Fußball-Bundesliga:FC Bayern stiftet wieder Unruhe

Dass der Klub über Hoffenheims Spieler und Leipzigs Trainer nachdenkt, zeigt: Der FC Bayern will seine Vormachtstellung auch durch ligainterne Transfers festigen.

Von Benedikt Warmbrunn, Darmstadt

Der Abend endete für Mats Hummels damit, dass er sich Sorgen machte, Opfer der eigenen Größe zu werden. Gebückt lief er durch die Katakomben des Darmstädter Stadions, er blickte ängstlich zur niedrigen Decke hinauf, die bunte Mütze rückte er wie einen Helm zurecht. Viel fehlte nicht, und er hätte die letzten Reste des Verputzes mit seinem Mützenhelm abgeschabt. Besorgt fragte Hummels, 191 Zentimeter, ob Manuel Neuer, der ja ganze zwei Zentimeter größer ist, durch den Gang gekommen sei. Erleichterter Blick nach einer bejahenden Antwort. Also stellte sich Hummels aufrecht hin, er, der Innenverteidiger des FC Bayern, gab jetzt das Bild ab von einem Mann, der sich vor nichts auf dieser Welt fürchten muss.

Hummels hatte mit seinen Mitspielern wenige Minuten zuvor erfolgreich den Ausflug nach Darmstadt hinter sich gebracht, es war kein Nachmittag gewesen, an dem der FC Bayern die eigene Größe darstellen konnte, und so ging es nach diesem 1:0 (0:0) auch nicht lange um dieses 1:0, auch nicht um das Tor von Douglas Costa, das Klubboss Karl-Heinz Rummenigge als einen "Sonntagsschuss am Sonntag" beschrieb. Stattdessen ging es darum, warum sich der FC Bayern in Zukunft nicht um die eigene Größe sorgen muss.

In der Nacht vor dem Spiel hatte die Bild gemeldet, dass der Verein sich um den Innenverteidiger Niklas Süle, 21, sowie den vielseitig einsetzbaren Sebastian Rudy, 26, bemühe; beide spielen aktuell für den Tabellendritten, die TSG Hoffenheim. Es wären die zwei überraschenden Personalien, über die sie beim FC Bayern schon länger hinter vorgehaltener Hand reden, zwei Personalien, die viel darüber verraten, wie der FC Bayern seinen Status in der Fußball-Bundesliga sieht und was er unternehmen will, um sich die Führungsposition zu sichern.

Nach SZ-Informationen sind die Gespräche über den Smalltalk hinaus vorangeschritten, bei Rudy, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, könnten sie schneller zu Ende gehen als bei Süle, dessen Vertrag 2019 endet und der wohl eine Ablöse jenseits der 20 Millionen Euro kosten würde. Rummenigge sagte in Darmstadt nur, dass er nichts zu sagen habe: "Sie wissen doch, dass wir zu Gerüchten nie Stellung beziehen." Mit einem süffisanten Lächeln bezog er dennoch Stellung, was er sofort dementierte. Er lächle "immer nach Siegen".

Enthusiastischer kommentierte die Meldungen Hummels. Süle und Rudy seien "super Spieler", sagte er, und er muss es wissen, er kennt sie ja aus der Nationalmannschaft. Auch er wisse jedoch nicht, "ob Sachen fix sind", auch er könne sich erst "richtig dazu äußern, wenn da öffentlich was bekanntgegeben ist". Hummels kennt sich in Hoffenheim allerdings gut aus, er hatte vor der Saison auf die Mannschaft gewettet, als er in einem Online-Managerspiel fünf Spieler der TSG in sein Team aufnahm.

Kein ungünstiger Zeitpunkt für Gerüchte

Das spricht dafür, dass sich in Hummels bereits ein potenzieller zukünftiger Klubstratege versteckt; ob dafür auch spricht, dass der Manager Hummels den Innenverteidiger Hummels verpflichtete, sei dahingestellt. In seinem Managerspiel, verriet Hummels am Sonntag, habe er zumindest nicht Rudy und Süle.

Dass der Zeitpunkt, zu dem die Gerüchte aufkamen, kein ungünstiger war, das dürfte nicht nur dem versteckten Manager in Hummels aufgefallen sein - so kurz vor dem Spitzenspiel an diesem Mittwoch gegen RB Leipzig, in dem sich entscheidet, wer als Tabellenführer in die Winterpause geht. Die Meldung verursacht Unruhe bei der Konkurrenz, die nun wieder fürchten muss, dass der FC Bayern sie schwächt, indem er die besten Spieler wegschnappt. Oder dass er die Konkurrenz nicht erstarken lässt, indem er die besten Spieler der Liga nicht nach Leipzig oder Dortmund gehen lässt. Dieses früher beliebte Transferprinzip dürfte gerade bei Rudy in den Überlegeungen eine Rolle gespielt haben.

Den Mittelfeldspieler beobachten sie im Klub schon länger, sie glauben, dass der feinfüßige Techniker inzwischen widerstandsfähig genug sein könnte für Abende in der Champions League. Eine ähnlich Entwicklung sehen sie auch bei Süle, der schon immer einen kernigen Körper hatte, und dazu inzwischen mehr Feingefühl in den Füßen. Das Interesse an ihm dürfte in der vergangenen Woche gestiegen sein, nachdem sich Jérôme Boateng erneut verletzt hat. Dem 195 Zentimeter langen Süle trauen sie beim FC Bayern zu, Boateng oder Hummels, beide 28, zu vertreten, vielleicht auch deren Nachfolge anzutreten.

Die Transfers wären auch ein Zeichen der Wertschätzung für TSG-Trainer Nagelsmann

Sollten Rudy und Süle nach München wechseln, wäre das auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Arbeit des 29-jährigen Hoffenheimer Trainers Julian Nagelsmann. So war ja auch das vergiftete Lob zu verstehen, das Präsident Uli Hoeneß im Kicker aussprach. Über Leipzigs Ralph Hasenhüttl sagte er: "Wenn wir einmal einen deutschsprachigen Trainer suchen sollten, gehört er mit Sicherheit zu den drei Kandidaten, über die man nachdenken muss." Die beiden anderen, dazu braucht man keine Kompetenz als Online-Manager: Nagelsmann und Dortmunds Thomas Tuchel.

Auch das war ein Satz, der Unruhe stiften sollte, in Leipzig, in Hoffenheim, in Dortmund. Aber nach Jahren der nationalen Dominanz ist es für die Konkurrenten gut zu wissen, dass der FC Bayern inzwischen wieder über sie nachdenken muss.

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