Bundesliga:Mainz schlägt ein "Mondangebot" aus

Jean Philippe Gbamin vom FSV Mainz 05 gegen Franck Ribery

Der Mainzer Mittelfeldstratege Jean-Philippe Gbamin (l.) mit Bayerns Franck Ribéry.

(Foto: AFP)
  • Durch die Verkäufe von Abdou Diallo (BVB) und Suat Serdar (Schalke 04) hat Mainz 05 in diesem Sommer schon viele Millionen eingenommen. Der Wechsel von Yoshinori Muto für rund elf Millionen zu Newcastle United steht offenbar bevor.
  • Im Trainingslager in Tirol erzählt Manager Rouven Schröder, dass der Klub ein "Mondangebot" für Mittelfeldspieler Jean-Philippe Gbamin ablehnte.
  • Eine Abkehr vom Modell des Verkäufervereins ist das aber nicht.

Von Tobias Schächter, Bad Häring

Auch am Dienstag knallte es plötzlich während des Trainings des FSV Mainz 05. Was sich wie ein ferner Donnerhall anhörte, war aber nicht die Ankündigung eines reinigenden Gewitters, das die Spieler bei rund 40 Grad in der Sonne auf dem Dorfsportplatz des SV Kirchbichl sicher als willkommene Abkühlung empfunden hätten. Hoch über dem Mannschaftshotel im nahen Bad Häring wird im Steinbruch hin und wieder gesprengt und der Knall ist dann bis ins Tal zu hören.

Seit Sonntag schuften die Profis unter Anleitung von Trainer Sandro Schwarz in den Tiroler Alpen. Der FSV will endlich wieder eine sorgenfreie Saison erleben, in den beiden vergangenen Spielzeiten retteten erst Kraftakte im Saisonfinale den Klassenerhalt. Nach zwei Jahren im Krisenmodus will Mainz 05 wieder eine klare Identität auf und neben dem Platz entwickeln, noch immer befindet sich der Klub in einem Transformationsprozess - nach zwei schrillen Jahren mit Führungskrisen, Strukturreform und personeller Erneuerung.

In Jan Lehmann kam im Februar ein ehemaliger DFL-Manager als neuer "Kaufmännischer Vorstand" und jüngst in Michael Welling, dem ehemaligen Vorsitzenden von Rot-Weiß Essen, ein neuer "Direktor Marketing und Vertrieb". Der Wirtschaftswissenschaftler saß Dienstagmorgen mit dem ehrenamtlichen Vorstand Stefan Hofmann und Christian Bernhart von der erst im letzten Sommer gegründeten Fanabteilung am Rande des Trainingsplatzes und erklärte den Prozess der Erarbeitung eines neuen Leitbildes.

"Wir haben den Anspruch, Bundesliga zu spielen"

Die Identifikation der Fans mit dem Klub ist kein Selbstläufer mehr wie noch zu Zeiten des Kult-Trainers Jürgen Klopp oder des Managers Christian Heidel, die den FSV prägten wie niemand zuvor und danach. Die Selbstfindung soll im Herbst auf der Mitgliederversammlung zu einem Manifest führen, entwickelt und ratifiziert von Vereinsführung, Fans und den Mitgliedern. Das Kerngeschäft Sport ist ausgeklammert in der Leitbilddebatte. Aber auch sportlich muss neu justiert werden, nachdem die Mannschaft zuletzt phasenweise weit weg vom eigenen Ideal kickte. Trainer Sandros Schwarz will in seiner zweiten Saison wieder mehr an den von Klopp und Thomas Tuchel stilbildend geprägten Vorwärtsverteidigungsfußball anknüpfen.

Der FSV lebte immer vom billigen Kauf und vom teuren Weiterverkauf von Spielern, dadurch ist der Klub stetig gewachsen und setzt mittlerweile über 100 Millionen Euro um. In dieser Tradition agiert auch Rouven Schröder. Seit Heidel vor zwei Jahren zum FC Schalke wechselte, ist der kahlköpfige Sauerländer sportlich die entscheidende Figur im Klub, mittlerweile als Sportvorstand. An Montag sorgte Schröder in Tirol für einen kleinen Knalleffekt. Mittelfeldstratege Jean-Philippe Gbamin, 22, hatte in einer Medienrunde relativ unverblümt seinen Wechselwunsch nach England geäußert. Schröder aber erteilte dem eine kategorische und endgültige Absage und erzählte, dass er ein paar Tage zuvor erst ein "Mondangebot" für den in Frankreich aufgewachsenen Nationalspieler der Elfenbeinküste abgelehnt habe.

Dabei sei die gebotene Ablösesumme eines Premier-League-Klubs höher gewesen, als die von Abdou Diallo, der in diesem Sommer für 28 Millionen Euro zu Borussia Dortmund gewechselt war. Die Ablehnung des lukrativen Angebotes für den besten Spieler sieht aber nur auf den ersten Blick wie eine Abkehr vom Geschäftsmodell aus. "Wir haben in dieser Transferperiode schon drei Schwergewichte verloren", erklärt Schröder: "Wir haben den Anspruch, Bundesliga zu spielen, da können wir nicht sechs, sieben Spieler abgeben, Jean-Philippe ist absoluter Führungsspieler."

In diesem Sommer nahm der FSV schon rund 50 Millionen Euro ein

Durch die Verkäufe von Abdou Diallo, Mittelfeldtalent Suat Serdar (für elf Millionen zum FC Schalke) und Stürmer Yoshinori Muto, dessen Wechsel für rund elf Millionen zu Newcastle United bevorsteht, nahm der Klub diesen Sommer schon rund 50 Millionen Euro ein. Davon wurden bislang rund 21,5 Millionen in die Stürmer Jean-Philippe Mateta, 20, von Olympique Lyon, Mittelfeldspieler Pierre Kunde, 22, von Atletico Madrid und Innenverteidiger Moussa Niakhate, 22, aus Metz reinvestiert. Diallo ließen die Mainzer auch deswegen ziehen, weil sie in Niakhate einen Nachfolger in der Hinterhand hatten. Auf der zentralen Sechserposition wäre die Nachfolgesuche für Gbamin schwieriger geworden, sagt Schröder.

"Unser Traum lebt", so lautet das Motto von Mainz 05 vor der zehnten Bundesligasaison in Serie. Damit der Erstligatraum nicht platzt, verzichtete Schröder in diesem Sommer auf viel Geld für Gbamin, der bis 2022 an die Mainzer gebunden ist. Dessen Traum von England lebt zwar weiter, aber ein Streikprofi wird dieser eher schüchterne Typ nicht, da sind sich Schwarz und Schröder sicher. Und: Auch im kommenden Sommer werde es höchstwahrscheinlich wieder "Mondangebote" für den außergewöhnlichen Spieler geben. Bei bislang 30 Millionen Euro Transferüberschuss konnte sich Schröder allerdings ein "No" auch leisten. Noch sucht der FSV einen Außenverteidiger sowie einen flexiblen Offensivspieler. Und die Routiniers Giulio Donati und Pablo de Blasis würde Mainz ziehen lassen - Mondangebote sind nicht nötig.

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