Fußball-Bundesliga:Das Kölner Volk ist beunruhigt

Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln

„Wir müssen wieder zur Normalität zurückkehren“, sagt Kölns Trainer Peter Stöger vor dem Bundesligaspiel in Augsburg sowie der Europapokalpartie beim FC Arsenal.

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

Von Philipp Selldorf, Köln

Peter Stöger räumt offen ein, dass er nach den beiden Spielen sehr enttäuscht war. Die persönliche Betroffenheit will er nicht hinter der Fassade des Profis verbergen, aber es ist weniger das Team, dem er wegen der schlechten Ergebnisse Vorwürfe macht ("es hat oft bloß an Kleinigkeiten gefehlt") als das heimische Publikum, das ihm unangenehm aufgefallen ist. Der Zuspruch von den Rängen - "da hat man dann schon das Gefühl, dass sie den Fußball als Event sehen", sagt er.

Dem Österreicher Peter Stöger hat die Länderspielpause also keine guten Gefühle beschert, nachdem seine Nationalelf durch das 0:1 in Wales und das 1:1 in Wien gegen Georgien nahezu alle Chancen auf die WM-Teilnahme verspielt hat; als Trainer des 1. FC Köln aber hat Stöger die Unterbrechung des Ligabetriebs zu schätzen gelernt. "Die Pause hat uns gut getan", findet er, auf dem Trainingsplatz hat er von seiner Mannschaft die richtigen Signale empfangen: "Mehr Intensität, mehr Konsequenz und mehr Spieler, die sich aufdrängen wollen."

Stöger bekommt die Kehrseite der Kölner Begeisterung zu spüren

Dabei hatte die kleine Auszeit ungemütlich begonnen. Nach einem Testspiel beim TV Herkenrath kritisierte der Trainer in deutlichen Worten die Einstellung seiner Spieler und stellte die Erfahrung als Tiefpunkt seiner Tätigkeit beim FC dar: "Das ist bei uns noch nie vorgekommen", sagte er. Die Beunruhigung im Kölner Volk nach dem missglückten Saisonstart mit den Niederlagen in Mönchengladbach (0:1) und gegen Hamburg (1:3) wurde durch diese Aussage nicht kleiner. Worauf Stöger aber keine Rücksicht nimmt. Lieber lässt er keine Gelegenheit aus, den Leuten beizubringen, dass er von dieser Saison so manches erwartet, aber bestimmt keine unbeschwerten Zeiten. Geschweige denn den erneuten Einzug in den Europacup.

Am kommenden Donnerstag werden die Kölner im Emirates Stadion des FC Arsenal ihr erstes Festspiel in der Europa League feiern. Die ganze Stadt redet darüber, und wenigstens die halbe Stadt möchte dabei sein, wenn ihr Klub nach einem Vierteljahrhundert Abwesenheit wieder an einem Uefa-Wettbewerb teilnimmt. Dass dem Klub lediglich 3000 Tickets zugeteilt wurden, wird die Völkerwanderung nicht aufhalten. Auf dem zweiten deutschen Ticketmarkt kosten Karten mindestens 300 Euro, bei Ebay auch schon das Doppelte. Doch zunächst haben die Mahner das Wort, die den Besuch beim FC Arsenal als Teil einer gefährlichen Trilogie sehen.

Bevor die Kölner nach London reisen, müssen sie zum FC Augsburg, danach zu Borussia Dortmund. Mancher Unverbesserliche empfindet die Partie in Augsburg bereits als das erste Anti-Abstiegs-Endspiel der Saison. Andere debattieren über die Einkaufspolitik und den Umgang mit den Anthony-Modeste-Millionen oder über den Positionswechsel von Jonas Hector, der von der linken Seite ins Mittelfeld versetzt wurde, wo er in den ersten Partien häufiger in die Irre gelaufen ist, als man das bei ihm jemals für möglich gehalten hatte.

"Wir müssen wieder zur Normalität zurückkehren"

Stöger bekommt nun die Kehrseite der Kölner Begeisterung zu spüren, aber er beschwert sich nicht. Er hatte das längst vorausgesehen, und er hat sich auch nicht darüber gewundert, dass die nüchterne Definition des Saisonziels - ein einstelliger Tabellenplatz - keine hohen Zustimmungswerte im Publikum bekam.

Doch der Trainer reiht sich jetzt auch nicht bei den Kollegen ein, die in der einen Saison alles unternommen haben, um mit ihrer Mannschaft in den Europacup zu kommen - und in der folgenden Saison darüber klagen, dass dieser verdammte Europacup strapaziöse Flugreisen verursacht, Akkordarbeit verlangt und keine Zeit fürs Training lässt. "Es ist anstrengend und schwierig", sagt er, "aber dafür lebt der Sportler. Ich denke, es gibt da keine zwei Meinungen: Das ist ein schönes Programm. Ich finde das großartig."

Stöger sieht wegen zweier erklärlicher Niederlagen keinen Grund, das Vertrauen in die Mannschaft zu verlieren, die er während der vier Jahre in Köln aufgebaut hat. Es sei "eine neue Situation", sagt er, weil seine FC-Teams bisher jedes Mal gut in die Saison gestartet seien, "aber auch keine Katastrophe. Wir müssen wieder zur Normalität zurückkehren". Letzteres könnte in Köln allerdings noch schwerer fallen, als den Verlust des vermissten Torjägers Modeste zu kompensieren.

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