Fußball-Bundesliga:Müll trennen mit Labbadia

Bruno Labbadia ist der Senkrechtstarter dieser Fußballsaison, der Seismograf der Liga. Der Trainer des VfB Stuttgart hat nach einer Mini-Krise schon eine trapattonieske Wutrede gehalten und freut sich nun über einen Mini-Lauf. Damit steht er sinnbildlich für den Großteil der Bundesliga.

Klaus Hoeltzenbein

Soeben beginnt wieder diese Herbstphase, in der Bilanz gezogen wird, in der die Männer, die Macher und die Memmen des Jahres 2012 gekürt werden. Bis Silvester sind sie längst wieder vergessen. Deshalb ist es auch ungefährlich, sich auf den "Mann der Startphase der Bundesliga-Saison 2012/13" festzulegen. Und nein, das ist nicht Felix Magath, der in Wolfsburg im Zuge einer allenfalls von Spezialkräften der Psychologie zu erhellenden Sehnsucht nach Scheitern seinen Ruf ruinierte.

Es ist auch nicht Matthias Sammer, der frische Visionär des FC Bayern, der schon vor Wochen alle Symptome ("Nicht gallig! Zu lätschern!") vorher sah, die sich am Sonntag beim 1:2 gegen Leverkusen dann wirklich einstellten. Und es sind auch nicht der Münchner Mandzukic oder der Mainzer Szalai, die die Torjägerliste anführen. Senkrechtstarter ist: Bruno Labbadia. Der Trainer des VfB Stuttgart ist der Seismograf der Saison.

Gerade drei Wochen, gerade zwei Spieltage ist es her, da ließ dieser Labbadia eine bittersüße Suada von trapattoniesker Klarheit ab. Giovanni Trapattoni anno 1998 in München: "Ein Trainer ist nicht ein Idiot. Ein Trainer seh, was passieren in Platz!" Labbadia anno 2012 in Stuttgart: "Die Trainer in der Bundesliga sind nicht die Mülleimer von allen Menschen!" Nur einen Spieltag später, nach einem 1:0 beim Hamburger SV, war Reste-Fachmann Labbadia wieder voll der guten Laune: "Vor einer Woche waren wir abgestiegen, jetzt sind es nur noch drei Punkte bis zur Champions League."

Um im Bild zu bleiben: Die Deutschen gelten als die Weltmeister der Mülltrennung, insofern befindet sich die Bundesliga gerade in einer wilden Sortierungs- und Sondierungsphase. Stellvertretend dafür stehen Stuttgart, Bremen, Hannover, Gladbach, Leverkusen, aber auch Mainz oder Wolfsburg, die noch nicht so recht einzutüten sind. Zu beobachten ist vielerorts ein Reizklima - Mini-Krisen, die Wutreden auslösen, folgen Mini-Läufe, die alsbald wieder von Mini-Krisen abgelöst werden. Der Mittelbau der Bundesliga, er sucht noch nach Kontur.

Selbst die Bayern gelten trotz der Rekordserie von acht Startsiegen urplötzlich wieder als waidwund. Bei Schalke ist die Frage, ob die Substanz reicht für ein ernsthaftes Verfolgungsrennen. Und bei den Real-Madrid-Bezwingern in Dortmund, ob sie in der Liga wieder nachziehen können. Unterhalb dieses Trios aber weiß kaum jemand, wo er hingehört. Am wenigsten die durchgerüttelten VfBler, deren Trainer am Sonntag nach dem 2:1-Sieg gegen Frankfurt ausrief: "Fußball ist geil, wenn man gewinnt." Für alle Stimmungslagen, die da noch kommen werden, hat Bruno Labbadia die passenden Reden bereits hinter sich.

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