Fußball-Bundesliga:Die Geier kreisen über Köln

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Jonas Hector (links) und Timo Horn sind zwei Spieler, die ein 1. FC Köln in Liga zwei sehr wahrscheinlich nicht mehr im Kader haben dürfte. (Foto: Lars Baron/Getty)
  • Je näher der Abstieg rückt, desto offenkundiger wird das Interesse anderer Klubs an den Spielern des 1. FC Köln.
  • Fast die gesamte Abwehrreihe besitzt Ausstiegsklauseln.
  • Spieler wie Jonac Hector oder Dominique Heintz sind besonders begehrt.

Von Philipp Selldorf, Köln

Der Geier gehört zur Familie der Greifvögel, seine Nahrung besteht vorwiegend bis ausschließlich aus den Überresten toter oder siechender Lebewesen. Insofern war es keine besonders schmeichelhafte Berichterstattung, die der 1. FC Köln im Laufe dieser Woche durch die lokalen Medien erfuhr. Immer wieder war dort von den Geiern zu lesen, die jetzt angeblich vermehrt über dem Geißbockheim kreisen, angelockt von Beutegier und den zunehmend strengen Gerüchen des Dahinscheidens.

Die 1:3-Niederlage am Montagabend beim SV Werder Bremen hat dazu geführt, dass die Merkmale des Morbiden allmählich überhand nehmen beim Tabellenletzten. Weshalb sich nun die Interessenten bemerkbar machen, die zu günstigen Konditionen die besten Stücke aus dem Kölner Inventar übernehmen möchten.

Heintz und Hector sind begehrt

Die Partie im Weserstadion hatte dem 1. FC Köln die Chance geboten, nicht nur den Hamburger SV hinter sich zu lassen, sondern auch in greifbare Nähe an Mainz 05 und den VfL Wolfsburg heranzurücken. Nachdem diese Hoffnung durch eine wieder mal vermeidbare Niederlage enttäuscht wurde, kamen in den folgenden Tagen prompt die Meldungen vom Transfermarkt auf, die Armin Veh seit Monaten erwartet hatte. Dass die Konkurrenz sich um die wertvollsten Spieler des designierten Absteigers bemühen würde, damit hatte der branchenerfahrene FC-Sportchef schon zu seinem Amtsantritt im Dezember gerechnet.

Insofern hat es ihn keineswegs schockiert, dass jetzt erstmals konkrete Spekulationen über Interesse an Spielern wie Dominique Heintz und Jonas Hector in Umlauf gerieten bzw., wie Veh meint, in Umlauf gebracht wurden. Es gebe "Leute, die Interesse haben, so etwas kund zu tun", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Noch sei aber "weder eine Anfrage noch das Angebot eines anderen Klubs" eingegangen.

Selbstverständlich weiß Veh, dass dies nicht viel zu bedeuten hat. In den Berateragenturen der Spieler haben Interessenten aus der Liga ihre Absichten längst hinterlegt. Viele Kölner Spieler, so berichtet ein Insider, hätten ihre Manager jedoch angewiesen, sie nicht über die Einzelheiten zu informieren. Der Abstiegskampf sollte Vorrang haben. Je näher nun mit jeder Niederlage der Abstieg rückt, umso lauter werden die Signale vom Transfermarkt. Zwar hat der Klub die Vertragskonditionen der Spieler vorausschauend gestaltet und die Eventualität des Abstiegs einkalkuliert, sämtliche Arbeitsverhältnisse haben auch in der zweiten Liga zu angepassten Bedingungen Bestand, aber viele Profis können den Klub dank entsprechender Klauseln im Sommer verlassen.

Fast die gesamte Abwehrreihe ist davon betroffen: Die Zentralverteidiger Jorge Meré (im vorigen Sommer für acht Millionen Euro Ablöse aus Spanien gekommen), Frederik Sörensen und Dominique Heintz sowie Torwart Timo Horn und Nationalspieler Jonas Hector, den der Bundestrainer soeben wieder in den Kader für die beiden Länderspiele gegen Spanien und Brasilien aufgenommen hat.

Die betroffenen Spieler haben dazu bisher keine öffentlichen Anmerkungen gemacht. Auch die Klubvertreter bleiben gelassen. Trainer Stefan Ruthenbeck hat vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen am Sonntag die zunehmend lauter werdenden Gerüchte sogar begrüßt. Es sei doch ein gutes Zeichen, dass die Spieler des Tabellenletzten begehrt seien, sagte er, "das zeigt, dass wir nicht die schlechteste Arbeit machen, wenn - sollte das stimmen - die Spieler für Klubs interessant sind, die Champions-League-Niveau haben".

Angeblich sind Borussia Dortmund und Schalke 04 an Heintz und Hector interessiert, Letzterer ist im Abstiegsfall für den Sonderpreis von acht Millionen Euro zu haben. Über Hector sagen Vertraute allerdings, wenn auch eher scherzhaft, er müsse mit Waffengewalt zum Wechsel gedrängt werden. Ein Nationalspieler in der zweiten Liga? In einem Übergangsjahr hin zum nächsten Turnier kein Ding der Unmöglichkeit.

Seit seiner Ankunft in Köln plant Veh bereits mehr oder weniger diskret für den Aufenthalt in der zweiten Liga, der nach dem Vorsatz der Klubführung lediglich ein Intermezzo von zwölf Monaten darstellen soll. Der Sportchef profitiert dabei von der gesunden Finanzlage, die es ihm erlaubte, im Hinblick auf die nächste Saison für rund sieben Millionen Euro den Torjäger Simon Terodde und den französischen Mittelfeldspieler Vincent Koziello zu beschaffen. Nicht zuletzt sollten diese Transfers dem vorhandenen Personal zeigen, dass es der FC ernst meint mit seinen Ambitionen. Sowohl im aktuellen Abstiegskampf, als auch - wenn dieser verloren gehen sollte - im darauf folgenden Aufstiegskampf.

Er habe das Gefühl, dass einige der aktuellen FC-Profis auch in der zweiten Liga in Köln bleiben könnten, obwohl sie ohne weiteres Abnehmer in der ersten Liga fänden, meint Veh. Doch noch ist der Abstieg nicht amtlich. Am Sonntag im Nachbarschaftsduell mit Bayer 04 gibt es eine weitere letzte Chance. Auch die Leverkusener könnten sich übrigens gut vorstellen, Jonas Hector zu übernehmen.

© SZ vom 18.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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