Geschichten aus dem Fußball:Klopp kann's nicht glauben

Geschichten aus dem Fußball: Sieben Tore? Gegen Manchester United? Jürgen Klopp, Trainer des FC Liverpool, kann es ebenso wenig glauben wie das Publikum.

Sieben Tore? Gegen Manchester United? Jürgen Klopp, Trainer des FC Liverpool, kann es ebenso wenig glauben wie das Publikum.

(Foto: Michael Regan/Getty Images)

Liverpool gewinnt 7:0 gegen Manchester United, in Gladbach wird jetzt auf französisch gegen Schiedsrichter geschimpft - und beim HSV kommen Optimisten und Pessimisten auf ihre Kosten. Geschichten vom Fußball-Wochenende.

Von Javier Cáceres, Anna Dreher, Ulrich Hartmann und Markus Schäflein

Rekord in Anfield: Der FC Liverpool hat mit einem beeindruckenden Kantersieg gegen Manchester United seine Ambitionen unterstrichen, doch wieder einen Champions-League-Platz zu ergattern. Das Team des zunehmend ungläubig dreinblickenden Trainers Jürgen Klopp setzte sich am Sonntag mit 7:0 (1:0) gegen das zuvor seit elf Spielen ungeschlagene United durch. Es war der höchste je erzielte Erfolg für die Reds in diesem prestigeträchtigen Vergleich.

Doppelpacks von Cody Gakpo (43./50. Minute), Darwin Nunez (47./75.) und Mohamed Salah (66./83.) sowie ein Treffer von Roberto Firmino (88.) sorgten vor dem ekstatischen Publikum in Anfield für den auch in der Höhe verdienten Achtungserfolg. Salah ist mit 129 Toren in 205 Spielen nun Liverpools Rekordtorschütze in der Premier League.

Liverpool übernahm vor eigenem Publikum vom Start weg die Kontrolle über die Partie. United fand erst kurz vor der Halbzeitpause ins Spiel, doch dann traf Gakpo zur Führung für die Gastgeber. Nach der Pause und dem schnellen Treffer von Nunez war die Klopp-Elf wieder das klar überlegene Team und führte den zunehmend frustrierten Gegner regelrecht vor. Damit verbesserte sich der in dieser Saison so oft formschwankende FC Liverpool in der Premier-League-Tabelle auf Platz fünf und ist wieder in Reichweite der Champions-League-Qualifikation. Die Reds haben drei Punkte Rückstand auf den Tabellenvierten Tottenham Hotspur, aber ein Spiel weniger absolviert als die Spurs.

Wer solche Spiele gewinnt ...

Geschichten aus dem Fußball: Reiss Nelson erzielt das 3:2 in der 97. Minute für den FC Arsenal gegen Bournemouth.

Reiss Nelson erzielt das 3:2 in der 97. Minute für den FC Arsenal gegen Bournemouth.

(Foto: Imago/Colorsport)

Wenn der Tabellenführer daheim den Tabellenvorletzten empfängt, völlig unerwartet 0:2 in Rückstand gerät, sich dann aber aufbäumt und doch noch gewinnt, wobei das erlösende 3:2 in Minute 97 fällt - dann, ja dann ist das ein sonnenklarer Fall für eine uralte Fußballphrase, die da lautet: Wer solche Spiele gewinnt, der wird Meister! Somit hat der FC Arsenal spätestens seit Samstag vorzügliche Chancen auf den Titel in der Premier League. Nachdem sich Serienmeister Manchester City gegen Newcastle zu einem 2:0 gekämpft hatte, kassierte Arsenal gegen Bournemouth das zweitschnellste Tor der Ligahistorie, nach präzise 9,11 Sekunden - und sogar noch einen zweiten Nackenschlag. Erst nach gut einer Stunde gelang den Gunners der Anschlusstreffer, kurz darauf fiel das 2:2. Doch auch das wäre bitter gewesen, daheim gegen einen Underdog, denn dann wäre ManCity wieder bis auf drei Punkte herangerückt. Aber nach der letzten Ecke traf Reiss Nelson aus dem Rückraum (3:2/90.+7) - so wurde ein vermeintlicher Pflichtsieg zu einem emotionalen Riesenspektakel.

Plötzlich brodelt's

Geschichten aus dem Fußball: Gelb-Rote Karte für Ramy Bensebaini in Mönchengladbach durch Schiedsrichter Benjamin Brand.

Gelb-Rote Karte für Ramy Bensebaini in Mönchengladbach durch Schiedsrichter Benjamin Brand.

(Foto: Revierfoto/Imago)

Es ist diskutabel, ob von Haltung zu sprechen ist, wenn ein Fußballer einen Schiedsrichter als Nachfahre eines Freudenmädchens diskreditiert. "Fils de Pute" soll Gladbachs Algerier Ramy Bensebaini gezischt haben, nachdem er von Referee Benjamin Brand wegen Ballwegschlagens und Hohnapplaus Gelb-Rot erhalten hatte. "Haltung", hatte ja Gladbachs Trainer Daniel Farke zuvor von seinen zum Phlegma neigenden Spielern gefordert. Und nun das: In Bensebaini hat's gebrodelt beim 0:0 gegen Freiburg. So wird der Borussia-Park offenbar zum Nährboden für Beleidigungen. Kürzlich hatte hier Julian Nagelsmann die Schiedsrichter als "weichgespültes Pack" bezeichnet, was ihn 50 000 Euro kostete. Und auch für Bensebaini könnte es teuer werden, der DFB ermittelt. Keine Folgekosten zu befürchten haben sein Kollege Marcus Thuram, der mit einer Schwalbe die Gemüter erhitzte - und Farke selbst, der grimmig jenseits der Coaching-Zone unterwegs war und im Zuge von Gladbachs Bemühungen um mehr Lebendigkeit die erste gelbe Karte seiner Karriere sah.

