Fußball-Bundesliga:Weinzierl und Hasenhüttl: Abschied der Wunderwuzzis

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Neue Ziele im Blick: Ingolstadts Ralph Hasenhüttl (links) und Markus Weinzierl (rechts) vom FC Augsburg.

(Foto: Armin Weigel/dpa; Adam Pretty/Bongarts/Getty Images)

Von Sebastian Fischer und Kathrin Steinbichler

Das Wesentliche für Fußballprofis ist ja eigentlich das Fußballspielen. Doch sich "auf das Wesentliche zu konzentrieren", sei zuletzt für die Fußballer des FC Ingolstadt und für ihn, den Trainer, nicht so einfach gewesen, gesteht Ralph Hasenhüttl. Es ging in Ingolstadt zuletzt ja vor allem um seine Zukunft, von der zu einem großen Teil auch die des Vereins und vieler Profis abhängt. Und um diese Zukunft geht es nun auch vor dem für Ingolstadt recht bedeutungsarmen Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr) gegen den Tabellenletzten Hannover 96.

Mehr als das Sportliche interessiert in diesen aufgeregten Schlusstagen der Saison, wohin es Hasenhüttl, 48, zur kommenden Saison zieht. Er spricht selbst längst davon, über Abschied nachzudenken. So wird jetzt wohl bei allen drei bayerischen Bundesligisten künftig ein neues Gesicht an der Seitenlinie zu sehen sein - doch nur beim FC Bayern ist bislang bekannt, wer künftig die Mannschaft übernimmt. In München folgt Carlo Ancelotti Pep Guardiola nach, beim FC Augsburg wartet die Öffentlichkeit noch darauf, den offiziellen Abschied von Markus Weinzierl und seinen Nachfolger zu erfahren. In Ingolstadt aber müssen sie sich erst noch daran gewöhnen, an verantwortlicher Position bald wohl jemand Neuen sitzen zu haben. Man hat es schließlich schön miteinander.

Medienberichte am Donnerstag, wonach jetzt aber wirklich endgültig und ganz sicher feststünde, dass Ralph Hasenhüttl den FC Ingolstadt verlassen werde, dementierte der Verein umgehend: Es gebe keinen neuen Stand. Fakt ist: Der Österreicher steht bis 2017 beim FCI unter Vertrag. Fakt ist aber auch: "Nichts ist für ewig. Wir Trainer sind alle ehrgeizig, wir wollen alle möglichst noch einen Titel gewinnen." Hasenhüttl hat das am Sonntag gesagt, als er in Plauderlaune in einer Plauderrunde beim TV-Sender Sport 1 saß. Nichts ist für ewig - mit dem Gedanken muss sich der FCI nun vertraut machen.

"Wir brauchen jetzt relativ zügig eine Entscheidung, jeder Tag würde uns helfen", sagt Linke

In der Pressekonferenz am Donnerstag hat Hasenhüttl noch einmal nachgelegt, er sprach erst ein wenig über Hannoveraner Stürmer und dergleichen, aber dann sagte er auch, sichtlich angespannt, etwas zum Wesentlichen: "Wir wissen alle, woran wir sind, und dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir die Entscheidung bekannt geben." Von drei Interessenten aus der ersten Liga ist in seinem Umfeld die Rede. Verbrieft ist auch, dass der ambitionierte Bald-Aufsteiger RB Leipzig Interesse hat an dem mit seinem Spielstil ebenso offensiv ausgerichteten Hasenhüttl. Allerdings können die Leipziger ihren Aufstieg frühestens am 32. Spieltag perfekt machen.

Dass der ehemalige österreichische Nationalstürmer Ingolstadt verlassen wird, ist sehr wahrscheinlich. Hasenhüttl weiß, dass sein Marktwert nach der starken Debüt-Saison mit dem Bundesliga-Aufsteiger in die Höhe geschnellt ist. In Ingolstadt, so viel ist klar, könnte er in Ruhe weiterarbeiten - aber den respektablen, derzeit neunten Tabellenplatz dieser Spielzeit noch einmal zu verbessern, dürfte schwer werden. "Ich bin nicht der Wunderwuzzi des FC Ingolstadt", sagte Hasenhüttl am Sonntag. Der Eindruck aber dürfte entstanden sein in Ingolstadt. Schließlich war es ja er, der den Klub in weniger als drei Jahren vom Tabellenende der zweiten Liga zum Klassenverbleib in der ersten Liga geführt hat, weshalb sie beim FCI fast radikal der Ansicht sind: Hasenhüttl soll zumindest vorerst auch ihr Wunderwuzzi bleiben.

Vor sieben Wochen hat es ein Treffen zwischen Hasenhüttl und FCI-Sportdirektor Thomas Linke gegeben, in dem Linke dem Trainer nach einem Gedankenaustausch offerierte, sich mit interessierten Klubs auszutauschen, sobald der Klassenerhalt feststehe: über eine Anstellung nach seinem Vertragsende 2017. Doch Hasenhüttl traf sich schon vorher, am Ostersamstag, im österreichischen Lofer mit Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick - und sprach offensichtlich über ein mögliches Engagement ab diesem Sommer. Die Ingolstädter Führungsriege war überrascht und betrachtete das Vorgehen als eine Art Vertrauensbruch, das Verhältnis zum Trainer ist seitdem nicht mehr rosarot.

