie standen tiefer und ließen die Mainzer gewähren. "Die Mannschaft hat das sehr gut gemacht", urteilte Hyypiä. Der Mainzer Ehrentreffer gelang Yunus Malli viel zu spät.

Wolfsburg dreht die Partie

Der VfL Wolfsburg kann sich in der neuen Saison auf seine Heimstärke verlassen. Der Werksclub gewann am Samstag gegen 1899 Hoffenheim trotz eines frühen Rückstandes 2:1 (1:1) und holte damit die Punkte sieben bis neun im eigenen Stadion. Die zweitschwächste Heimmannschaft des Vorjahres zog mit dem Sieg in der Tabelle der Fußball-Bundesliga an den Hoffenheimern vorbei.

Die VfL-Tore erzielte vor 24 837 Zuschauern Ivica Olic (44., 48.) mit seinen Saisontreffern Nummer drei und vier. "Aufgrund der zweiten Halbzeit haben wir aber absolut verdient gewonnen", erklärte Trainer Dieter Hecking. Für Hoffenheim traf lediglich Anthony Modeste (15.) mit seinen fünften Treffer im sechsten Spiel. "Die Enttäuschung ist sehr groß", sagte TSG-Coach Markus Gisdol.

VfL Wolfsburg v 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Ricardo Rodriguez (re.): Zweikampf mit Kevin Volland

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Nach einem Sieg des VfL sah es in der ersten Halbzeit nicht aus. Obwohl sie deutlich häufiger in Ballbesitz waren, hatten die Wolfsburger ihre Mühe im Spielaufbau. Torchancen blieben bis zum ersten Treffer von Olic kurz vor dem Pausenpfiff Mangelware. Erst nach dem zweiten Tor des Routiniers agierten die Wolfsburger cleverer.

Die Hoffenheimer waren zunächst gleichwertig, hatten ihre Schwächen allerdings in der Defensive, und das nutzte der VfL. Besonders der junge Robin Szarka, der in seinem zweiten Bundesligaspiel erstmals von Beginn an auflaufen durfte, hatte als Linksverteidiger einige Mühe und wurde zur Pause ausgewechselt. Zu spät: Weil er nicht konsequent gegen Christian Träsch nachsetzte, fiel der Ausgleich durch den Abstauber von Olic.

Auch beim zweiten Treffer halfen die Hoffenheimer kräftig mit. Ein Fehler von Fabian Johnson, der nach hinten links gerückt war, und ein Patzer von Jannik Vestergaard verhalfen dem VfL zur schnellen Führung nach der Pause: Olic reagierte blitzschnell und lupfte den Ball über Koen Casteels. Danach wurden die Gastgeber sicherer.

Zuvor wirkte der VfL, für den die Partie mit einem frühen Rückschlag begonnen hatte, in einigen Situationen fahrig. So nutzte Modeste einen katastrophalen Fehler von Ja-Cheol Koo eiskalt aus: Der kleine Koreaner legte dem Franzosen den Ball mit einem missglückten Kopfball vor, der schnelle 1899-Angreifer blieb ruhig, überlief VfL-Torwart Diego Benaglio und verwandelte überlegt zu seinem fünften Treffer.

Die Wolfsburger erholten sich von diesem Schreck nur mühsam und hatten vor allem mit Modeste ihre liebe Mühe. Der 25 Jahre alte Neuzugang vom SC Bastia bereitete der VfL-Abwehr in der ersten Halbzeit große Probleme. So rettete Naldo in der 29. Minute in höchster Not, nachdem Kevin Volland seinen Kollegen das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit sehr schön steil geschickt hatte.

Ohne den wieder fehlenden Luiz Gustavo (Gelb-Rot-Sperre) und mit Ersatzmann Jan Polak im defensiven Mittelfeld war der VfL lange Zeit nicht stabil genug und im Spiel nach vorne zu leicht auszurechnen. Diego versuchte es wie fast immer auf eigene Faust, zeigte dabei ein paar schöne Einlagen, blieb aber weitestgehend ohne Wirkung. Das schnelle Abspiel blieb - wie bei Vierinha - bei dem kleinen Brasilianer die Ausnahme.

