Führungskrise bei 1860 München:Klares Votum für Schneider

Im Machtkampf bei Zweitligist 1860 München positioniert sich der Aufsichtsrat deutlich für Präsident Dieter Schneider - die KGaA um Geschäftsführer Robert Schäfer sagt daraufhin alle Transfertätigkeiten ab. Damit wird klar: Investor Ismaik geht es nicht mehr ums Sportliche.

Markus Schäflein und Philipp Schneider

Die Hoffnung stirbt zuletzt, in diesem Fall starb die vage Aussicht auf irgendeine Einigung am Donnerstagnachmittag: Hasan Ismaik, so hieß es, sollte an diesem Freitag mit einem Privatjet in München einfliegen, um in einem Gespräch mit Dieter Schneider einen letzten Versuch zu starten, sich doch noch zusammenzuraufen. Doch Ismaik sagte ab - angeblich per Email, "aus Termingründen".

Showdown bei den ´Löwen": Investor gegen Präsident

Gewinner, Verlierer: Präsident Dieter Schneider (rechts) und Investor Hasan Ismaik.

(Foto: dpa)

Der arabische Investor hatte zuletzt über seinen Münchner Unterhändler Hamada Iraki den Rücktritt Schneiders als Präsident des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München gefordert. Ansonsten gebe es kein Geld für Transfers in der Winterpause. Dabei hatte der Investor, der 49 Prozent der stimmberechtigten KGaA-Anteile hält, auf den Aufsichtsrat des e.V. (51 Prozent) gebaut, dem Iraki zuletzt in einer siebenstündigen Sitzung dringend nahegelegt hatte, Schneider zum Rücktritt zu drängen. Die Taktik, am nächsten Tag einen Pressebericht mit den Namen möglicher Zugänge ("Stars - oder Schneider") zu lancieren, ging allerdings völlig daneben. Viele Fans sprachen von Erpressung, auch im Aufsichtsrat des Vereins sorgte die Aktion für große Verstimmung.

Wie das Gremium unter dem Vorsitz von Otto Steiner zu Schneider stand, blieb dennoch lange offen - bis Donnerstagabend. Da schrieb der Aufsichtsrat nach einer erneuten Sitzung am Donnerstagmorgen in einer Pressemitteilung: "Wir werden nicht gegen die Interessen unseres Vereins und unter Druck von außen, der durch das Verhalten einzelner Personen erzeugt ist, personelle Konsequenzen beschließen, die gegen den mehrheitlichen Willen unserer Fans und Mitglieder sind. Hierbei berücksichtigen wir auch in vollem Umfang die Richtlinien der Deutschen Fußball-Liga hinsichtlich des mit dem Investor geschlossenen Kooperationsvertrages." Schneider habe "weiter den klaren Auftrag durch den Aufsichtsrat, die Interessen des Vereins mit aller Kraft und nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten." Die Wortwahl könnte deutlicher nicht sein. Schneider hatte "eine klare Meinungsäußerung des Aufsichtsrats" erbeten und diese nun erhalten - zu seinen Gunsten.

Die Retourkutsche der Investorenseite ließ nur 17 Minuten auf sich warten. Dann kam erneut eine Pressemitteilung, diesmal von der KGaA. Deren Geschäftsführer Robert Schäfer übermittelte prompt die trotzige Reaktion des Investors auf den ablehnenden Bescheid des Aufsichtsrats zu Schneider. Ohne nähere Erläuterungen hieß es: "Die TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA ist aufgrund der jüngsten Entwicklungen dazu gezwungen, sämtliche Transferbemühungen einzustellen. Es war geplant, die Lizenzmannschaft punktuell und entsprechend unserer Philosophie zu verstärken." Ungewöhnlich, dass ein Verein mitteilt, dass er keinen neuen Spieler verpflichtet. Schäfer belegt mit dieser offensichtlich politisch motivierten Pressemitteilung, dass er sich in dem Machtkampf klar auf die Investorenseite gestellt hat.

Unklare Motive

Recht verhohnepipelt müssen sich in diesem Zusammenhang Trainer Reiner Maurer und Sportdirektor Florian Hinterberger vorkommen, die in wochenlanger Arbeit Verhandlungen mit den drei Fußballern Tzavellas, Wojtkowiak und Koman geführt hatten, die nun als Bauern vom Schachbrett flogen. "Ein besonderer Dank" gehe an die sportliche Leitung, teilte der Geschäftsführer mit, die "sehr gute Optionen erarbeitet" habe, "die unserer Mannschaft sofort weitergeholfen hätten". Wenn sich derartige Gepflogenheiten in der Branche herumsprechen, wird die Kontaktaufnahme zu Spielern, Beratern und anderen Vereinen in der Zukunft nicht gerade einfacher.

Deutlich wird, dass es Ismaik - zumindest in dieser Phase - rein gar nicht ums Sportliche geht, schließlich hätten die drei Spieler ja "sofort weitergeholfen". Vorerst geht es ausschließlich um die Machtübernahme. Der erste Versuch, in Präsident Schneider den letzten Gegenspieler loszuwerden, ist gescheitert. Über weitere Motive kann man derzeit nur spekulieren - es wäre indes nachvollziehbar, wäre Ismaik genervt von Schneiders Popularität. Schließlich hat er 18,4 Millionen Euro investiert, noch einmal 2,3 Millionen hinterhergeschoben und weitere Millionen angekündigt - und ist dennoch nicht richtig beliebt.

Während Schneider bei der Wahl der AZ zur "Sportpersönlichkeit des Jahres" mit 20 Prozent der Stimmen auf Platz eins landete, musste sich Ismaik mit drei Prozent und dem vorletzten Rang begnügen - hinter Josef Köck von den Unterhachinger Volleyballern. Ismaiks Problem scheint zu sein, dass die Menschen bei Sechzig Schneider als den Retter sehen - und nicht ihn selbst. Sie feiern denjenigen, der die Weichen so stellte, dass sich überhaupt jemand fand, der Geld in den maroden Klub investierte.

Die Menschen bejubeln nicht das Geld an sich - geschweige denn den Geldgeber. Zumal Ismaik vielen noch immer suspekt erscheinen muss, weil er einige Versprechen nicht gehalten hat. Eigentlich wollte sich Ismaik eine Wohnung in München suchen: offenbar bisher nicht geschehen. Eigentlich wollte er regelmäßig zu Heimspielen erscheinen: nicht geschehen. Seit Unterzeichnung des Kooperationsvertrages lassen sich Ismaiks Besuche an einer Hand abzählen. Und wenn er erschien, dann nie mit relevanten Botschaften, sondern als Li-La-Launebär ("Ich bin hierher gekommen, um Leute glücklich zu machen"). Kein Wunder, dass er am Freitag nicht kommt.

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