Afrika-Cup:Ungeeignet für goldene Prophezeiungen

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Sonst Partner in Liverpool, am Sonntag Gegner im Finale des Afrika-Cups: Sadio Mané (links) und Mo Salah. (Foto: Giuseppe Maffia/imago/ZUMA Press)

In manchen Bereichen ist Fortentwicklung zu sehen, aber das fußballerische Niveau war dürftig. Ein Weltmeister aus Afrika ist weiter nicht in Sicht. Immerhin gibt es im Finale das große Stürmer-Duell Salah gegen Mané.

Kommentar von Philipp Selldorf

Die deutschen Nationalspieler lachten und johlten, als sie in ihrem Teamquartier in Erba am Comer See beisammensaßen und das WM-Viertelfinale England gegen Kamerun schauten. Man schrieb den 1. Juli 1990. England war nach 26 Minuten durch David Platt in Führung gegangen, aber in der zweiten Halbzeit kam Kamerun zurück, und zwar gewaltig. Emmanuel Kundé und Eugéne Ekéké brachten den Außenseiter mit einem Doppelschlag in Führung, und die deutschen Spieler hatten ihren Spaß an der Demontage des designierten Halbfinal-Gegners. Bis ihr Teamchef Franz Beckenbauer das Wort ergriff: "Warum freut Ihr Euch so? Wollt Ihr etwa gegen Kamerun spielen?" Auf einmal johlte keiner mehr, "auf einmal war Ruhe", wie Beckenbauer später erzählte.

Die Deutschen bekamen es im Halbfinale dann zwar doch mit England zu tun, Gary Lineker rettete sein Team mit zwei Toren. Aber nicht nur der Prophet Beckenbauer deutete Kameruns kraftstrotzenden und unkonventionellen Auftritt als Erleuchtung, die in die Zukunft wies. Überall behaupteten Experten, dass mit Fußball aus Afrika künftig zu rechnen sei und die Weltmächte aus Europa und Südamerika bei den nächsten WM-Turnieren ernste Konkurrenz bekämen.

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An diesem Sonntag nun endet mit dem Finale zwischen Senegal und Ägypten die 31. Afrika-Meisterschaft, und die Weissagungen von damals sind erneut nicht eingelöst worden. Kein künftiger Weltmeister aus Afrika hat sich exponiert.

Senegals Trainer ist gewissermaßen der Christian Streich von Afrika

Was jedoch nicht heißt, dass sich der Stand des Fußballs nicht gesteigert hätte. Selbstredend ist es blödsinnig, von einem einzelnen Turnier auf die sportliche Entwicklung ganz Afrikas zu schließen, und es ist noch viel blödsinniger, über den afrikanischen Fußball zu urteilen, als ob der Kontinent Afrika ein homogenes Gebilde wie Niedersachsen wäre. Dennoch glichen sich viele Partien des Cups in Kamerun so sehr, als ob Verwandte und Nachbarn miteinander gespielt hätten.

Oft prägte ein gewisser Zufallsfaktor die Partien, in der Vor- und auch in der K.o.-Runde fehlten Tore - und den meisten der 24 Teilnehmer auch eine Strategie, um überhaupt Chancen für Treffer zu kreieren. Aber das ist auch nicht so verwunderlich. Die Spieler sind aus dem laufenden Ligen-Betrieb nach Kamerun gekommen, mit einem klassischen Jogi-Löw-Trainingslager in Südtirol hätte das Bild bei vielen Teams vielleicht anders ausgesehen - nichts kostet nun mal mehr Zeit und Mühe, als ein strukturiertes Offensivspiel einzustudieren.

Das teils schon ziemlich garstige sportliche Niveau des Afrika-Cups mag manchen verwöhnten Fan in Europa enttäuschen, der professionelle Standard der Spieler (und auch der Schiedsrichter) ist jedoch merklich gestiegen. Und dramaturgisch ist mit dem Endspiel-Aufeinandertreffen von Sadio Mané und Mo Salah ein Coup geglückt. So bringt der FC Liverpool als Arbeitgeber der Superstars und heimlicher Mitspieler des Turniers zusätzliches Publikum in aller Welt.

Beim Finalteilnehmer Senegal offenbaren sich die Qualitäten aber nicht nur im eindrucksvoll besetzten Kader, sondern auch auf der Trainerbank: Ex-Nationalspieler Aliou Cissé hatte als Junioren- und Co-Trainer angefangen, nun ist er seit sieben Jahren der Chefcoach - eine Amtsdauer, die ihn quasi zum Christian Streich im afrikanischen Nationen-Fußball macht. Nach einem Modell, das offenbar überall als Beispiel taugt - im Breisgau, im Senegal und im Rest der Welt.

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