Fußball:1860 öffnet sich für neue Investoren

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Hätten gerne Planungssicherheit: 1860-Trainer Daniel Bierofka (vorne) mit Geschäftsführer Markus Fauser. (Foto: dpa)
  • Der TSV 1860 München verschiebt die für den 2. Juli datierte Mitgliederversammlung.
  • Geschäftsführer Markus Fauser spricht gegenwärtig mit möglichen neuen Investoren.
  • Hasan Ismaik hätte das verhindern können - tat es aber nicht.

Von Philipp Schneider

Am Samstag endete auch für Hasan Ismaik der Fastenmonat Ramadan. Der jordanische Geschäftsmann und Investor des Fußball-Regionalligisten TSV 1860 München hatte sich in den vergangenen Tagen ein wenig zurückgezogen und Nachrichten eher sporadisch beantwortet. Das war allerdings vollkommen in Ordnung. Schließlich geht es erst jetzt so richtig rund im politischen Ringen um den traditionsreichen Fußballklub, der erst sportlich in die dritte Liga abgestiegen war und dann finanziell in die vierte, nachdem Ismaik die nötigen Zahlungen für den Spielbetrieb im Profibereich nicht hatte leisten wollen. Seit Sonntag stehen jedenfalls sämtliche Schachfiguren auf ihren vorbestimmten Plätzen.

Am Sonntag verschickte das Präsidium von 1860 eine Pressemitteilung, deren brisanter Inhalt sich schnell erschloss: Die ursprünglich für kommenden Sonntag, den 2. Juli, angesetzte Mitgliederversammlung werde verschoben, hieß es darin. Aber das war nur die vordergründige Nachricht. Die eigentliche Sensation folgte danach. Denn, so hieß es, "aktuell finden unter der Leitung von Geschäftsführer Markus Fauser konstruktiv verlaufende Gespräche zwischen den Gesellschaftern der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA und weiteren Partnern statt". Weitere Partner. Jetzt ist öffentlich: Fauser spricht gegenwärtig mit möglichen neuen Investoren.

Einerseits ist Fauser als Geschäftsführer einer mutmaßlich zahlungsunfähigen und völlig überschuldeten Fußballfirma zur Aufnahme dieser Gespräche verpflichtet. Sein Job ist es, den Fortbestand der Fußballfirma sicherzustellen und eine Insolvenz zu vermeiden. Andererseits bedeutete dies auch: Die Seite von Gesellschafter Ismaik, die nicht nur während des Ramadan von einem Hamburger Anwalt vertreten wird, hatte bis Sonntag die Zahlung der zur Existenzsicherung nötigen Gelder ganz offensichtlich nicht einmal in die Wege geleitet. Ansonsten gäbe es keinen Grund, weswegen Fauser Gespräche mit anderen Investoren aufnehmen sollte. Oder anders: Ismaik hätte diesen Schritt verhindern können. Das tat er - warum auch immer - allerdings nicht.

"Präsidium und Verwaltungsrat des TSV München von 1860 e.V.", hieß es weiter in der Mitteilung, "möchten den Mitgliedern auf der Versammlung eine klare und für alle nachvollziehbare Zukunftsstrategie für den Verein präsentieren". Die Präsentation dieser Zukunftsstrategie wäre mit dem kurzen zeitlichen Vorlauf vor dem 2. Juli allerdings nicht mehr möglich gewesen. Die Tagesordnung der Versammlung war ja bereits fixiert. Und auch die Frist für mögliche Anträge war schon abgelaufen. Mögliche neue Investoren kann es aber nur geben, wenn vorher die Mitglieder befragt werden, was schon aus der Einladung hervorgehen müsste.

"No. Nobody told me."

Artikel 11.3.6 der Vereinssatzung des TSV 1860 schreibt vor, dass das Präsidium die Zustimmung von Verwaltungsrat und Mitgliederversammlung einholen muss in Fällen von: "Erwerb und Gründung von Gesellschaften; Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen an Gesellschaften sowie Änderungen der Beteiligungsquote und Teilnahme an Kapitalerhöhungen gegen Einlagen an Gesellschaften".

Genau um diese Maßnahme wird es bei 1860 nun allerdings gehen müssen. Um eine Insolvenz zu vermeiden. Um den Klub in "ruhiges Fahrwasser" zu führen, wie es Fauser an seinem ersten Arbeitstag bei Sechzig genannt hatte. Um die Altlasten aus der vergangenen sportlichen Trümmersaison mit ihrer beispiellosen Hire- und Fire-Politik zu bezahlen, wird ganz schön viel frisches Geld benötigt. Dieses Geld wird mangels Alternativen entweder Ismaik aufbringen müssen, der den fatalen sportlichen Kurs gemeinsam mit dem weitgehend autark handelnden Präsidenten Peter Cassalette zu verantworten hatte - oder eben ein neuer Partner.

Eine naheliegende Möglichkeit, diesen neuen Investor an Bord zu holen, wäre eine Kapitalerhöhung in der KGaA. Also die Ausgabe von weiteren Anteilen im Gegenwert der Summe, die der neue Investor zahlt. Möglich auch, dass es zu einer Kapitalerhöhung kommt - und sich Ismaik weitere Anteile sichert. Die Folge wäre in jedem Fall eine Verwässerung der bisherigen Anteilsverhältnisse. Denkbar wäre also, dass der Jordanier in der Folge der Abstimmung noch mehr als die bisherigen 60 Prozent an 1860 besitzt - oder aber weniger. Weil sich dann ein neuer strategischer Partner in den Klub eingekauft hätte. Die Interessenten sollen, so ist zu hören, in Deutschland ansässig sein.

Auf die Frage, ob er von der Verschiebung der Versammlung gewusst habe, antwortete Ismaik nach deren Bekanntgabe am Sonntag der SZ: "No. Nobody told me." Niemand habe ihn eingeweiht in diesen Plan. Andererseits war es auch so: Der Jordanier wirkte nicht wirklich erzürnt. Warum auch? Jetzt hat er ja ebenfalls die Möglichkeit, Anträge einzureichen, die seine Position im Klub stärken können. Und lang warten muss er auch nicht: Die Ladungsfrist für eine ordentliche Mitgliederversammlung beträgt lediglich 14 Tage.

Auf die Frage, ob die Vertagung der Mitgliederversammlung eine gute oder schlechte Idee für 1860 sei, antwortete Ismaik nicht mit Zorn, sondern mit einer Gegenfrage: Wie man selbst darüber denke? Schließlich warf er leicht resignativ ein: "Dieser Klub ist sehr kompliziert." Das ist er zweifelsfrei. Selbst wenn ein Investor mehr Anteile haben möchte, muss er erst den basisdemokratischen Segen der Mitglieder einholen. Aber genau das macht 1860 München ja so sympathisch: Selbst in der vierten Liga ist er noch immer der komplizierteste Fußballklub der Welt.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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