Süddeutsche Zeitung

Fußball:Abwehr? Abwehr!

Das 0:0 gegen den FC Augsburg veranschaulicht gleichermaßen die Fortschritte und die Probleme der SpVgg Greuther Fürth. Am Ende hinterlässt das Resultat ein recht annehmbares Gefühl beim Tabellenletzten.

Von Sebastian Leisgang

Schon beim Anstoß ließen sich erste Vermutungen anstellen. Man konnte sich zwar noch nicht ganz sicher sein, ob es wirklich Abwehrspieler der SpVgg Greuther Fürth waren, die sich da unten auf dem Rasen eingefunden hatten, aber den Kleinen, der sich hinten links aufstellte, den konnte man für Jetro Willems halten. Der auf der anderen Seite des Platzes, der mit der Nummer 18, der hätte Marco Meyerhöfer sein können, der zwischen den beiden, der Große, der sah Maximilian Bauer ziemlich ähnlich - und dann gab es ja noch diesen Blonden, der einfach so tat, als wäre er auch Verteidiger, obwohl auf seinem Hemd Grießbeck stand, ein Name, den man in den vergangenen Jahren unter der Kategorie Mittelfeldspieler eingespeichert hatte.

Hatte es in den vergangenen Wochen nicht geheißen, Fürth habe keine Abwehr? War das nicht die generelle Branchenmeinung, nachdem die Spielvereinigung in dieser Saison in Stuttgart fünf Tore kassiert hatte, gegen Hoffenheim sechs und in Leverkusen sieben?

Zu viert standen sie also in einer Reihe, von links nach rechts, der Kleine, der Große, der Blonde und der mit der 18. Mit Gewissheit konnte man noch nicht sagen, ob es wirklich Verteidiger waren, als Schiedsrichter Sascha Stegemann das Spiel freigab, doch zwei Stunden später gab es dann keine Zweifel mehr: Ja, die Fürther haben tatsächlich sowas wie Abwehrspieler - und sie gehen jetzt sogar als solche durch, wenn auf ihrem Hemd Grießbeck steht.

"Natürlich sind wir vorangekommen", sagte Fürths Trainer Stefan Leitl am Samstagnachmittag, nachdem seine Mannschaft gerade die letzte Fußballwoche des Jahres hinter sich gebracht und in dieser vier ihrer erst fünf Punkte geholt hatte. 1:0 gegen Union Berlin, 0:3 bei Borussia Dortmund und jetzt dieses 0:0 gegen den FC Augsburg: Es ist ein recht annehmbares Gefühl, mit dem die Fürther am Wochenende ein Jahr beschlossen haben, das einer ziemlich rasanten Berg- und Talfahrt gleichkommt.

In den ersten sechs Monaten ging es hoch hinaus, Leitls Mannschaft stürmte und drängte, sie war gegen Heidenheim, Hannover und Hamburg derart erfolgreich, dass die Gegner schon bald Mainz, Mönchengladbach und München hießen. Jetzt waren die Fürther also ganz oben und bekamen dort in den vergangenen Monaten zu spüren, wie dünn die Luft ist. Zum Ende der Vorrunde haben die Fürther ja nicht nur mehr Gegentreffer kassiert (49) als in der gesamten Vorsaison (44) - sie haben auch mehr Spiele verloren (14) als Tore geschossen (13).

Gegen Augsburg hatte Fürths Torhüter Sascha Burchert derart wenig zu tun, dass er in der Dezemberkälte Trockenübungen vorführte

"Es gibt immer Dinge, die du verbessern kannst", meinte Leitl am Samstag und räumte dann ein: "Bei uns ist die Liste etwas länger." Aber, und das ist für die Fürther Psyche nicht zu vernachlässigen: Seine Mannschaft macht durchaus Fortschritte. Es gab in dieser Saison ja schon einige Spiele, da flogen Sascha Burchert die Bälle nur so um die Ohren. Gegen Augsburg hatte der Torhüter derart wenig zu tun, dass er in der Dezemberkälte von Fürth Trockenübungen vorführte. Im Laufe der ersten Hälfte sprintete er mal an den Mittelkreis, weil es das Spiel zuließ - und vor Beginn der zweiten Hälfte warf er sich am Elfmeterpunkt rechts und links auf den Boden, um auf Betriebstemperatur zu kommen.

Als der Ball dann wieder rollte, blieb Burchert zwar keine Zeit mehr für solche Einlagen, weil er nach nicht einmal 180 Sekunden bei einem Schuss von André Hahn gefragt war und Mitte der zweiten Hälfte durchatmen musste, als Ruben Vargas verzog - doch hinterher gestand Augsburgs Trainer Markus Weinzierl: "Die letzte Konsequenz hat gefehlt. Im Großen und Ganzen war es zu wenig."

Zu wenig für drei Punkte, zu wenig, um die Fürther Abwehr mit dem Großen und dem Blonden zu beeindrucken. So veranschaulichten die 90 Minuten gleichermaßen die Fortschritte und die Probleme der Spielvereinigung: Auf den letzten Metern des Jahres hat Leitls Mannschaft in der Defensive Halt gefunden, doch in der Offensive braucht es mehr, um Spiele zu gewinnen - zur Not mal ein Kopfballtor, wenn der Kleine einen Freistoß aus dem Halbfeld tritt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5491681
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/sewi
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.