Süddeutsche Zeitung

Führung der Fifa:Blatter kokettiert mit Rücktritt vom Rücktritt

  • Über einen persönlichen Berater lanciert Sepp Blatter die Möglichkeit, doch Fifa-Chef bleiben zu wollen.
  • PR-Berater Klaus J. Stöhlker sagt: "Es ist schwer, jemanden zu finden, der ebenbürtig ist."
  • Ein Versuchsballon des 79-Jährigen, wie die Reaktion darauf ausfällt?

Von Thomas Hummel

Joseph S. Blatter lässt prüfen, ob er nicht doch im Amt des Fifa-Präsidenten bleiben kann. Im Hinblick auf eine Neuwahl im Dezember erklärte Blatters PR-Berater Klaus J. Stöhlker der Zeitung Schweiz am Sonntag: "Es ist schwer, jemanden zu finden, der ebenbürtig ist. Blatter hat den Verband zu einem globalen, sehr erfolgreichen Konzern aufgebaut - und er ist ein Spitzendiplomat." Für Stöhlker ist darum klar: "Blatter hat eine faire Chance. Es kommt nun drauf an, wie er sich in den nächsten Monaten verhält." Und Stöhlker betont: "Blatter ist der gewählte Präsident."

Stöhlker war Blatters persönlicher Berater bei dessen Wiederwahl Ende Mai. Deshalb ist davon auszugehen, dass dessen Aussagen mit dem Chef des Fußball-Weltverbands abgesprochen sind. Demnach sollen Verbände aus Asien und Afrika verhindern wollen, dass der 79-Jährige Blatter wie von ihm angekündigt vorzeitig zurücktritt. Angeblich fühle sich der Präsident davon geehrt und schließe nicht aus, sein Amt fortzuführen.

Sind die Aussagen ein Versuchsballon? Wie die Fußballwelt darauf reagieren würde? In Afrika soll es weiterhin viele Blatter-Unterstützer geben. Asien allerdings, mit dem mächtigen Strippenzieher Ahmad Al-Fahad Al-Sabbah, scheint sich von Blatter abzuwenden.

Nach den Verhaftungen einiger ranghoher Fifa-Mitglieder hatte sich Blatter Ende dennoch vom Kongress mit großer Mehrheit der 209 Verbände als Präsident bestätigen lassen. Es ist seine fünfte Amtszeit seit 1998. Die Festnahmen resultierten aus Ermittlungen des FBI wegen des Verdachts der Korruption. Keine 100 Stunden später kündigte er dann überraschend seinen Rücktritt und baldige Neuwahlen an.

Kritik von Transparency International

Die FIFA gab am Sonntag auf SID-Anfrage keinen Kommentar zu dem Zeitungsbericht ab. Die Presseabteilung verwies lediglich auf Blatters Aussagen bei seiner Rücktrittsankündigung vom 2. Juni.

Für Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk erscheint eine Rolle rückwärts des umstrittenen FIFA-Bosses auch undenkbar: "Nach dem, was er da vorgeführt hat, kann er nicht weitermachen. Das würden auch die Sponsoren und sonst niemand anderes mitmachen. Das weiß Blatter auch", sagte die Leiterin der Arbeitsgruppe Sport von Transparency International. Allerdings trauen dem Schweizer einige Kritiker alles zu, auch das Festhalten am Amt trotz aller Volten zuletzt. Wobei dann den kritischen Verbänden vor allem aus Europa wohl nichts anderes mehr übrig bleiben würde, als aus der Fifa auszutreten.

Zuletzt hatte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach mit einer Zehn-Punkte-Agenda an die 6,8 Millionen Mitglieder des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit einem genauen Maßnahmenkatalog als einer der wenigen international anerkannten Funktionäre klar Position bezogen. Dies war von vielen als möglicher erster Schritt für eine Bewerbung um das FIFA-Präsidentenamt bewertet worden.

Laut Schweiz am Sonntag sei Blatters Sinneswandel auch der Grund für den Rücktritt von Mediendirektor Walter De Gregorio gewesen. Dieser soll den FIFA-Chef zu einem Neuanfang und einem sofortigen Rücktritt geraten haben. De Gregorio wollte sich auf Anfrage nicht zu diesem Thema äußern.

Mit Material vom Sport-Informationsdienst SID

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