Fußball-Bundesliga: der 5. Spieltag:Genüsslich lächeln

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Beim 5:1 in Dortmund beweist Bayern, dass sich eine wacklige Abwehr durch formidable Offensivspieler kaschieren lässt - und zeigt sich Franck Ribérys Vorliebe für große Gesten.

Jürgen Schmieder

Nein, Daniel van Buyten war in dieser Situation keine Schuld zuzusprechen. Das ist ungewöhnlich, gehört der Belgier doch stets zu den Nominierten, wenn es um den Titel "schlimmster Stellungsfehler des Spiels" geht. In der elften Minute irrte van Buyten wie gewohnt durch den Strafraum, doch war der Ball weit genug von ihm entfernt, als das es aufgefallen wäre. Der Ball nämlich war bei Mats Hummels und es es war der zweite Innenverteidiger des FC Bayern, Holger Badstuber, der dem Dortmunder beim Torköpfen zusah - und somit favorisierter Kandidat für den Titel "schlimmster Stellungsfehler des Spiels" wurde.

Der Treffer der Dortmunder zum 1:0 blieb jedoch am Ende eine Randnotiz in diesem Spiel. Denn der FC Bayern stellte bei diesem 5:1-Erfolg vor allem in der zweiten Halbzeit nach der Hereinnahme von Thomas Müller und Franck Ribéry eindrucksvoll unter Beweis, dass sich eine wacklige Abwehr zumindest in der Bundesliga durch formidable Offensivspieler kaschieren lässt.

Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc hatte davor bereits vor dem Spiel gewarnt. "Wir müssen erstmal die Offensive der Bayern unterbinden, dann können wir daran denken, Tore zu schießen", sagte Zorc. Uli Hoeneß stand daneben und lächelte genüsslich; schließlich hatte er den Zukauf von Arjen Robben so begründet, obwohl zahlreiche Experten mit einem Defensivspieler gerechnet hatten. Die Dortmunder Spieler dagegen kamen gar nicht auf die Idee, sich mit Zorcs Forderung zu beschäftigen, sie setzten vielmehr die oft kritisierte Abwehr des FC Bayern unter Druck.

Bereits in der vierten Minute leistete sich Badstuber den ersten Stellungsfehler, eine Minute später zog van Buyten nach. In beiden Situationen war Mohamed Zidan der Begünstigte, zunächst klärte Hans-Jörg Butt, danach wollte Zidan entgegen seiner Überzeugung abspielen anstatt selbst zu vollenden. Den Torhüter des FC Bayern hatte er bereits umspielt, dann jedoch schob er den Ball nicht an van Buyten vorbei ins Tor, sondern spielte in die Füße des zurückgeeilten Butt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte Hoeneß nicht mehr genüsslich gelächelt haben.

Der FC Bayern bot in der ersten Halbzeit eine gespiegelte Version der vergangenen Saison: Statt Franck Ribéry auf der linken Seite wartete nun Arjen Robben auf der rechten Seite auf Zuspiele, um losdribbeln zu können. Das Prinzip indes war dasselbe: Das Spielgerät muss zum Kreativspieler, der wird schon etwas damit anstellen. Das hatte zur Folge, dass das Spiel der Münchner rechtslastiger war als ein CSU-Parteitag, und Ivica Olic auf dem linken nur deshalb nicht genervt abwinkte, weil er zu sehr mit laufen und haken und grätschen beschäftigt war.

Die Münchner konnten nach den Anfangs-Schwierigkeiten einen Ballbesitz von 103 Prozent verbuchen, wobei 103 Prozent dieses Ballbesitzes in der eigenen Hälfte stattfanden. Danach bolzte ein Spieler den Ball in Richtung des gegnerischen Strafraumes, wo Mario Gomez nur deshalb nicht genervt abwinkte, weil er zu sehr damit beschäftigt war, ins Abseits zu laufen. Es bedurfte eines Freistoßes in der 36. Spielminute für die erste Torchance. Schweinsteiger brachte den Ball in die Mitte, der Dortmunder Neven Subotic lenkte ihn unabsichtlich zu Mario Gomez, der nur noch ins Tor zu köpfen brauchte.

Auf der nächsten Seite: Warum sich Timoschtschuk nach den Wechseln wohl fühlt - und warum sich auch van Buyten wohl fühlt.

In der Halbzeitpause korrigierte Louis van Gaal wie schon so oft in dieser Spielzeit seine Anfangsformation. Für den angeschlagenen Gomez schickte er Thomas Müller aufs Feld, für Hamit Altintop und gegen die Rechtslastigkeit brachte er Franck Ribéry. Damit standen nun fünf Offensivspieler auf dem Platz. "Ich denke, dass wir uns das leisten können. Und wenn ich das denke, dann mache ich das", sagte van Gaal nach dem Spiel.

Nun mussten sich die Dortmunder Spieler tatsächlich mit der Münchner Offensive beschäftigen - und dass dieses Unterfangen bisweilen unmöglich ist, zeigte sich bereits in der 49. Minute: Müller spielte Ribéry geschickt frei, der passte in den Strafraum. Dort stand Robben und legte geschickt auf für Bastian Schweinsteiger, der den Ball aus 20 Metern flatternd ins kurze Eck drosch.

Es war deutlich zu sehen, wie ansehnlich das Spiel des FC Bayern durch die beiden Wechsel wurde - und wie wohl sich Anatolij Timoschtschuk in dieser Formation fühlte. Mit fünf Offensivspielern vor sich beschränkte er sich darauf, gegnerischen Angriff stellungsstark zu unterbinden und anschließend die Bälle auf Ribéry, Robben, Schweinsteiger oder Müller zu verteilen. Daniel van Buyten dürfte froh gewesen sein, dass ihm die Borussen keine Gelegenheit mehr boten, einen Stellungsfehler zu begehen.

Aus dieser Überlegenheit der Münchner resultierte auch das 3:1. Als Badstuber gefoult wurde, schnappte sich Ribéry den Ball, schnippte ihn aus 17 Metern in die rechte obere Ecke und setzte danach zu einem 50-Meter-Sprint an, der in den Armen seines Trainers Louis van Gaal endete. Diskussionen um ein mögliches Zerwürfnis hatte Uli Hoeneß zwar bereits vor dem Spiel relativiert ("Ich glaube, dass sich das Verhältnis normalisiert hat") - doch der französische Filou hat eben nicht nur eine Vorliebe für schöne Dribbling und kindische Streiche, sondern auch für die großen Gesten.

Danach spielte der FC Bayern, als wäre Borussia Dortmund der FC Tegernsee oder die Nationalelf von Aserbaidschan (siehe "Wutrede von Hoeneß") und kam zu zahlreichen weiteren Chancen, zwei davon verwertete der lauf- und spielstarke Müller nach schönen Kombinationen zum 5:1-Endstand. Ein Blick auf die Tribüne genügte: Dort saß Uli Hoeneß und lächelte genüsslich.

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