2. Fußball-Bundesliga:Möhlmann bei 1860 vor dem Abschied

TSV 1860 München - 1. FC Nürnberg

"Es gibt immer Leute", die gegen den Trainer seien, sagt Benno Möhlmann.

(Foto: dpa)

Der TSV 1860 München und Benno Möhlmann werden sich wohl trennen. Teile der Mannschaft wollen offenbar nicht mehr so mit dem Trainer zusammenarbeiten wie bislang.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

In der vergangenen Saison ist der Fußballtrainer Benno Möhlmann in der zweiten Bundesliga schon einmal entlassen worden. Beim FSV Frankfurt war das, nach dem vorletzten Spieltag, angesichts von akuter Abstiegsgefahr. Für eine einzige Partie kam Tomas Oral, der die Spieler durch eine Autowaschstraße laufen ließ, um ihr schlechtes Karma abzuwaschen. Frankfurt blieb drin.

"Die Waschstraße fand ich gar nicht mal verkehrt", sagte Möhlmann am Montagmorgen. Dann lachte er am Telefon, er weilte noch in Bremen, erst am Montagabend kehrte er nach München zurück. Seinen Humor hatte der erfahrene Übungsleiter noch nicht verloren, trotz aller Umstände: An diesem Montag wurde an der Grünwalder Straße 114 ausgiebig über seinen Verbleib oder seine Entlassung diskutiert, die Geschäftsführer Markus Rejek und Noor Basha unterhielten sich mit Sportdirektor Oliver Kreuzer, auch die Gesellschafter, der Verein und die Investorenseite mit Hasan Ismaik, waren beteiligt. Eine Entscheidung, so war der Plan, könnte an diesem Dienstag bekanntgegeben werden. Die Tendenz ging nach SZ-Informationen klar dazu, sich zu trennen.

Die Arbeit verlief ein halbes Jahr recht harmonisch

Denn offensichtlich stimmt bei Sechzig mal wieder etwas mit dem Karma nicht: In der Interpretation der 1:2-Niederlage am Freitag in Duisburg gingen die Meinungen zwischen Möhlmann und Kreuzer schon am Samstagmorgen gewaltig auseinander. Während Möhlmann klagte, es fehle ihm "immer noch, dass nach dem Spiel alle kaputt und alle fertig sind", wollte Kreuzer mangelnden Einsatzwillen der Profis nicht beklagen: Er könne "jetzt nicht sagen: ,Du bist einen Kilometer zu wenig gelaufen, und du hast nicht richtig gekämpft.' Das ist Wischiwaschi", meinte er und beklagte stattdessen lieber das vermeintliche Duisburger Phantomtor zum Ausgleich, gegen das 1860 am Sonntagabend auf Intervention Ismaiks trotz aller Aussichtslosigkeit doch noch Protest einlegte.

Schon bei der Präsentation Kreuzers im November hatte sich gezeigt, dass der TSV 1860 da nicht unbedingt ein Traumpaar zusammengestellt hatte. Er halte nichts davon, Kreuzer "jetzt schon hochzujubeln", teilte Möhlmann mit: Da er ihn bisher noch nicht aus einem gemeinsamen Arbeitsverhältnis kenne, "kann ich doch rein logisch noch gar nicht sagen: Das ist der beste Mann, den wir kriegen können." Offenkundig hatte Möhlmann, der nach SZ-Informationen vor seiner Anstellung als Trainer bei 1860 lange Zeit auch als Sportdirektor im Gespräch war, gehofft, es werde ihm ein Bekannter zur Seite gestellt.

Die Arbeit verlief dennoch ein halbes Jahr recht harmonisch, nun gehen aber offenbar die Meinungen auseinander, wie man mit der rätselhaften Mannschaft umgeht, deren Kern trainerübergreifend keine konstante Leistung gebracht hat. Natürlich hat sich Möhlmann auch angreifbar gemacht mit verschiedenen Entscheidungen - etwa, dem ehemaligen Leit- und Freistoßlöwen Daniel Adlung die Leit- und Freistoßkompetenz zu nehmen, um diese an Michael Liendl und Levent Aycicek zu verteilen. Oder aufs 4-4-2 mit zwei kopfballstarken Stürmern umzustellen und dann wieder davon abzuweichen angesichts der mäßigen Leistungen von Rubin Okotie.

