Schade, dass der verrückte Mann kein T-Shirt anhatte, als er halbnackt den Rasen stürmte, in der 55. Spielminute in Leverkusen. Erstens sieht so eine unbedeckte, untrainierte Männerbrust nicht schön aus, zweitens war am Brusthaar alleine nicht zu erkennen, ob der Mann nun Fan der Gelben oder der Roten war. Ob er den drei erstaunten Dortmunder Spielern, auf die er wild gestikulierend einredete, also zur 3:1-Führung gratulieren wollte, oder ob er sie dafür beschimpfte?
Mal was Neues: Nelson Valdez trifft das Tor.
(Foto: Foto: AP)Der Wüterich wird sich auf dem Polizeirevier erklären müssen. Immerhin erreichte er eine Durchsage des Stadionsprechers, der auf Anweisung des Schiedsrichters den Spielabbruch androhte, für den Fall einer weiteren unerlaubten Rasenerstürmung.
So viel Unterhaltung fürs Eintrittsgeld gab es bei einem Heimspiel von Leverkusen schon lange nicht mehr: Verrückte Zuschauer, Bruno Labbadias erstes Mal als Erstligatrainer, Jürgen Klopps Ligadebüt mit Borussia Dortmund, eine turbulente Schlussphase mit vier Leverkusener Stürmern auf dem Platz, dazu fünf Tore in einem Spiel, jeweils das erste Tor für Patrick Helmes und Neven Subotic im Oberhaus des deutschen Fußballs. Viele Überraschungen für 90 Minuten. Nur eine Sache war dem Leverkusener Anhang altbekannt - am Ende war Bayer der Verlierer.
Helmes trifft
Nach sieben Niederlagen zum Ende der Spielzeit 2007/2008, beginnt nun auch die Saison 2008/2009 in Leverkusen mit enttäuschten Gesichtern. Zumindest hatte ihr neuer Cheftrainer Bruno Labbadia Wort gehalten, als er vor dem Anpfiff Offensivfußball versprach. Was übrigens auch eine nette Umschreibung für Probleme in der Abwehr sein kann.
Drei Minuten nur hielt die Leverkusener Verteidigung, dann ließ Manuel Friedrich Nelson Valdez ausreichend Platz um eine Flanke ins Eck zum 1:0 zu verlängern. Ob Valdez nach vier Toren in zwei Spielzeiten beim BVB nun doch wieder ein richtiger Stürmer wird, konnte dieses Spiel nicht endgültig klären: dem frühen Tor folgten etliche vergebene Großchancen.
Sein erstes Tor erzielte auch Patrick Helmes, Leverkusens neuer Mann im Sturm, der in der 20. Minute einen sehr bedacht gespielten Pass von Stefan Kießling mit einem Beinschuss gegen Torwart Roman Weidenfeller vollendete. Helmes zweiten Treffer verhinderte Neven Subotic in der 30. Minute auf der Torlinie.
Borussia Klopp gewinnt gegen Bayer Labbadia
Leverkusen übernahm fortan die Regentschaft im Mittelfeld, doch das 2:1 erzielte Dortmund mit einem einzigen schnellen und klugen Konter, an dessen Ende Valdez auf den sehr sehr frei stehenden Florian Kringe flankte. Den letzten Aufreger vor der Halbzeit lieferte Dortmunds Torwart Weidenfeller, als er verletzt vom Platz getragen werden musste. Aber das kennt er ja zur Genüge aus der Vorsaison.
Bei den Pausenansprachen dürften sich die beiden neuen Trainer vornehmlich ihre Abwehrreihen vorgeknöpft haben, wobei sich Dortmunds "Kinderriegel", die so genannte U20-Abwehr um Mats Hummels und Subotic, etwas besser verkaufte als die Leverkusener Verteidigung.
Zudem zeigte Subotic beim 3:1 für Dortmund in der 49. Minute, dass moderne Defensivspieler auch ihre Offensive unterstützen. Warum er so frei nach einer Ecke ins Tor köpfen durfte, müssen die Leverkusener vielleicht noch einmal näher erklären.
Dortmunds Fans träumen wieder
Dortmunds mitgereister Anhang feierte ausgelassen. Nach der erneut schwachen Saison mit Platz 13 am Ende ist das Selbstbewusstsein seit der Verpflichtung von Jürgen Klopp in ungeahnte Höhen geschnellt: "Oh, du schöner BVB - wir holen den Uefa Cup und wir werden Deutscher Meister", sang der Anhang.
Als die Partie schon entschieden schien, traf der abgetauchte Leverkusener Stefan Kießling in der 82. Minute zum 3:2. Es durfte noch einmal gezittert werden, Bruno Labbadia wechselte mit Gekas einen vierten Stürmer ein und wenn er nicht so einen schicken Anzug angehabt hätte, wer weiß, vielleicht wäre er am Ende selber noch in den heftig umkämpften Dortmunder Strafraum gelaufen.
So blieb es beim Sieg für Dortmund. Wenn eine der beiden Mannschaften dem Favoriten-Trio München, Bremen, Schalke gefährlich werden möchte, müssen Klopp und Labbadia ihren jungen Spielern noch deutlich mehr Abgeklärtheit beibringen.
Die derzeit wichtigste Statistik des ersten Spieltages lautet allerdings: Borussia Klopp und TSG Rangnick liegen vor dem FC Klinsmann und dem 1. FC Daum.