Hertha BSC:Watschn für den Präsidenten

Hertha BSC: Frostiges Verhältnis: Hertha-Investor Lars Windhorst (re.) und Vereinspräsident Werner Gegenbauer.

Frostiges Verhältnis: Hertha-Investor Lars Windhorst (re.) und Vereinspräsident Werner Gegenbauer.

(Foto: Metodi Popow/Imago)

In bislang ungeahnter Schärfe attackiert Hertha-Investor Lars Windhorst die Klubführung um Präsident Werner Gegenbauer - und nennt sein Engagement beim Berliner Bundesligisten erstmals einen Fehler.

Von Javier Cáceres

Wer Augen hatte zu sehen und Ohren zu hören, dem war nie verborgen geblieben, dass es zwischen Hertha-Präsident Werner Gegenbauer und Hertha-Investor Lars Windhorst Differenzen gab, die man zunehmend unüberbrückbar nennen konnte. So gesehen war es nicht grundsätzlich, sondern allenfalls der Form halber überraschend, was am Mittwoch die Nachrichten rund um den abstiegsgefährdeten Bundesligisten Hertha BSC dominierte: Windhorst attackierte in bislang ungeahnter Schärfe die Hertha-Führung um Gegenbauer.

"Ich habe darauf gesetzt, dass bei Hertha rational und in die Zukunft denkende Leute das Sagen haben, die auch nachhaltig den Erfolg wollen", sagte Windhorst der Zeitschrift Capital, allerdings gehe es entscheidenden Figuren bei Hertha um "Machterhalt und Klüngelei". In ebenso beispielloser Deutlichkeit bekannte Windhorst auch, es sei ein Fehler gewesen, über seine Investmentgesellschaft Tennor 375 Millionen Euro in den Klub gepumpt zu haben: "Ehrlich gesagt, aus heutiger Sicht ja, leider. Bislang hat mir das Investment bei Hertha abgesehen von positiven Erfahrungen mit vielen Mitgliedern nur Nachteile gebracht." Im Gegenzug erhielt Tennor 66,6 Prozent der Anteile an der Hertha GmbH & Co. KGaA.

Bei Hertha reagierte man überrascht: "Herr Windhorst hat sich bisher weder in entsprechenden Sitzungen des Vereins noch gegenüber Personen im Verein in dieser Form geäußert. Alle Entscheidungen wurden seit seinem Einstieg bei Hertha BSC einstimmig im Beirat beschlossen. Wir werden ihn dazu befragen", teilte der Klub mit.

Das Bild der Hertha? Ein Klub, der gefühlt fast jeden Tag einen Brand löschen muss

Trotz der Windhorst-Millionen hängt Hertha im Abstiegskampf fest, zurzeit stehen die Berliner nur einen Punkt vor dem Relegationsplatz. Am Wochenende unterlagen sie sogar beim bislang abgeschlagenen Tabellenschlusslicht Greuther Fürth - ohne Fredi Bobic. Der seit Sommer amtierende Manager hatte einen schon länger geplanten Urlaub angetreten, er wollte sich nach dem Ende der Transferperiode ein paar Tage Erholung gönnen. Nach Herthas ernüchterndem Auftritt beim Quasi-Absteiger steht das freilich in einem schiefen Licht: Bobic habe, wie es die Nachrichtenagentur dpa formulierte, "zu einem denkbar schlecht terminierten Super-Bowl-Urlaub in den USA" geweilt. Am Sonntag empfangen die Berliner RB Leipzig, das gerade sein Renommée als Spitzenteam aufpoliert.

So oder so: Die Episode um Bobic bestärkt das Bild von der Hertha - ein Klub, der gefühlt jeden Tag einen Brand löschen muss, seit der frühere Windhorst-Vertrauensmann Jürgen Klinsmann die Berliner "das spannendste Fußballprojekt Europas" nannte. Nach dem sagenhaften Abschied Klinsmanns als Trainer ("HaHoHe, Euer Jürgen") vor fast genau zwei Jahren hat der Verein drei Trainer verschlissen. Zurzeit amtiert Tayfun Korkut. Doch auch um ihn gibt es bereits Diskussionen.

Immerhin: Windhorsts Reue über das sportlich ergebnislos verpuffte Geld wird offenbar keinen Ausstieg des Investors nach sich ziehen. "Ich lasse mir von niemandem dort 375 Mio. Euro verbrennen und werde darum niemals aufgeben", sagte Windhorst.

Das muss wohl in erster Linie als eine Kampfansage an Gegenbauer gedeutet werden. Der Berliner Unternehmer verkörpert wie kein Zweiter das Hertha-Establishment und für die Kritiker den Stillstand der Berliner. Gegenbauer, 71, wurde erstmals 2008 zum Vorsitzenden gewählt. Letztmals wurde er im Oktober 2020 für eine vierjährige Amtszeit wiedergewählt, mit hauchdünner Mehrheit. In Berlin wird geraunt, dass er damit beschäftigt sei, seine Nachfolge zu organisieren - mit Gefolgsleuten aus dem Lager, das Windhorst soeben in nie dagewesener Form öffentlich abgewatscht hat. Bei der nächsten Präsenz-Mitgliederversammlung will sich ein gewichtiges Hertha-Mitglied einbringen. Sein Name ist Windhorst.

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