Führungskrise bei 1860 München:Irakis Vorwürfe ohne Belege

Der Machtkampf wird immer schmutziger: Im Führungsstreit bei Zweitligist 1860 München attackiert Unterhändler Hamada Iraki Präsident Dieter Schneider persönlich - Aufsichtsratschef Otto Steiner widerspricht ihm. Am Freitag bestätigte Stefan Aigner seinen Abschied von 1860. Aus eindeutigen Gründen.

Philipp Schneider

Als im Herbst der Werbevertrag mit dem Trikotsponsor unterzeichnet wurde, war Hasan Ismaik nicht da. Auch nicht, als kürzlich auf den letzten Drücker eine Einigung darüber erzielt wurde, mit welcher Art von Darlehen er die Etatlücke des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München von 2,3 Millionen Euro schloss. Und wenn es um die vielen Konflikte zwischen dem Verein und dessen Präsident sowie dem Investor ging, war Ismaik ebenfalls nie anwesend. Anwesend war immer nur Hamada Iraki, der Münchner Unterhändler des Investors Ismaik.

Hamada Iraki, Dieter Schneider

Damals noch einig: Präsident Dieter Schneider (links) und Hamada Iraki im Mai 2011.

(Foto: dpa)

An diesem Wochenende ist es nun wieder Iraki, der sich mit Interviews im Münchner Boulevard (AZ, tz) zu Wort meldet. Er fühlte sich wohl herausgefordert, nachdem diese Woche bundesweit von einem Erpressungsversuch der Investorenseite berichtet worden war; diese hatte den Aufsichtsrat gedrängt, Präsident Dieter Schneider zum Rücktritt zu drängen.

Nachdem dies gescheitert war, hatte Iraki trotzig den Stopp von Wintertransfers verkündet. In den Interviews erhebt Iraki nun schwere Vorwürfe gegen Schneider - allerdings ohne diese zu belegen. "Herr Schneider hat Herrn Schäfer (Geschäftsführer; d. Red.) öffentlich nicht nur für zwei Finanzlöcher verantwortlich gemacht", behauptete Iraki, "er hat ihm auch eigenmächtiges Handeln bei einem Darlehen und einer Vollmacht vorgeworfen." Und weiter: "Dabei stammten beide Ideen von Schneider!"

Nach Angaben von Otto Steiner, dem Aufsichtsratschef des e.V., erhob Iraki bereits in der Sitzung seines Gremiums am Mittwoch die gleichen Vorwürfe. Schon damals konnte er sie nicht belegen: Weil sich Irakis Vorwürfe auf ein "Vier-Augen-Gespräch mit Schneider stützen", bestätigte Steiner am Freitagabend auf SZ-Anfrage. Auch wirft Iraki nun Schneider vor, er habe sich nicht an eine Abmachung halten wollen, die Fanartikel-GmbH des Vereins an die Investorenseite zu veräußern.

"Es war eine Bedingung unseres Einstiegs, dass wir die Vermarktung und die Fanartikel-GmbH übernehmen", sagte Iraki: "Wenn man sich im Nachhinein an Vereinbarungen nicht mehr halten - oder nicht mehr erinnern - möchte, dann ist das nicht unsere Schuld." Auch für diese Behauptung gibt es bisher keinerlei Belege.

Aufsichtsrat Steiner betonte sogar, Schneider habe den Verkauf der Fanartikel-GmbH zu keiner Zeit verhindern wollen. "Herr Iraki ist aus den Gesprächen um den Kooperationsvertrag mit dem Ergebnis heraus gegangen, dass ihm die Fanartikel-GmbH zugesagt wurde", so Steiner zur SZ: "Das bestreitet Dieter Schneider auch gar nicht - er sagt bloß, dass die genauen Konditionen des Verkaufs nicht endgültig festgemacht worden sind." Folgt man Steiners Argumentation, so bleibt von Irakis Vorwurf übrig, dass Schneider versuchte, die Fanartikel GmbH zu den bestmöglichen Konditionen abzutreten. Dabei ist dies nicht nur die Aufgabe, sondern vielmehr die Pflicht eines Vereinspräsidenten.

Der Machtkampf wird schmutziger

Der Machtkampf wird demnach immer schmutziger. Mit Folgen: Am Freitag hat Flügelstürmer Stefan Aigner seinen Abschied von 1860 zum Sommer bestätigt - als Grund für seinen Weggang gab er das dauerhafte Mobbing des Investors gegen Präsident Schneider an: "Das war für mich einer der Hauptgründe für meinen Entschluss, bei 1860 nicht zu verlängern. Ich finde es unmenschlich und absolut unfair, so auf einen Mann loszugehen, der den Verein gerettet hat."

Schneider selbst hatte sich am Freitag noch zuversichtlich gegeben. Er durfte ja die mit Verve vorgetragene Rückendeckung des Aufsichtsrats, die dem Erpressungsversuch gefolgt war, als Bestätigung verstehen. Dennoch ging er erneut auf Iraki zu: "Es geht nicht darum, dass irgendwer nun gewonnen hat", sagte er. "Ich sehe das Votum als Auftrag, dass wir uns nun noch einmal an einen Tisch setzen, um unsere Zukunft gemeinsam positiv zu gestalten."

Dass Iraki nun massiv öffentlich Präsident Schneider angreift, verheißt nichts Gutes für die Harmonie im Klub während der anstehenden Verhandlungen mit der Deutschen Fußball-Liga. Irakis Blockade der Wintertransfers war ja bislang nur ein virtuelles Druckmittel. Aus dem gleichen Grund erfolgte ja auch keine Intervention der DFL nach der faktischen Erpressung des 1860-Aufsichtsrates durch den Investor: Weil Wintertransfers keine existenzielle Bedeutung haben für das Überleben der Fußball-KGaA.

Spätestens im März indes, wenn das nächste Lizenzierungsverfahren bei der DFL ansteht, könnte erneuter Druck auf den Aufsichtsrat des Mehrheitsgesellschafters 1860 und dessen Klubchef nicht ohne Folgen bleiben. Denn dann ginge es um die Existenz der KGaA, was dann auch die DFL interessieren wird.

Dieter Schneider müsste wohl mal selbst über all diese Themen reden mit Ismaik, der bald in München erscheint. Denn der Eindruck drängt sich auf, dass die komplizierte Kooperation mit ihm keinen neuen Klubpräsidenten benötigt. Sondern einen besonnenen Unterhändler des Investors.

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