Süddeutsche Zeitung

Führungsprobleme beim TSV 1860 München:Chance in den Tagen des Irrsinns

Ismaik? Meidert? Steiner? Schäfer? Das Votum der Löwen-Delegierten richtete sich gegen Hep Monatzeder, den erfolglosen Verwalter der Vergangenheit. Die Konsequenz kann nur der Rücktritt aller ebenso langjährigen Aufsichtsräte sein - dank Satzungsreform haben die Mitglieder bald die Chance, selbst darüber zu richten, wer für das Chaos verantwortlich ist.

Ein Kommentar von Philipp Schneider

Die Tage des Irrsinns beim TSV 1860 München sind nun mit der Nichtbestätigung von Präsident Hep Monatzeder beeindruckend konsequent fortgesetzt worden. Beendet sind sie nicht, denn wenn eines sicher ist im von Seilschaften, Intrigen und Mauscheleien durchsetzten Tollhaus Sechzig: Es geht immer noch schräger. Das deutliche Votum der Delegierten (66:130 Stimmen) gegen den Wunschkandidaten des Aufsichtsrats um den Vorsitzenden Otto Steiner stürzt den Verein abermals in ein Machtvakuum.

Von dem profitieren - mit Ausnahme des Übergangspräsidiums - mal wieder alle Funktionsträger beim Fußball-Zweitligisten. Wenn zuvor keine Kündigung ergeht, wird sich der Vertrag von Geschäftsführer Robert Schäfer Ende Mai wie von Geisterhand verlängern, die Kontrakte von Sportchef Hinterberger und Trainer Schmidt sind gerade erst erneuert worden.

Und Steiner und seine Gremiumskollegen haben offenbar noch nicht die richtigen Schlüsse aus diesem Wahlfiasko gezogen, das sie mindestens in gleicher Weise zu verantworten haben wie Monatzeder. Denn der Grünen-Politiker entstammte dem Aufsichtsrat selbst, zu ihm habe es auch "keine Alternative" gegeben, wie Steiner jetzt erneut erklärte (was eine Bankrotterklärung ist für diejenigen, die sie zu suchen gehabt hätten). Mit dem krachenden Beschluss der Delegierten ist auch der angeblich zum Wohle des Vereins erdachte Putsch gegen Dieter Schneider gescheitert.

Die Konsequenz kann nur der Rücktritt aller langjährigen Mitglieder des vermeintlichen Kontrollgremiums sein. Denn die Benennung Monatzeders war der Geburtsfehler des neuen Präsidiums, der Kandidat hat das sogar selbst eingestanden, als er versprach, Vize-Präsidenten zu finden, die nicht "in irgendwelchen Verwerfungen drin sind". Als ewiger Aufsichtsrat bei Sechzig war Monatzeder an so vielen Verwerfungen (Arenabau, Fastinsolvenz) beteiligt, dass es ihm nicht mehr half, zwei Namenlose für die ehrenwerten Nebenämter zu finden. So geriet seine Wahlkampfrede zwangsläufig zum glanzlosen Rechtfertigungsvortrag.

Die Kritik der Delegierten richtete sich gegen Monatzeder, den erfolglosen Verwalter der Vergangenheit. Nicht aber gegen Mr. Hep, der Investor Hasan Ismaik gegen den Verein aufbrachte. Der ewig polternde jordanische Geschäftsmann liegt falsch, sollte er das Wahlergebnis nun als Bestätigung seiner Politik interpretieren. Ismaik könnte sich schon sehr bald wundern, wie wenig ihm die abermals anstehende Personalrochade gefallen wird. Nachdem er nun bereits den zweiten Präsidenten an den Rand des Wahnsinns getrieben hat, ist auch den Vereinsmitgliedern endgültig klar geworden, welch unberechenbarer Partner Ismaik ist.

Und dem selbsternannten Kandidaten Erich Meidert wird es bei der Mitgliederversammlung kaum helfen, dass er schon vorsprechen war in Abu Dhabi. Monatzeder war zweimal da.

Monatzeder? Ismaik? Meidert? Steiner? Schäfer? Hinterberger? Schmidt? Noor Adnan Hasan Basha? Es ist wohl nur bei Sechzig möglich, dass die Mitglieder einfach alle für untragbar halten. Dank Satzungsreform haben sie bald die Chance, selbst darüber zu richten, wer für das Chaos verantwortlich ist.

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SZ vom 27.4.2013/jbe
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