Fußball:Ausschussvorsitzende: Katar-Kritik "das einzig Richtige"

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Unterstützt die Aktionen der deutschen Nationalmannschaft: Gyde Jensen, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte unterstützt die Aktionen der deutschen Nationalmannschaft mit Blick auf WM-Gastgeber Katar.

"Wer zu Menschenrechtsverletzungen schweigt, der handelt nicht etwa unpolitisch - so wie es der Sport für sich in Anspruch nimmt", sagte Gyde Jensen (FDP) der Deutschen Presse-Agentur. "Sondern der setzt durch sein Schweigen ein eindeutiges politisches Zeichen, indem er die Zustände stillschweigend hinnimmt." Die DFB-Auswahl habe mit ihren Trikot-Aktionen in der WM-Qualifikation "das einzig Richtige getan", sie habe nicht länger geschwiegen.

Die Anti-Korruptions-Expertin und langjährige Sportfunktionärin Sylvia Schenk ist erstaunt über die jüngsten Aktionen mehrerer Fußball-Nationalmannschaften, darunter auch die der deutschen Auswahl. "Es sollte doch wohl um die Migrantenarbeiter auf den Baustellen Katars gehen. Da gibt es keinen Grund für Protest", sagte Schenk in einem Interview des "Spiegel". Dies sollte auch dem Deutschen Fußball-Bund bekannt sein. "Eigentlich dachte ich, beim DFB wüssten sie es besser."

Es sei von den Fakten abgekoppelt, was gerade in Deutschland, den Niederlanden, Norwegen und anderen Ländern laufe, sagte Schenk, die 2017 Mitglied in der Beratungsgruppe für Menschenrechte des Fußball-Weltverbandes FIFA wurde. Die Reformen in Katar seien real, es gebe große Fortschritte, betonte die 68-Jährige unter Berufung auf Vertreter internationaler Gewerkschaften. Natürlich wollten alle, dass es noch schneller gehe. Ein Boykott der Fußball-WM 2022 wäre aus ihrer Sicht völlig verkehrt: "Der würde nur die Beharrungskräfte in Katar stärken, anstatt die Reformkräfte zu unterstützen."

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hatte vor den Partien gegen Island und in Rumänien mit ihren Botschaften für die Einhaltung der Menschenrechte wie auch andere Auswahlteams Zeichen gesetzt. Auch für das Qualispiel gegen Nordmazedonien war eine Aktion geplant.

Jensen fordert weitergehendes Handeln auch bei der WM im Winter 2022. "Sportler und Verbände können die massive Öffentlichkeit, die weltweit durch eine Fußball-WM entsteht, auch nutzen, um die Aufmerksamkeit immer wieder auf Defizite in Menschenrechtsfragen zu lenken", sagte die menschenrechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. "Spieler könnten sich im Vorfeld der WM mit Menschenrechtsorganisationen treffen, um sich über die Lage in Katar zu informieren. Oder noch besser, sie könnten öffentlich NGOs unterstützen, die sich für die Rechte von Gastarbeitern einsetzen."

Der WM-Gastgeber steht seit der Vergabe im Jahr 2010 in der Kritik. Nach Recherchen des "Guardian" sind in den vergangenen zehn Jahren mehr als 6500 Arbeiter aus fünf asiatischen Ländern in dem reichen Emirat gestorben. Katars Regierung erklärte, dass sie in den vergangenen Jahren mit Reformen die Lage der Arbeiter deutlich verbessert habe. Auch der Weltverband FIFA weist regelmäßig auf Verbesserungen für die Arbeiter hin.

"Die Menschenrechtslage in Katar hat sich verbessert. Das berichten Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International", sagte Jensen. "Der vermehrte globale öffentliche Druck, der durch die Berichterstattung über die menschenunwürdigen Zustände beim Bau der WM-Stadien entstanden ist, hat sicherlich dazu beigetragen. Das ist aber nicht der Verdienst der FIFA, sondern der von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten." Die Verbesserungen seien aber "äußerst fragil".

Schenk sagte dazu, wenn die Zahlen auf den WM-Baustellen seit Jahren extrem hoch gewesen wären, hätte es schon früher einen Aufschrei gegeben. Tatsächlich seien insbesondere die Todesfälle auf den WM-Baustellen in den Jahren seit 2016 deutlich zurückgegangen, obwohl das Bauvolumen sogar zugenommen habe. Weder Amnesty International noch Human Rights Watch oder die internationalen Gewerkschaften forderten einen Boykott oder stützten sich auf die Zahl 6500.

© dpa-infocom, dpa:210331-99-46692/2

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