Der Vereinspräsident kam mit dem Aufzug hinabgesaust, hinunter von der dritten Etage der Geschäftsstelle des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München bis ins Erdgeschoss. Dort traf er dann mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats zusammen, der die Treppe für seinen Abstieg gewählt hatte. Es war 2:47 Uhr in der Früh, fast sieben Stunden hatten die Mitglieder des Aufsichtsrates beraten.
Dann erst traten Präsident Dieter Schneider und Otto Steiner, der Vorsitzende des Gremiums, hinaus in die Kälte. Ihre Augen trugen Spuren von Müdigkeit und Steiners Stimme die von Heiserkeit: "Erst einmal Entschuldigung, dass es so lange gedauert hat", sagte er. Man habe jetzt "nur direkt auch mit Hamada Iraki und Hasan Ismaik kommuniziert, über das, was heute Abend besprochen und beschlossen wurde".
"Vorab, es war eine positive und gute Nacht für 1860", bilanzierte Steiner. Denn: "Der Aufsichtsrat ist einverstanden, dass Sven-Göran Eriksson in den Trainerstab von 1860 hinzustößt. Alexander Schmidt wird Trainer bleiben. Robert Schäfer (Geschäftsführer der KGaA; Anm. d. Red.) ist beauftragt, in den nächsten Tagen mit beiden Gespräche zu führen und die Aufgabenteilung zu klären."
Ismaiks Wunsch-Trainer
Bereits seit dem Mittwoch vergangener Woche hatten die Vereinsvertreter bei 1860 über ein Kompromiss-Papier des jordanischen Investors Hasan Ismaik beraten, das dieser nach einer eskalierten Aufsichtsratssitzung beider Gesellschafter der gemeinsamen Profifußball-Abteilung und noch vor seiner Abreise nach Abu Dhabi den Vereinsvertretern zur Prüfung hinterlassen hatte. Der Vorschlag war von seinem Geschäftspartner Hamada Iraki erstellt worden - und hatte nach SZ-Informationen bereits explizit den Namen von Ismaiks Wunsch-Trainer Sven-Göran Eriksson enthalten.
Man habe "den Kompromissvorschlag von Hasan Ismaik und Hamada Iraki auf dem Tisch gehabt" und diesen "ausführlich diskutiert". Schließlich habe ihn der Aufsichtsrat "ohne Gegenstimme gebilligt", sagte Steiner. Die Sitzung habe sich demnach auch deshalb so hingezogen, weil noch Details zu klären gewesen wären. "Einige Sachen gemäß der 50+1-Regel der DFL (Deutsche Fußball Liga)", waren "noch modifiziert und auch diskutiert und besprochen und auch gegenseitig abgenommen" worden, sagte Steiner.
Diese Formulierung war aus juristischer Sicht nicht ganz unwichtig, denn um zwei Fragen könnte es in den nächsten Wochen tatsächlich noch gehen: Hat der e. V. am Ende dieser turbulenten Woche nur einem Wunsch von Hasan Ismaik entsprochen - der an der Schnittstelle der sportlichen Leitung so leidenschaftlich gerne einen Vertrauensmann installieren wollte? Oder waren die Vereinsvertreter von dem jordanischen Geschäftsmann mit finanziellen Mitteln, wenn auch indirekt, unter Druck gesetzt worden? Denn die "50+1"-Regel der DFL schreibt in Deutschland vor, dass die Vereine stets die politische Entscheidungshoheit bewahren - und mögliche Investoren nicht mehr Mitsprache erhalten, als es ihre (maximal) 49 Prozent stimmberechtigten Anteile an der Profifußball-Abteilung zulassen.