Süddeutsche Zeitung

FC Augsburg:Gikiewicz erwartet ein Paket aus München

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Zu Saisonbeginn war der Torwart als Nummer eins umstritten, spätestens seit dem 1:0-Sieg gegen den FC Bayern ist Rafal Gikiewicz der gefeierte Held - auch dank seiner Parade gegen Manuel Neuer.

Von Maik Rosner, Augsburg

Rafal Gikiewicz drehte sich langsam um, streckte seine Arme nach oben und betrachtete das Wimmelbild voller fröhlicher Gesichter auf der Tribüne. Über den Torwart und seine Mannschaftskollegen ergoss sich der Jubel des Augsburger Publikums. Gikiewicz genoss diesen Moment nach dem Abpfiff ganz bewusst. Ein wesentlicher Teil des Beifalls war ja an ihn adressiert, nachdem er mit mehreren Paraden den 1:0-Sieg des FC Augsburg gegen den FC Bayern gesichert hatte, zwischendurch mit einem Flugkopfball und einmal sogar mit der Hacke. Noch etwas spektakulärer waren seine letzten Aktionen in der fünften Minute der Nachspielzeit geraten. Sein Münchner Gegenüber Manuel Neuer hatte sich mit einem wuchtigen Kopfball aus sechs Metern als Hilfsstürmer betätigt. Doch Gikiewicz lenkte auch diesen Versuch mit seiner linken Hand ab, ehe er gleich noch einmal rettete, diesmal kurz vor Neuer.

"Jeder gehaltene Ball von Bayern ist ein besonderes Gefühl", sagte Gikiewicz später. Hätte er Neuers Kopfball nicht abgewehrt, "wäre Manu Spieler des Tages gewesen", ergänzte er. So aber stand der Torwart des FCA als Held mit Handschuhen da.

Diese Rolle war dem 34-Jährigen bereits beim ersten Saisonsieg vor fünf Wochen in Leverkusen (2:1) zuteilgeworden. Ebenso am Freitag vor einer Woche, als er den 1:0-Sieg in Bremen nicht nur mit seinen Händen und Füßen verteidigt hatte. Angelegt hatte er sich überdies mit dem örtlichen Elfmeterpunkt, als er diesen vor dem Strafstoß von Marvin Ducksch mit ein paar gezielten Tritten zu ramponieren versuchte. Nach seiner Parade gegen Ducksch nahm er es auch noch mit Werders Fans auf und bedachte diese mit einigen provokanten Gesten. Besonders vorbildlich agierte er dabei zwar nicht. Aber auch mit dieser Furchtlosigkeit ist er zur Symbolfigur des Augsburger Aufschwungs aufgestiegen.

Die Augsburger spielen neuerdings einfacher, steiler, schneller - der Erfolg gibt Trainer Maaßen recht

Trainer Enrico Maaßen war im Juli mit dem Anspruch angetreten, mehr Ballbesitz zu etablieren. Seit dem Bremen-Spiel aber haben die Augsburger ihren Stil vorerst vereinfacht, hin zu schnellen Kontern mit mehr vertikalen Pässen. Wie in Bremen bot Maaßen nun erneut vier gelernte Stürmer auf und ließ diese mutig anlaufen. Nach den ersten fünf Spieltagen waren insgesamt nur sieben Torchancen für den FCA gezählt worden. Seit der Umstellung gehen sie zwei Partien später auf insgesamt 20 Chancen zu. Allein gegen die Bayern waren es deren fünf, eine verwertete Mergim Berisha (59. Minute). "Ich kann nicht sagen, ich komme mit meiner Idee und ziehe die zu 100 Prozent durch", erklärte Maaßen, "wenn ich merke, dass es nicht funktioniert, dann drehe ich halt ein bisschen zurück."

Einkalkuliert ist im offensiven Ansatz mit vier Stürmern, dass auch der Gegner zu mehr Chancen kommt und Gikiewicz häufiger gefordert wird. In seiner aktuellen Form können sie sich dieses Risiko leisten. "Er ist in einer sehr, sehr guten Phase" und zeige "jede Woche Topleistungen", lobte Maaßen. "Was er die letzten Wochen rausgeholt hat, war sensationell. Wir sind superhappy, dass wir ihn haben", sagte Geschäftsführer Stefan Reuter. Dabei stand Gikiewicz zu Saisonbeginn in der Kritik. Auch im Verein hatten sie offenbar Bedenken und fragten Mainz wegen Finn Dahmen, 24, an. Doch beim FSV verspürten sie keine Lust, ihren zweiten Torwart abzugeben.

Inzwischen werden Gikiewicz und Reuter vor allem zu einer Vertragsverlängerung über 2023 hinaus befragt. Bevor sie sich darüber unterhalten, erwartet der polnische Torwart aber erst einmal ein Paket aus München. Neuer hat versprochen, ihm ein Trikot zu schicken.

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