Fußball-Bundesliga:Die sich im Himmel begegnen

Intellektuelle Verteidiger, tiefergelegte Kampfflöhe und müllernde Stürmer: Ein Streifzug durch das gallische Dorf Hoffenheim.

Moritz Kielbassa/Christof Kneer

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Aus aktuellem Anlass hat Bayern-Manager Uli Hoeneß beschlossen, dass Fußballspiele nicht durch Taktik entschieden werden, "sondern durch bessere Spieler - und die haben wir". Ein kleiner Gruß an die TSG 1899 Hoffenheim, die die Frechheit besitzt, am Freitag mit der jüngsten Elf der Liga als Tabellenführer in München aufzukreuzen. "Wir wollen dafür sorgen, dass die Geschichte etwa so ausgeht wie in den Asterix-Heften", konterte Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick - eine Anspielung auf den (respektvoll gemeinten) Satz des Bayern-Franzosen Franck Ribéry, der Hoffenheim nach Gallien verlegt hatte. "Ui, ein kleines Dorf wie bei Asterix. Isch kenne es nischt", hatte er gesagt. An Namen wie Ibisevic, Ba oder Salihovic hat sich die Liga inzwischen gewöhnt - aber wer sind die anderen Gallier? Ein Streifzug durchs Dorf.

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Tor

Daniel Haas (25 Jahre): Ist einer jener Gallier, die beim abschließenden Wildschweinessen immer dabei sind, in der Geschichte selbst aber keine tragende Rolle spielen. Dabei hat er den vielleicht größten Karrieresprung hinter sich: War in der zweiten Liga nur die Nummer drei im Tor, startete als Nummer zwei in die Bundesliga-Saison und ist jetzt Nummer eins. Löste im Lauf der Vorrunde den Österreicher Ramazan Özcan (26) ab, dessen imposante Statur jedem Römer Angst einjagt, manchmal aber auch der eigenen Abwehr. Nach einigen Torwartfehlern fürchtete Majestix Rangnick, seinem Team könnte der Himmel auf den Kopf fallen. Seitdem bewacht Haas tapfer, aber ohne Zaubertrank das Tor. Ist die ausbaufähigste Position im Team, weshalb im Winter ein neuer Gallier kommen könnte: Timo Hildebrand wird ebenso gehandelt wie Schalkes Talent Ralf Fährmann. Tendenz: Hildebrand. Ihn kennt auch Ribéry.

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Abwehr

Andreas Beck (21): Beim VfB Stuttgart ausgebildeter Intellektueller, der Saab 900 (Baujahr '89) fährt, Nietzsche gelesen hat und auf seiner Homepage www.andi-beck.de jeden Monat einen schlauen Buchtipp loswird. Aktuell: Mitch Albom - "Die fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen". Ist einer von vier Menschen in der (zuweilen anfälligen) Abwehrkette, hat sich hinten rechts bereits ins Blickfeld der Nationalelf gespielt. Kam im Sommer vom VfB, weil dessen damaliger Trainer Veh nicht zu den Menschen gehört, die ihm im Himmel begegnen sollen. Hatte keine Chance in Stuttgart, nutzt sie jetzt in Hoffenheim. Schnell, offensivstark, technisch versiert - mit Schwächen im Defensivstellungsspiel, was der Original-Gallier Ribery nutzen könnte.

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Marvin Compper (23): Beim VfB Stuttgart ausgebildeter Intellektueller, der ebenfalls keinen Saab fährt. Linker Innenverteidiger, lustiger Vogel. Hat die VfB-Jugendtrainer mit seinem Hang zum Hackentrick im eigenen Strafraum gequält. Heute ein disziplinierter Verteidiger, der gerade sein erstes Länderspiel absolvierte. Wurde zuvor in Gladbach verkannt, was ein sicheres Zeichen für Qualität ist.

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Matthias Jaissle (20): Beim VfB Stuttgart ausgebildeter Intellektueller, der keinen Saab fährt. Wurde in der VfB-Jugend als rechter Offensivspieler, manchmal sogar als Spielmacher besetzt. In Hoffenheim rechter Innenverteidiger. Kein herausstechender, aber ein pflichtbewusster, technisch sicherer Spieler, den jeder Trainer schätzt, weil er Vorgaben exakt befolgt. Die Vorgabe gegen Bayern lautet: Beck helfen, wenn Ribery kommt!

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Andreas Ibertsberger (25): Kein beim VfB Stuttgart ausgebildeter Intellektueller. Stammt aus Österreich (Salzburg). Linksverteidiger aus Volker Finkes Freiburger Taktikschmiede, nicht filigran, aber drahtig. Kann rennen wie ein Gallier beim Wildschweinjagen, wird er gegen Bayern (Schweinsteiger) auch müssen.

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Per Nilsson (26): Schwedischer Innenverteidiger, verlor nach einer Verletzung seinen Stammplatz an Jaissle. Stellvertretender Kapitän hinter Selim Teber, der auch keinen Stammplatz hat, ebenso wenig wie die Dritt-/Viertkapitäne Zsolt Löw (29) und Jochen Seitz (32) - vier Menschen, die sich nicht im Himmel, sondern oft auf der Ersatzbank begegnen. Typische Beispiele für Rangnicks flache Hierarchien. Er nennt seine Führungsspieler "Regisseure" - und lässt sie zuschauen.