Kreuzweg

Geschichten aus dem Fußball: Christopher Nkunku sitzt beim 1:2 seiner Leipziger bei Borussia Dortmund auf dem Rasen, er verletzt sich während des Spiels.

Christopher Nkunku sitzt beim 1:2 seiner Leipziger bei Borussia Dortmund auf dem Rasen, er verletzt sich während des Spiels.

(Foto: Teresa Kroeger/Imago/Nordphoto)

Leipzigs Trainer Marco Rose wurde in der DDR sozialisiert und begegnete dem christlichen Glauben als er in Mainz Fußballprofi war, er bete seither gern und oft. Seit dem 1:2 vom Freitag bei Borussia Dortmund weiß man, dass Rose auch des mea culpa mächtig ist. Er ärgerte sich über kleine und umgehend bestrafte Unterlassungssünde: Er hätte, so sagte er, den nach langer Konvaleszenz quasi noch im Aufbau befindlichen Stürmer Christopher Nkunku auswechseln müssen, nun teilte der Klub mit, dass der teamintern "Christo" gerufene Nkunku über den Anriss einer Muskelfaser klagt. Ein Profi sühnt derlei mit einer Ausfallzeit von bis zu vier Wochen. Der Martyrien war nicht genug: Xaver Schlager erlitt, ebenfalls in Dortmund, einen Riss des Syndesmosebandes; derlei zieht acht Wochen Pause nach sich. Damit zeichnet sich ab, dass die ausstehenden, zurzeit 13 Saisonstationen (elf Bundesligaspiele, Viertelfinale im Pokal gegen den BVB, Achtelfinalrückspiel in der Champions League bei Manchester City) zum Leidensweg werden. Ob ein Rosenkranz hilft?

Siegesserie reißt

Geschichten aus dem Fußball: Tabea Waßmuth, Lena Oberdorf und Dominique Janssen nach der Niederlage des VfL Wolfsburg gegen Hoffenheim.

Tabea Waßmuth, Lena Oberdorf und Dominique Janssen nach der Niederlage des VfL Wolfsburg gegen Hoffenheim.

(Foto: Darius Simka/Imago/regios24)

Gerade einmal 45 Sekunden waren vorbei, als Nationalspielerin Jule Brand den VfL Wolfsburg gegen ihren Ex-Klub TSG Hoffenheim in Führung brachte. Alles wie immer also, dürften unter den 3523 Zuschauern viele vermutet haben - aber denkste! Auf ein Eigentor von Felicitas Rauch (44. Minute) und den Treffer von Nicole Billa (70.) fand der Tabellenführer der Frauen-Bundesliga keine Antwort mehr - und verlor 1:2. Für das Team von Trainer Tommy Stroot waren es die ersten Punktverluste dieser Spielzeit, zudem endete damit die VfL-Serie von saisonübergreifend 23 Ligasiegen. Letztmals hatten die Wolfsburgerinnen im Oktober 2021 verloren, ebenfalls gegen Hoffenheim. "Vielleicht war es ein Dämpfer zur rechten Zeit", sagte Alexandra Popp mit Blick auf das Wolfsburger Champions-League-Viertelfinale gegen Paris (22. und 30. März) sowie das Liga-Duell mit Verfolger FC Bayern am 25. März. Die Münchnerinnen nutzten am Sonntag in Bremen mit einem 2:0-Sieg die Chance, ihren Rückstand auf zwei Punkte zu verringern.

Das Dreigestirn

Geschichten aus dem Fußball: Jan-Niklas Beste vom FC Heidenheim erzielt den 1:0-Siegtreffer gegen Darmstadt 98.

Jan-Niklas Beste vom FC Heidenheim erzielt den 1:0-Siegtreffer gegen Darmstadt 98.

(Foto: Sascha Walther/Imago/Eibner)

Am Samstagnachmittag hatte der Hamburger SV im Aufstiegskampf der zweiten Liga seine Aufgabe gegen Nürnberg erledigt (3:0), und am Abend sah er zu, was die anderen machten: Heidenheim besiegte Darmstadt 98 durch einen späten Treffer (89.) von Jan-Niklas Beste 1:0. Optimistische Hamburger merken an, dass der Rückstand auf Tabellenführer Darmstadt nur noch einen Punkt beträgt. Pessimisten, die es rund um den HSV ja auch geben soll, stellen fest, dass der Vorsprung auf den FCH und den Relegationsplatz weiter bloß zwei Zähler beträgt. Jedenfalls dürfte es auf einen Dreikampf herauslaufen, Paderborn auf Platz vier liegt bereits sieben Zähler hinter Heidenheim. Jeder Klub aus dem führenden Dreigestirn kann nur noch ein Ziel haben: direkt aufsteigen, die Relegation vermeiden. FCH-Trainer Frank Schmidt betonte: "Wir sind zwar Dritter, aber wir sollten uns vom Kopf her nicht beschränken." Das will auch 98-Coach Torsten Lieberknecht nicht: "Wenn man nach 21 Spielen das erste Mal verliert, weiß man, dass man vorher viel richtig gemacht hat."

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