Süddeutsche Zeitung

Überraschung in Mainz:Fehlstart für Marsch

Dank einer leidenschaftlichen Defensivleistung besiegt der FSV Mainz 05 mit einem Rumpfteam und dem Gefühl der Unverwundbarkeit den Titelkandidaten RB Leipzig mit 1:0.

Von Javier Cáceres, Berlin

Auch die Informationsgewinnung ist Teil des Fußballs, die Vereine unterhalten Heere an Scouts. Und selbstredend gehört auch die Spionageabwehr zu diesem Spiel dazu. Vor der Partie des FSV Mainz 05 gegen RB Leipzig vom Sonntag kam es zu einer besonderen Form der Counterintelligence, wie es im englischsprachigen Raum heißt: Mainz hatte eine Reihe von coronabedingten Ausfällen zu verkraften; der Österreicher Karim Onisowo hatte sich infiziert, das Virus wanderte durch die FSV-Kabine. Die Mainzer untergruben die Leipziger Vorbereitung, indem sie die Liste der kranken und gesunden Spieler als "VS" behandelten, als streng geheime Verschlusssache. Erst kurz vor Spielbeginn wusste man, wer auflaufen durfte und welche Profis in Quarantäne mussten. Das Rumpfteam sorgte für die Überraschung: Mainz siegte gegen Leipzig mit 1:0.

Die Mainzer, die in der vergangenen Saison in heftige Abstiegsangst gerieten und den Absturz in Liga zwei durch die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte verhinderten, erwischten einen prächtigen Start. Nach fünf Minuten jagte Jae-sung Lee, der bislang in Kiel gespielt hatte, einen Flugkopfball an den Pfosten des Leipziger Tores; der Nachschuss von Paul Nebel strich knapp am Tor vorbei. Acht Minuten später war Leipzigs Torwart Peter Gulacsi geschlagen, weil sich sein Vordermann Nordi Mukiele der Kollaboration mit dem Feind schuldig machte.

Dem verstorbenen Gerd Müller wird mit einer Schweigeminute gedacht

Ein Klärungsversuch in Anschluss an eine Mainzer Ecke missriet ihm monumental; per Bogenlampe landete der Ball am linken Pfosten, und dort drückte ihn der Mainzer Moussa Niakhaté über die Linie. Es war wie eine Hommage an die Geistesgegenwart, die einst der verstorbene Gerd Müller im Strafraum zeigte. Es wurde seiner mit einer Schweigeminute gedacht. Was in der Folge zu sehen war? Eine defensive Intensität der Mainzer, die klare Leipziger Chancen verhinderte. Irgendwann war immer noch ein Mainzer Bein dazwischen. Sinnbildlich dafür stand Niklas Tauer, als er einen Schuss von Leipzigs Christopher Nkunku mit einer grandiosen Grätsche blockte (29. Minute).

Zur Pause stellte Mainz-Manager Christian Heidel im Sender DAZN die Frage, ob die Partie im Lichte der vielen Ausfälle "noch etwas mit fairem Sport zu tun hat", weil seine Mannschaft mit etlichen Profis ohne Bundesligaerfahrung antreten musste. Aber: Sie hätte fast auf 2:0 erhöht. Jonathan Burkardt bediente Nebel, doch der scheiterte aus fünf Metern an RB-Torwart Gulacsi. Danach verstärkte Leipzig den Druck und kam schon zu Chancen, noch ehe RB-Coach Jesse Marsch einen Dreierwechsel vornahm. Abwanderungskandidat Marcel Sabitzer kam, ebenso Dominik Szoboszlai und Hee-chan Hwang.

Aber: Die Mainzer hatten sich das Gefühl der Unverwundbarkeit erworben und blieben gefährlich. Ein spektakuläres Tor von Stefan Bell wurde annulliert, weil der Ball bei der Flanke hinter der Linie gewesen sein soll (74.), dann rettete Gulacsi in höchster Not vor Burkardt und Niakhaté (79.). Auf der Gegenseite jagte Orban einen Kopfball neben das Tor (86.). Doch es blieb beim 0:1 - und dem Fehlstart für Marsch.

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