Fußball - Berlin:Nächste Kruse-Show: Jetzt wird sogar der Trainer sein Fan

Berlin
Berlins Max Kruse (M) feiert seinen Treffer zum 3:3. Foto: Annegret Hilse/Reuters Images Europe/Pool/dpa/Aktuell (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Der Mann ist einfach ein Phänomen: Feiner Tor-Vorbereiter, eiskalter Elfmeterverwerter und jetzt auch noch bewunderter Kunstschütze. Max Kruse hat die Hauptrolle in der erstaunlichen Erfolgsgeschichte des Underdogs 1. FC Union mit einem Lächeln im Gesicht übernommen - ohne sie für sich offiziell zu beanspruchen. "Ich bin natürlich froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte und wir den Punkt mitnehmen. Das war das Minimalziel", formulierte der 32 Jahre alte Neu-Berliner in seinem Understatement.

Das 3:3 gegen Frankfurt, das phänomenale und katastrophale Phasen für beide Teams gleichermaßen bereit hielt, wurde vor allem dank des Doppeltorschützen Kruse und des ebenfalls zweifach treffenden Eintracht-Portugiesen André Silva zur besten Fußball-Unterhaltung. Leider durften das die Fans wegen der Corona-Pandemie nicht im Stadion genießen, nur einige feierten außerhalb der Alten Försterei mit Abstand die Eisernen und natürlich Kruse. "Solche Tore schieße ich ja nicht häufig, also darf man auch mal genießen und schmunzeln über solche Tore", bemerkte Kruse über seinen Volltreffer ins obere rechte Toreck.

Nach neun Runden, in denen Union einen Ungeschlagen-Vereinsrekord von acht Spielen aufstellte und sagenhafte 16 Punkte holte, ist der überraschende Bundesliga-Rückholdeal mit Max Kruse schon aufgegangen. Dabei hatten einige Experten nach einem Jahr in der türkischen Liga und wegen Kruses speziellen Drangs in die Öffentlichkeit gezweifelt, ob der Ex-Nationalspieler zu den Schlosserjungs aus Berlin-Köpenick überhaupt passt. So nennt sich der Verein aufgrund seiner Entstehungsgeschichte und Anhängerschaft selbst gern.

Die Fakten: Kruse verpasste wegen einer mitgebrachten Fußblessur quasi die komplette Vorbereitung. Trainer Urs Fischer verweist noch jetzt darauf, dass der Stürmer weiter hart arbeiten muss, um seine hundertprozentige Fitness zu erreichen. Und auch in Berlin gab es mit Shishabar-Besuchen, nächtlichen Online-Zockerrunden und einer nicht ganz jugendfreien Beschwerde über eine Geschwindigkeitskontrolle der Polizei schon einige Momente außerhalb des Platzes, in denen den Union-Chefs zumindest ein wenig das Gesicht entgleist sein dürfte.

Das wirklich Wichtige: Kruse schnürte gegen die Eintracht seinen ersten Tore-Doppelpack für Union, ist jetzt mit sechs Toren und fünf Vorbereitungen an mehr als der Hälfte der 21 Team-Treffer direkt beteiligt. Da fiel es sogar seinem Trainer schwer, die bisher stets gewahrte Distanz zu seinem wichtigsten Spieler aufrecht zu erhalten.

"Das 3:3 war natürlich ein fantastisches Tor", sagte der Schweizer Fischer und ergänzte in bester Fan-Manier: "Ich habe mir das Tor nochmals von der Hintertor-Kamera angeschaut. Die Flugbahn ist wirklich außergewöhnlich. Den hat er schon toll getroffen."

Doch Fischer wäre nicht Fischer, hätte er Kruse nicht noch die Einordnung für die nächsten Aufgaben - am Freitag tritt Union zum brisanten Lokalderby bei Hertha an - mitgegeben. "Er wurde aber auch toll freigespielt. Er braucht immer noch die Unterstützung seiner Mitspieler", unterstrich der 54-Jährige und schmunzelte ein wenig.

Robert Andrich hatte schon nach 101 Sekunden einen Patzer von Eintracht-Torwart Kevin Trapp zur Union-Führung genutzt. Kruse verwandelte seinen 17. Bundesliga-Elfmeter (6. Minute). Silva (27. und 37.) glich mit seinen Saisontreffern sechs und sieben aus. Und Bas Dost ließ mit dem 3:2 (79.) die Hessen sogar vom ersten Sieg nach fünf vergeblichen Versuchen träumen. Doch dann kam eben noch Kruse und hämmerte den Ball in den Winkel (82.). "Am Ende der Kruse, der kann einfach gut schießen, Traumtor", kommentierte Frankfurts Stürmer Dost das abschließende Tor seines ehemaligen Wolfsburger Kollegen.

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