Fußball-Bundesliga:Armer HSV

German Bundesliga - Bayern Munich v Hamburger SV

Kingsley Coman kam herein und durfte machen, was er wollte.

(Foto: REUTERS)
  • Nullzuacht! Der FC Bayern vermöbelt wieder den Hamburger SV. In sieben Gastspielen summieren sich die HSV-Gegentore nun auf 44.
  • Dabei lässt Bayern-Trainer Ancelotti noch Gnade walten und wechselt einige Stammkräfte zeitig aus.
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Von Thomas Hummel

Ist es einfach zu weit von Hamburg nach München? Verlieren Fußballer auf den 612 Kilometern Luftlinie ihr Können, ihr Selbstvertrauen, ihr Wissen? Ist die Luft an den Alpen so anders als oben Nahe der See? Gibt es einen Weißwurst-Weißbier-Zwang beim HSV zum Mittagessen in München als Zeichen der Völkerverständigung? Irgendwas spielt sich ab auf den Auswärtsreisen des Hamburger SV ganz nach Süden. 0:8 hieß es diesmal, NULL ZU ACHT. Die nächste Blamage in München für den einst so großen Fußballklub aus dem Norden.

Dabei hatte Markus Gisdol, der Trainer, vor dem Spiel noch "Vollgas" angekündigt. Gab er dann auch, anfangs. Er hüpfte während der ersten Halbzeit in seiner Trainerzone umher, fuchtelte, winkte, brüllte. Vermutlich wäre da schon gerne der ein oder andere Fan des Hamburger SV hinuntergegangen auf den Rasen, hätte dem Trainer die Hand auf die Schulter gelegt und ihm gesagt: Lass stecken, Junge - sie verdreschen uns eh wieder.

Als Gast des FC Bayern München hatte man in dieser Saison hier und da hoffen dürfen, dass es die Glitzertruppe aus dem Süden nicht ganz so genau nimmt mit Einsatz und Leistung. Eine gewisse italienische Gemütsruhe hatte sich über die Mannschaft gelegt von Trainer Carlo Ancelotti. Doch jetzt kam der HSV - und damit war alles wie eh und je. Kommen die Hamburger, verstehen die Münchner wirklich keinen Spaß.

Blutjunger Philipp Lahm

36 Tore hatten die Bayern in den sechs Heimspielen zuvor gegen den HSV erzielt, also sechs im Schnitt. Die aktuelle Mannschaft hatte sich offenbar felsenfest vorgenommen, da nicht nachzustehen. Oder war es ein Geschenk an Ancelotti? Weil dieser sein 1000. Pflichtspiel als Trainer absolvierte? Jedenfalls rasten die Münchner nach einer Viertelstunde Anlaufzeit los. David Alaba sprintete links durch, Thomas Müller legte schön an den Strafraum und Arturo Vidal schoss das 1:0 (17.). Kurz darauf traf Robert Lewandowski die Latte. Rechts jagte der blutjunge 33-jährige Philipp Lahm die rechte Seite hinunter, nach seiner Flanke wurde Müller gefoult - den Elfmeter verwandelte Lewandowski zum 2:0 (24.).

Gisdol hüpfte, fuchtelte, brüllte. Vergebens. Die Bayern spielten so lustvoll wie seit Wochen nicht mehr, wenn es gegen einen Durchschnitts-Gegner geht. Normalerweise drehen sie ja nur noch bei Bedarf auf, gegen Leipzig oder Arsenal. Der HSV darf es vermutlich als Kompliment verstehen, dass sich die Bayern auch an diesem Samstag richtig anstrengten. Ein Pass von Arjen Robben, ein Sprint von Thomas Müller, der zurücklegte auf Douglas Costa - im Nachfassen ignorierte Lewandowski einfach Gegenspieler Gideon Jung und schoss durch ihn hindurch das 3:0 (42.).

Apropos Müller: Der ewig torlose Stürmer traf auch diesmal nicht. Nicht mal gegen den HSV! Dennoch war er lange Zeit fast der beste Spieler auf dem Platz, seine Vorlagen und Zuspiele waren so exquisit, dass die Mitspieler kaum mehr danebenschießen konnten.

Der Hamburger Torwart René Adler regte sich fürchterlich auf, dabei hätte er eigentlich ganz zufrieden sein können - vier Jahre zuvor beim 2:9 des HSV war es zur Halbzeit mit ihm im Tor schon 0:5 gestanden. Gut, vielleicht ahnte der 32-Jährige, wie es weitergehen würde nach der Pause. Am Ende sollte er klagen: "Die Art und Weise tut nicht nur weh, das ist einfach unerträglich, das geht einfach nicht so."

HSV versteckt sich

Einmal durfte er noch abwehren gegen Arjen Robben. Dann schob ihm Lewandowski den Ball aus 16 Metern ins linke Eck. In der Folge kombinierten sich die Bayern in den Strafraum wie sonst nur eine Showtruppe: Lewandowski auf Müller, der selbstlos auf Alaba und rein ins leere Tor - 5:0 (56.).

Markus Gisdol saß jetzt die meiste Zeit. Jetzt warf er sich vielleicht vor, nicht wie andere Teams aus Hoffenheim, Dortmund oder Schalke erfolgreich die Fünferabwehr gegen die Bayern aufgestellt zu haben. Andererseits wirbelte der Gegner so furchteinflößend, dass sich sicher auch seine Spieler gerne auf der Ersatzbank versteckt hätten.

Kollege Ancelotti ließ Gnade walten, oder wollte es wenigstens. Er wechselte Torjäger Lewandowski, den für Gegenspieler unantastbaren Thiago und den blutjungen Wirbelwind Lahm aus. Doch gegen Hamburg trifft eben auch Ersatzspieler Kingsley Coman ins Tor, sogar doppelt - 6:0 (65.) und 7:0 (70.). Arjen Robben wackelte noch einen Gegenspieler aus, bog links ab und vollendete zum 8:0 (87.).

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