Teile der Mannschaft wollen offenbar nicht mehr so mit Möhlmann zusammenarbeiten wie bislang. Das ist ein gravierender Unterschied zur vergangenen Saison, als der damalige Trainer Torsten Fröhling auf einige Spieler wie den Spanier Ilie Sanchez nicht mehr zurückgriff und er um sich lieber einen verschworenen, treuen Haufen scharte mit jungen Spielern aus seiner Zeit bei der Regionalliga-U 21.

Verhängnisvolles Radio-Interview

"Es gibt immer Leute", die gegen den Trainer seien, sagte Möhlmann. Ob der Verein ihm - wie damals Fröhling - die Möglichkeit gibt, weiterzuarbeiten und jene Leute nicht mehr einzusetzen, ist diesmal aber fraglich. Offenkundig hat er es mannschaftsintern mit einer Opposition aus unzufriedenen Spielern zu tun. Der zuletzt wenig berücksichtigte Okotie ist entgegen einer naheliegenden Vermutung keine treibende Kraft. Möhlmanns Aussage vom Samstag, wonach nun alle Spieler des Kaders gebraucht würden, "auch die, die bisher wenig oder gar nicht gespielt haben", deutete an, dass er sich auf seine Stammspieler nicht mehr verlassen kann. Schon vor dem ärgerlichen Freitagabend beim MSV Duisburg hatte er erklärt, dass er "im Moment kein klares Bild von dieser Mannschaft" bekomme.

Es scheint ohnehin nicht, als ob sich Möhlmann mit aller Gewalt an seinen Trainerstuhl klammern würde. "Wenn man grundsätzlich über eine Trainerentlassung nachdenkt, ist es sinnvoll, das jetzt zu tun, denn jetzt gibt es noch richtige Verantwortung", sagte er jedenfalls ganz sachlich - im Gegensatz zur Trennung vom FSV Frankfurt, die er nach dem 33. Spieltag erlebte und die "Hopp oder Top" bedeutet habe. "Wenn der Verein jetzt glaubt, vier Wochen vor dem Ende mit einem neuen Trainer Schwung reinzubringen, dann muss ich das akzeptieren und das kann ich auch", erklärte Möhlmann. "Oder der Verein sagt, wir ziehen das jetzt hundertprozentig durch mit dem Trainer und stärken ihm den Rücken." Wichtig ist ihm in jedem Fall: "Egal ob es ein Statement für oder gegen mich gibt - danach ist die Mannschaft gefordert."

"Ich glaube nach wie vor, dass die Liga gehalten wird", sagt Möhlmann

Die Tendenz geht zu einem Statement gegen ihn. Dass er nach dem Spiel in Duisburg dem Radiosender Bayern 1 erklärte, im Falle eines Abstiegs in die dritte Liga nicht bei Sechzig weiterarbeiten zu wollen, wurde ihm auch negativ ausgelegt. "Ich habe doch nur wiederholt, was ich vor vier bis sechs Wochen schon gesagt habe: dass ich dann auch mit abgestiegen wäre", wunderte sich Möhlmann.

Damals wurde da noch nicht viel hineininterpretiert, weil alle bei Sechzig mit dem Klassenverbleib rechneten. Nach einer Serie mit drei Siegen Anfang März galt Möhlmann als Spitzentrainer, mit dem am besten sofort verlängert werden sollte; nun, fünf Spiele und ein Pünktchen später, sieht die Löwenwelt ganz anders aus. 136 Erstligaspiele und 520 Zweitligaspiele als Trainer stehen in seiner Vita, dabei ist Möhlmann noch nie abgestiegen, aber das ist angesichts der aktuellen Situation nur noch Statistikkram.

"Ich glaube nach wie vor, dass die Liga gehalten wird", sagte Möhlmann, "und wenn man mir es noch zutraut, bin ich bereit." Ob er dann im Falle des Klassenerhalts bleiben würde, ist allerdings eine andere Frage. Möglicherweise wäre er so oder so ganz erleichtert, Giesing zu verlassen - so war es jedenfalls bei seinem Kumpel Friedhelm Funkel, der einst sagte, er werde "für kein Geld der Welt" Trainer bei Sechzig bleiben. Von dieser Einschätzung hatte Möhlmann nach eigenen Angaben noch nicht erfahren, als er dort unterschrieb. "Ach", sagte er einmal, "das wusste ich ja gar nicht." Nun weiß er es, und wahrscheinlich kann er es mittlerweile sehr gut nachvollziehen.

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