Fußball-Bundesliga:Diese Elf hat uns die Saison gerettet

Die Bundesliga-Saison war Langeweile pur? Mitnichten, denn es gab ja Mats Hummels, Christian Streich, Patrick Wasserziehr - und noch einige mehr.

Aus der SZ-Redaktion

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Mario Gomez

VfL Wolfsburg v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Über Mario Gomez lässt sich wunderbar streiten ("Wund gelegen", "hat die Haare schön") und allein dafür muss man ihm danken in der Tristesse des Immergleichen. Ein Mario Gomez stellt keine wilden Sachen an, um den Ball in Eigenregie über den Platz und ins Tor zu befördern, ein Mario Gomez empfängt den Ball und entledigt sich seiner umgehend mit einem Torschuss. Ein Mittelstürmer, der nicht selber sucht, sondern sich finden lässt. Hohe Kunst? Glück des Tüchtigen? Egal, beim VfL Wolfsburg hat das zu 16 Toren in 32 Spielen geführt, eine ansehnliche Quote. Auffällig geworden ist er aber auch mit einer schönen Klage: "Mehr Gemurkse als sonst was" gäbe es Woche für Woche in der Bundesliga zu sehen, die geprägt sei von "Druck, Angst, Nervosität und Einfach-nur-den-Arsch-retten-wollen". Wer so viel Weitblick beweist, darf bei seinen Toren ruhig ein bisschen Glück haben - auch in der Relegation.

Saskia Aleythe

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Roger Schmidt

Bayer 04 Leverkusen v FC Ingolstadt 04 - Bundesliga

Quelle: Maja Hitij/Getty

Der moderne Fußball muss sich ja oft anhören, seine Protagonisten würden nur noch Floskeln verwenden. Nach vorne schauen, von Spiel zu Spiel denken, so was. Aber wer zufällig dem ebenfalls modernen (und derzeit vereinslosen) Fußball-Trainer Roger Schmidt am 8. Spieltag in der 51. Minute zugehört hat - der wird keine Floskeln vernommen haben, sondern einen wunderbar authentischen Bundesliga-Moment. Leverkusen gegen Hoffenheim, TSG-Verteidiger Niklas Süle liegt nach einem Zweikampf am Boden, sein Trainer Julian Nagelsmann beschwert sich beim Schiedsrichter. Und was macht Schmidt? Er ruft seinem Kollegen zu: "Was willst du denn, das war ja wohl gar nix, war das. Was bist du denn fürn Spinner, ey." Kurze Pause. "Ja, halt doch einfach die Schnauze." Danach wurde Schmidt übrigens für zwei Spiele auf die Tribüne verbannt und musste 15 000 Euro strafen zahlen. Die SZ findet: Das war ja wohl gar nix, ey.

Christopher Gerards

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Mats Hummels

Bayern München - RB Leipzig 3:0

Quelle: picture alliance / Tobias Hase/d

Streng genommen war die Lage für die Bundesliga kurz vor Weihnachten gar nicht so schlimm: Der FC Bayern hatte noch nicht astronomische 13 Punkte Vorsprung auf den ärgsten Verfolger, die Leipziger waren zumindest noch in Sichtweite. Für Mats Hummels begann die Angelegenheit trotzdem langweilig zu werden - also färbte er sich die Haare. Blond. Trabte plötzlich mit erbleichtem Haar auf den Platz, was ihm natürlich herrlich viel Spott einbrachte. Hummels grinste nur, er habe eine Wette verloren, deshalb der neue Look. Überhaupt erfrischend, was Hummels ab und zu von sich gibt: Nach dem Champions-League-Spiel in Eindhoven berichtete er, dass er sich mit seinen Freunden bei einem Online-Bundesliga-Manager-Spiel angemeldet hat. Und als ihm noch ein Abwehrspieler fehlte, da kaufte sich Mats Hummels einfach selbst.

Carsten Scheele

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Douglas Costa

Bayern Muenchen v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

Quelle: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty

Wer heute ein ernstzunehmender Fußballer sein möchte, der muss nicht nur kicken können, sondern auch anständig jubeln. Ein bloßer Eckfahnen-Tanz reicht da nicht, das dachte sich auch Bayerns Douglas Costa nach seinem Treffer zum 2:0 gegen Borussia Mönchengladbach, als er sich etwas in der Liga bisher noch nie Dagewesenes traute: den Selfie-Jubel. Erst freute er sich ganz gewöhnlich mit seiner Mannschaft, um dann in Richtung Tribüne zu rennen, sich ein Smartphone zu schnappen und ein Selfie zu knipsen, das durch die sozialen Netzwerke ging. In der Bundesliga löste der Brasilianer damit eine Debatte um Respekt aus. In Italien hätte man über Costas Originalität nur müde gelächelt, denn was er sich traute, hatte Francesco Totti vom AS Rom schon 2015 eingeführt. Der machte ein ähnliches Selfie während des Stadtderbys gegen Lazio Rom. Sorry Costa, der "Like" geht an Totti.