Zwei Handelfmeter in Hannover

Hannover 96 bleibt im eigenen Stadion eine Macht. Das Team von Trainer Mirko Slomka bezwang den FC Augsburg etwas glücklich mit 2:1 (0:0) und feierte den vierten Sieg im vierten Heimspiel. Der Erfolg in einer sehr hektischen Partie festigte den Platz in der Spitzengruppe und beendete zugleich den Augsburger Höhenflug in der Fußball-Bundesliga. Erstmals nach drei Siegen in Serie verließen die Schwaben am Samstag als Verlierer den Platz. Paul Verhaegh erzielte in der 51. Minute mit einem fragwürdigen Handelfmeter die Augsburger Führung.

Hannover 96 - FC Augsburg 2:1

Hannovers Szabolcs Huszti (l.): Treffer zum 2:1

(Foto: dpa)

Zuvor hatte FCA-Stürmer Sascha Mölders seinen Gegenspieler Salif Sane angeschossen. Schiedsrichter Christian Dingert, schon zuvor der Buhmann der 39 200 Zuschauer, entschied nach einem Zeichen seines Assistenten auf Handspiel. 96-Stürmer Artur Sobiech (60.) und Rückkehrer Szabolcs Huszti ebenfalls per Handelfmeter (89.) drehten aber das Spiel. Huszti profitierte von einem Handspiel des Augsburgers Matthias Ostrzolek im Strafraum.

"Da war ganz schön Theater auf dem Platz, aber das gehört dazu. Ich bin froh, dass wir die hektische Partie noch drehen konnten", freute sich Slomka. Augsburgs Coach Michael Weinzierl klagte: "Die Niederlage tut uns unheimlich weh. Wir hatten uns viel vorgenommen und einiges investiert. Wir wollten unbedingt einen Punkt mitnehmen, das haben wir nicht geschafft."

Die favorisierten Niedersachsen konnten wieder auf ihren besten Vorlagengeber Huszti zurückgreifen. Die Sperre des Ungarn war abgelaufen, er gab auch prompt die Flanke zum Ausgleich und erzielte das Siegtor. Dennoch lief es bei Hannover 96 auch mit ihm lange Zeit nicht richtig rund. Die Augsburger störten früh und erschwerten mit konsequentem Pressing einen konstruktiven Spielaufbau. Die Folge war ein ziemlich zerfahrenes Match mit vielen Fouls im Mittelfeld.

Für den ersten Aufreger sorgte deshalb ein Zuschauer, der nach acht Minuten auf das Spielfeld lief und von den Ordnern eingefangen werden musste. Es war bereits der zweite Flitzer-Vorfall in dieser Saison in Hannover, weshalb die Aktion für den Verein und den Verursacher ziemlich teuer werden dürfte.

Im 96-Angriff ging die meiste Gefahr von Didier Ya Konan aus. Der Ivorer prüfte mehrmals FCA-Torwart Manninger, der sich aber nicht überwinden ließ. Auch bei einem hart getretenen Freistoß von Leon Andreasen (41. Minute) war der Augsburger Keeper auf dem Posten. Auf der Gegenseite konnten die Schwaben in den ersten 45 Minuten mit ihren Offensiv-Aktionen das Tor von Nationalspieler Ron-Robert Zieler nicht ernsthaft in Bedrängnis bringen.

Torjäger Sascha Mölders, in dieser Spielzeit noch ohne Treffer, deutete mit zwei Direktabnahmen aus der Drehung und der Vorarbeit beim Elfmeter seine Gefährlichkeit zumindest an. Auch im zweiten Durchgang wurde das Niveau nicht besser. Der umstrittene Elfmeterpfiff erhöhte die Hektik. Der Unparteiische Dingert, der siebenmal die Gelbe Karte zückte, brachte das Spiel mit viel Mühe über die Runden.

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