Wie der FC Augsburg ohne Markus Weinzierl plant

Andererseits wissen sie im Klub um die Bedeutung des Projekttrainers Hasenhüttl: Er hat das erfolgbringende Pressingsystem etabliert, mit dem der FCI seine Gegner entnervt; seine Ansprache an die Mannschaft funktioniert; kommende Verpflichtungen und teils auch Vertragsverlängerungen sollen von seinem Verbleib abhängen. "Wir brauchen jetzt relativ zügig eine Entscheidung, jeder Tag würde uns helfen", sagte Linke im Kicker, "ich habe nach wie vor die absolute Hoffnung, dass sich unser Trainer für uns entscheidet."

In Augsburg dagegen hängen die Planungen längst nicht mehr von Markus Weinzierl ab. Dass der 41-jährige Fußballlehrer die Schwaben zum Saisonende verlassen wird, steht trotz seines bis 2019 datierten Vertrags außer Zweifel. Anders als in Ingolstadt muss der FC Augsburg allerdings noch immer darum bangen, in welcher Liga die Mannschaft in der kommenden Saison antritt. Verhandlungen mit möglichem neuen Spielern sind dadurch erschwert, wenngleich etwa der treffsichere Winterzugang Alfred Finnbogason bereits signalisiert hat, unbesehen der Spielklasse bleiben zu wollen.

Dass die Liaison mit Weinzierl nicht für ewig ist, das wissen die Verantwortlichen des FCA bereits seit vergangenem Sommer, als der FC Schalke erstmals intensiv um ihn warb. Mit dem Kunststück, den kleinen FC Augsburg in die Europa League gebracht zu haben, hat Weinzierl sich über die Bundesliga hinaus einen Namen gemacht, auch für ihn gilt: Mehr als das kann er mit dem FCA nach nun fast vier Jahren auf der Trainerbank nicht erreichen, auch die Wiederholung dieses Erfolgs ist schwer vorstellbar. Seit geraumer Zeit hält der FCA deshalb bereits nach einem Nachfolger Ausschau - was ein Vorteil gegenüber dem FCI ist, für den ähnliche Kandidaten infrage kommen. Zusätzlichen Verhandlungsspielraum bekommt der FCA durch die Ablöse für Weinzierl, die noch nicht endgültig verhandelt ist, aber zwischen drei und fünf Millionen Euro betragen soll.

Den KSC wird Markus Kauczinski zum Saisonende verlassen. An Ostern besuchte er Augsburg

Während also Ralph Hasenhüttl an Ostern nach Lofer fuhr, um sich zwanglos über die Zukunft zu unterhalten, stattete Markus Kauczinski über die Feiertage Augsburg einen Besuch ab. Der Fußball-Zweitligist Karlsruher SC, den der 46-Jährige noch bis zum Saisonende trainiert, hatte schließlich wegen der Länderspielpause spielfrei, da kann man schon einmal einen netten Ausflug machen. Über die Zukunft denkt Kauczinski ja schon länger nach, schon Anfang Oktober hatte der gebürtige Gelsenkirchener, den der DFB im März als "Trainer des Jahres 2015" auszeichnete, seinen Abschied von den Badenern bekannt gegeben.

Seitdem hält Kauczinski sich bedeckt, was seinen künftigen Arbeitgeber angeht. Dass er neuer Nachwuchsleiter beim FC Bayern München wird, hat er dementiert. Ein weiterer möglicher Weinzierl-Nachfolger ist der Zweitliga-Trainer Frank Schmidt. Seitdem der frühere Profi des 1. FC Nürnberg 2007 den 1. FC Heidenheim übernahm, hat sich der Verein von der Oberliga bis in die zweite Liga hochgearbeitet und dort stabilisiert. Auch hier gilt: Viel mehr ist für Schmidt, 42, an dem Standort nicht mehr zu erreichen. Anders als Kauczinski, der vertragsfrei und damit ablösefrei ist, hat der im bayerischen Bachhagel lebende Schmidt allerdings noch gültige Arbeitspapiere, bis 2020 hat er in Heidenheim unterschrieben. Auch für den FCI, der für Hasenhüttl wohl eine Ablösesumme erhalten würde, gehört Schmidt zum Kreis der Kandidaten.

Allerdings: Von möglichen Nachfolgern soll in Ingolstadt offiziell nicht die Rede sein, solange Hasenhüttls Abschied nicht bestätigt ist. Dem Trainer liegt seit dem Heimsieg gegen Borussia Mönchengladbach ein Angebot zur Verlängerung seines Vertrags vor. Weder Leipzig noch Hasenhüttl selbst seien dagegen auf den Verein zugekommen, um eine Freigabe zu erbitten, sagt FCI-Präsident Peter Jackwerth.

Derweil sprach Leipzigs Sportdirektor am Donnerstag mal wieder über das Wesentliche: Ralph Hasenhüttl sei "ein interessanter Trainer, das ist außer Frage".

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