Fußball: Barça gegen Real:Per Klick zum Clásico

Weltweit sahen Millionen zu, doch deutsche TV-Zuschauer guckten beim spanischen Spitzenspiel zwischen Barcelona und Madrid selbst im Bezahlfernsehen in die Röhre - Abhilfe schaffte ein österreichischer Internetsender.

Jonas Beckenkamp

Es war eine Demonstration, eine Gala - für jeden Fußballfan, dessen Herz nicht für die "Königlichen" von Real Madrid schlägt.

Fußball: Barça gegen Real: Cristiano Ronaldo war bei der Übertragung des "Clásico" auf keinem deutschen TV-Bildschirm zu sehen.

Cristiano Ronaldo war bei der Übertragung des "Clásico" auf keinem deutschen TV-Bildschirm zu sehen.

(Foto: AFP)

Im großen "Clásico", dem Spiel der Spiele im spanischen Fußball, zerlegte am Montagabend der FC Barcelona um seine Wunderdribbler Lionel Messi und Xavi die chancenlosen Madrilenen mit 5:0. Ein Spektakel, das zwar für die beiden deutschen Real-Gastarbeiter Mesut Özil und Sami Khedira zum Reinfall wurde, aber dennoch ein höchst sehenswertes TV-Erlebnis lieferte.

Die ganze Welt war an den Fernsehgeräten dabei, in mehr als 200 Ländern rauschten die Szenen von Barças genialem Kurzpassspiel und Cristiano Ronaldos vergeblichen Bemühungen über die Bildschirme - außer in Deutschland. Wer hierzulande die spanische Primera División, für viele Experten die beste Fußballliga der Welt, bewundern will, schaute sogar beim Bezahlsender Sky in die Röhre.

Seit der vergangenen Saison scheinen dem kriselnden Münchner Pay-TV-Unternehmen die Übertragungsrechte für "La Liga" zu teuer und man verzichtet auf Live-Berichterstattung von den Spielen auf der iberischen Halbinsel. Özil, Ronaldo, Messi & Co. verkommen im deutschen Fernsehen so zu Schattenkickern, deren Kunststücke allenfalls bei den von Sky gesendeten Champions-League-Spielen in unsere Wohnzimmer flimmern.

Pay-TV ist keine Erfolgsstory

Dass das Bezahlfernsehen in Deutschland anders als beispielsweise in England keine Erfolgsstory ist, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Längst haben sich deshalb eine Reihe von Online-TV-Portalen im Netz etabliert, die mit etwas Geduld über Verteilerseiten wie justin.tv, livetv.ru oder fromsport.com aufzustöbern sind. Wer also samstags die Bundesliga auf dem Laptop empfangen will und sich mit leichter Wackelqualität oder frenetischen Fußballkommentatoren aus Saudi-Arabien abfindet, dem winkt das Fernsehglück auch gratis im Web. Und das ohne Decoder.

Diesen Trend machte sich beim "Clásico" auch bild.de zu Nutzen und verwies auf eine Kooperation mit dem österreichischen Internetsender Laola1tv. Bereits von Freitag an warb das Onlineportal des Springer-Verlages auf seiner Seite großflächig mit der Übertragung des Gigantenduells aus Spanien und köderte seine User mit dem Hinweis: "Zu sehen bei bild.de - und nicht im TV."

Tatsächlich erwies sich der Stream von Laola1tv, dem selbstbetitelten "internationalen online Sport-TV", am Montagabend als Alternative. Hinter dem Streamingsender, der seit einem Jahr auf bild.de wöchentlich ein Spiel aus Spanien anbietet, steckt die Sportrechteagentur Sports Media Holding; dazu gehört auch eine Produktionsfirma. Als geschäftsführende Gesellschafter treten Karl Wiesenender und Thomas Krohne auf.

Ruckelbilder für Liebhaber

Laola1tv fungiert als Plattform, die seit 2007 gemeinsam mit der Münchner Sports Media Group und der spanischen Vermarktungsagentur Media Pro die Bilder aus der Primera División bereitstellt. Auch stellte die Firma für die deutsche Fußball-Nationalelf ein Fan-Portal auf.

Barcelona v Real Madrid - La Liga

Spektakuläre Szenen lieferte das Spiel zu Genüge - doch zu sehen war die Partie Barcelona gegen Madrid nur im Netz.

(Foto: Getty Images)

Um 20.30 Uhr am Montag reichte ein Klick auf den angebotenen Link, um einen Flash-Player zu öffnen, der die Live-Bilder zum spanischen Topspiel liefern sollte. Nach anfänglichen Ruckelbildern und dem Hinweis des österreichischen Kommentators Philipp Paternina, nach Öffnen des Streams nicht mehr auf der Seite herumzudrücken, sendete Laola1tv in einem Fenster einen wenig kompetenten, aber immerhin sichtbaren Vorlauf zum groß angekündigten "El Clásico". Dass es sich um einen wahren Klassiker handelte, wurde immer wieder etwas umständlich erklärt - "der Clásico" oder "beim Clásico" hätte es anstatt der holprigen Bezeichnung "bei el Clásico" auch getan und wäre der deutschen Sprache sicher gerechter geworden.

Diese Defizite schienen vor lauter Begeisterung, darüber, dass überhaupt laufende Bilder zu sehen waren, sogar beim Zentralorgan der deutschen Fußballkultur unterzugehen. Im Liveticker der Fußballzeitschrift 11Freunde, sonst eine Bank in Fragen sicherer und schlagfertiger Analyse, wurde die Übertragung ziemlich ironiefrei bejubelt: "Laola1tv zeigt eine Vorschau, die man sich auch mal im deutschen Fernsehen wünschen würde: Ruhig, sachlich, ohne Effekthascherei, ohne Marcel Reif. Was lernen wir daraus? Wenig Budget ist manchmal gar nicht so schlecht." In Wahrheit ließ der halbseidene Kommentar tatsächlich zu wünschen übrig.

2,2 Millionen Videoabrufe

Dabei ist das Wiener TV-Portal vermutlich nicht so knapp bei Kasse. Wer die TV-Eigenvermarktungsstrategien von Barcelona und Real Madrid kennt, dürfte wissen, dass dort deutlich mehr Geld im Spiel ist als in der Bundesliga.

Auf Anfrage von sueddeutsche.de wollte sich Laola1tv-Marketingsprecher Thomas Widhalm nicht zu den Kosten für die Übertragungsrechte äußern. Er zeigte sich aber stolz, dass "der Clásico mit 2,2 Millionen Videoabrufen für den Sender sehr erfolgreich" verlaufen sei.

Finanziert werden solche teuren Live-Übertragungen über Werbung, die prominente Wettanbieter wie bet-at-home.com auf der Homepage von Laola1tv schalten. Dass der Geldgeber ausgerechnet zur Konkurrenz von Real Madrids Trikotsponsor bwin zählt, dürfte nur eine Randnotiz gewesen sein.

Für die Hartgesottenen geht es an diesem Dienstagabend bei Laola1tv direkt live weiter: Auf dem Programm steht unter anderem der Vergleich zwischen MC-Carnaghi Villa Cortese (Italien) gegen VK Modranska Prostejov (Tschechien) aus der Champions League im Frauen-Volleyball. Online-TV ist eben auch was für Liebhaber.

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