Anna Lammers

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Timo Werner

Timo Werner

Quelle: AFP

Für ein paar Wochen war Timo Werner der Feind der Nation, und es braucht wohl nicht viel, um diesen Status in kürzester Zeit wieder zu erlangen. Mit seiner dreisten Schwalbe am 13. Spieltag gegen Schalke 04 hatte sich der Stürmer von RB Leipzig unrühmlich einen Elfmeter ermogelt, es folgten Schmähgesänge, Beschimpfungen und sogar Drohungen, als hätte er die Todsünde im Fußball erfunden. Ganz schön viel für einen 21-Jährigen. "Ich würde es wirklich gern rückgängig machen", bekannte Werner später, "weil es nicht richtig war." Und wofür soll man nun dankbar sein? Nun ja, interessant war schon, welches Abbild der Fußballgesellschaft da in die Republik strahlte. Wie unverhältnismäßig das Urteil ausfällt, wenn nicht ein FC-Bayern-Flügelspieler, sondern ein RB-Leipzig-Stürmer einen dummdreisten Fehler macht. So oder so ist die wertvolle Botschaft bei allen angekommen: Schwalben besser sein lassen. Ist besser fürs Gemüt.

Saskia Aleythe

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Christian Streich

SC Freiburg - Christian Streich

Quelle: picture alliance / Peter Steffen

"Es war vor drei Jahr...". Dann versagt Freiburgs Trainer Christian Streich die Stimme. Er senkt den Kopf. Als er nach mehreren Sekunden wieder zu den versammelten Journalisten aufsieht, stehen ihm die Tränen in den Augen. Mitgefühl für den Gegner FC Ingolstadt, der nach der Partie gegen Freiburg abgestiegen ist, erscheint ungewöhnlich - nur nicht für Christian Streich. In schönstem Südbadisch spricht der Trainer an, was ihn bewegt, und das hat nicht zwangsläufig etwas mit Fußball zu tun. Es geht um Fremdenfeindlichkeit, um Demokratie oder er nimmt Trainerkollegen wie Roger Schmidt in Schutz: "Du hockst auf der Bank und fühlst dich überwacht und das macht keine Freude mehr." Streich ist wie der SC Freiburg: so erfrischend anders, authentisch, gerade heraus und mit Humor: "Das isch groß heute. Häscht en neues Mikro? Subba, häscht dacht, i bin zwei Mäter zähn?" Noch Fragen?

Anna Lammers

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Plattenhardt und Nouri

Hertha BSC - Borussia Dortmund

Quelle: dpa

Dass Fußball und Politik nichts miteinander zu tun haben, hört man aus der Bundesliga immer wieder. Ist ja auch leichter, sich einfach durchzulavieren durch das Dickicht aus Verantwortlichkeit, öffentlichem Ansehen und Überzeugung. Und die Spieler werden schließlich fürs Grätschen bezahlt und nicht fürs Mitführen einer Abhandlung von Niklas Luhmann beim Training. Doch es gab in dieser Saison neben Christian Streich noch zwei Figuren, die sich diesem Trott entzogen: Der eine, Hertha-Profi Marvin Plattenhardt (li.), ließ unverzüglich ein Foto von sich mit einem AfD-Mann löschen, das sich dieser bei einem Sponsorentermin erschlichen hatte. Der andere, Werder-Trainer Alexander Nouri (nicht im Bild), verpflanzte seinen Verein zumindest verbal in den Europapokal, als er sagte: "Ich habe nichts gegen das Wort Europa, ich bin ja nicht die AfD." So haben er und Plattenhardt irgendwie auch die politische Ehre einer Branche gerettet, die sich Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung überhaupt nicht leisten kann. Würde nämlich ziemlich düster aussehen bei Hertha oder Werder, wenn dort Leute wie Ibisevic, Kalou, Gebre Selassie oder Delaney der Grenzübertritt verboten worden wäre. Plattenhardt wurde für seine Courage prompt belohnt: mit einem Ticket für den Confed Cup.

Jonas Beckenkamp

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Sven Bender

FC Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup Semi Final

Quelle: Bongarts/Getty Images

Im Pokal-Halbfinale beim FC Bayern hinten zu liegen, bedeutet meist das sichere Aus - es sei denn, man weiß Sven Bender in den eigenen Reihen. Als sich BVB-Keeper Roman Bürki anschickte, am schwarzgelben Kurzpassspiel teilzunehmen, witterte "Manni", wie sie den Mittelfeldabräumer nennen, bereits die Gefahr: Er sah den verlassenen Dortmunder Kasten und eilte zu Hilfe, während Thiago den Ball abfing und in die Mitte zum freistehenden Lewandowski gab. Und einen Querpass später, als Arjen Robben gerade genüsslich zum vorentscheidenden 3:1 einnetzen wollte, fuhr Sven Bender das linke Bein aus, grätschte in allerbester Sergio-Ramos-Manier durch den eigenen Fünfmeterraum und lenkte den Schuss mit dem großen Zeh an den Pfosten. Von da an die Latte. Und dann hinfort. Vom "Monsterblock der Saison" war sogleich die Rede. "Wenn man keine Lust hat, den Ball zu halten, dann stehe ich gerne zur Verfügung", grüßte Bender seinen Keeper. Und zwei Tore von Aubameyang und Dembélé später waren die Bayern draußen und der BVB auf dem Weg nach Berlin.