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Mittelfeld

Luiz Gustavo (21):Rangnicks stiller Star. Kam im August 2007 gemeinsam mit Obasi, Demba Ba und Carlos Eduardo - vier Menschen, die sich seitdem in Hoffenheims Stammelf begegnen, wobei es Linksfuß Gustavo zur vielleicht wichtigsten Figur in Rangnicks System geschafft hat. Macht das, was sein Trainer am liebsten mag: Klaut dem Gegner im Mittelfeld Bälle, die er sofort zielsicher in Angriffsbälle verwandelt. Ein moderner brasilianischer Sechser, der zuletzt nach einer Gelb-Rot-Sperre vom modernen ghanaischen Sechser Isaac Vorsah (20) perfekt gedoubelt wurde.

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Tobias Weis (23): Tiefergelegter, wendiger Kampffloh, der konträre Eigenschaften vereint. Führt einerseits den Kosenamen Gattuso, weil er mit seinem 1,70m die passende Statur hat, um Gegenspielern in die Wade zu beißen. Kann andererseits dribbeln, dass es auch Ribéry interessieren könnte. Wurde beim VfB Stuttgart ausgebildet, wo er 2007 im Meisterkader stand (null Einsatzminuten). Stand zuletzt auch in Jogi Löws Länderspielkader (null Einsatzminuten). Bildet mit Beck die starke rechte Seite, die nun Bayerns überragend starker linker Seite (Lahm, Zé Roberto, Ribéry) begegnet - ein womöglich spielentscheidendes Treffen. Eine der Vorgaben für Weis lautet: Beck und Jaissle helfen, wenn Ribéry kommt!

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Sejad Salihovic (24): Wurde nicht vom VfB Stuttgart ausgebildet, sondern auf den rauhen Straßen Berlins. Kam zu Regionalliga-Zeiten als übergewichtiges Supertalent von Hertha BSC. Hat es längst zum normalgewichtigen Leistungsträger gebracht, der immer noch kein Sprinter ist, aber mit seinem linken Fuß so schnell und krumm schießen kann, dass er damit ein Wildschwein erlegen könnte. Spielt im linken offensiven Mittelfeld, manchmal auch Edeljoker. "Die besseren Spieler haben wir", hat Uli Hoeneß gesagt - Salihovic haben sie nicht. Er hat ein Angebot des FC Bayern abgelehnt.

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Selim Teber (27) (Bild), Francisco Copado (34): Überbleibsel aus Regionalliga-Zeiten. Funktionieren im Hoffenheimer Milieu immer noch - wenn sie mal spielen. Wie zuletzt erfolgreich gegen Bielefeld.

Carlos Eduardo (21): Freischaffender Künstler, für Rangnicks Geschmack zuweilen noch etwas zu freischaffend. Kann alles, zeigt es nicht immer. Aber immer öfter. Hat im Sommer im brasilianischen Heimaturlaub angeblich die Pulsuhr auf dem Badetuch vergessen. Hat inzwischen aber genügend Kondition, um - wie am vorigen Wochenende gegen Bielefeld - ein Tor per Sololauf von der Mittellinie zu erzielen. Mit Abstand teuerster Gallier im Dorf: Soll acht Millionen gekostet haben.

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Angriff

Vedad Ibisevic (24): Nach 17 Toren in 15 Spielen wird er dauernd mit Gerd Müller verglichen (wegen des Torriechers), der ihn wiederum mit Uli Hoeneß vergleicht (wegen des Antritts). Kann zurzeit machen, was er will, der Ball geht einfach nicht vorbei. Mit rechts, mit links, mit dem Kopf, innerhalb des Sechzehners oder im Konter - von überall müllert es. Will aber auch nicht zu dem Verein wechseln, von dem Salihovic gerade ein Angebot abgelehnt hat. Sagt, er spiele "definitiv auch nächste Saison in Hoffenheim".

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Demba Ba (23): Senegalesisches Kraftpaket mit Storchenbeinen, von den TSG-Scouts im belgischen Mouscron entdeckt. Kreuzung aus Gazelle und Panzerschrank. Kostete 2,75 Millionen Euro, was viel Geld für einen wie ihn zu sein schien. Sieben Bundesligatore später liegt sein Marktwert bei fünf Millionen, was nicht viel Geld für einen wie ihn ist.

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Chinedu Obasi (22): Nigerianischer Dribbler, von den TSG-Scouts in Oslo entdeckt. Soll fünf Millionen gekostet haben, was viel Geld schien für einen wie ihn. Sein aktueller Marktwert wird längst von Klubs wie dem FC Arsenal geprüft. Ist der höchstbegabte der drei hochbegabten Stürmer und sich doch nicht zu schade, einen "Störspieler" (Rangnick) zu geben. Wie Kollege Ba klaut er im defensiven Mittelfeld Bälle, als wäre er Luiz Gustavo.

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Wellington (20): Einziger Millioneinkauf, der bisher keine Rolle im gallischen Dorf spielt. Ihn kennt Ribery wirklich nischt.

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