Daniel Timm

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Kevin Großkreutz

Enttäuschung bei Kevin Großkreutz VfB Stuttgart VfB Stuttgart vs FSV Mainz 05 07 05 2016 VfB Stuttga

Quelle: imago/Michael Weber

Unter Tränen gestand Kevin Großkreutz ein, dass es diesmal zu viel war. Langweilig wird es nie um den Fußball-Weltmeister, der beispielsweise von sich reden machte, als er die Pokalfinal-Niederlage von 2014 in einer Disco verarbeitete und in volltrunkenem Zustand in die Lobby des Mannschaftshotels pieselte. Oder aber als er von einem Mann in der Kölner Innenstadt beleidigt wurde und dies angeblich in Form eines ins Gesicht des Übeltäters geschleuderten Döners quittierte. Doch in dieser Saison trieb er seinen Hang zum Skandälchen auf die Spitze: Eine Februarnacht, die angeblich in einer Stuttgarter Edeldisco begann, fand ihren Höhepunkt, als Großkreutz nach einer Schlägerei im Krankenhaus landete. Der im Aufstiegsrennen um "Ruhe" bemühte VfB entließ den Rechtsverteidiger umgehend aus seinem Vertrag. Was nicht heißen soll, dass man bald auf Großkreutz'schen Unterhaltungswert verzichten muss: Einen Zweijahresvertrag bei Darmstadt 98 hat der 29-Jährige bereits unterschrieben. Und irgendwie ist es ja so: Egal, was er sich leistet, die Fans lieben ihren Kevin Großkreutz trotzdem.

Daniel Timm

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Patrick Wasserziehr

Patrick Wasserziehr

Quelle: dpa

Viel zu wenig weiß der Zuschauer ja über die Sitten und Unsitten beim Fernsehen. Das Leben als TV-Moderator, es muss eine zähe, nervtötende Angelegenheit sein. Dauernd Puder im Gesicht, dazu das gleißende Kameralicht - und erst dieser Stress! Wie gut, dass es bei Sky Menschen gibt, die dem Führungspersonal den Tag retten, wenn der Zucker sich mal wieder nicht im Kaffee auflöst. "Kannst du einmal umrühren, bitte? Das ist toll, danke. Einfach umrühren!" raunte Sky-Erzähler Patrick Wasserziehr einem Studio-Hiwi in einem mittlerweile legendären Video zu. Der Clip bewahrte die Bundesliga vor dem Burn-out zum Saisonende. Die Meisterschaft? Längst entschieden. Platz zwei? Auch. Aber im Fernsehen passiert ja immer was - selbst wenn gerade nichts passiert. So wurde ein Moment während einer Drehpause zum Sittengemälde, eine Banalität zum Lacher. Und es verfestigte sich die rettende Erkenntnis: Gott sei Dank arbeiten wir nicht beim Fernsehen.

Jonas Beckenkamp

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Anthony Modeste

1. FC Koeln v Werder Bremen - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Und natürlich: Anthony Modeste. Weil er von den Fans des 1. FC Köln so geliebt wird, dass er einen eigenen Song gedichtet bekommen hat - ganz ähnlich wie der große Schalker Ebbe Sand vor einigen Jahren ("Wer köpft den Nagel in die Wand? Ebbe Ebbe Sand ...").

Hier einige der besten Strophen:

Wer feiert täglich Schützenfest? Anthony Modeste

Wer trinkt gern Kölsch vorm Dopingtest? Anthony Modeste

Wer kommt zum Training overdressed? Anthony Modeste

Wer schießt Köln nach Budapest? Anthony Modeste

Wer ist beim Kicken nie gestresst? Anthony Modeste

Vor wem hätt' Kahn sich eingenässt? Anthony Modeste

Wer fliegt übers Kuckucksnest? Anthony Modeste

Wie heißt der Sohn von Frau Modeste? Anthony Modeste

Wer braucht beim Kopfball kein Podest? Anthony Modeste

Wer trinkt den O-Saft frisch gepresst? Anthony Modeste

Wer bekommt nie Hausarrest? Anthony Modeste

Wer löst bei Warcraft jede Quest? Anthony Modeste

Wer putzt sing Zäng mit Dr. Best? Anthony Modeste

Wer hält an seiner Hose fest? Anthony Modeste

Wer baut ein Haus ohne Asbest? Anthony Modeste

Wer heilt Cholera und Pest? Anthony Modeste

(Quelle: Kölner Stadtanzeiger)

© Süddeutsche.de/ebc/feko
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