FSV Mainz 05:312 Sprints

Der neue Trainer Achim Beierlorzer hat das Team mit einem Spielsystem stabilisiert, das er eigentlich gar nicht mag. Nach dem 2:1 gegen Frankfurt hat sein Team vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz.

Von Johannes Aumüller, Mainz

Kurz vor Mitternacht wurde Achim Beierlorzer ein wenig ungehalten. Da saß der Trainer des FSV Mainz 05 noch im Presseraum des Stadions und referierte über den 2:1-Sieg seiner Mannschaft im Derby gegen Eintracht Frankfurt, aber irgendwann ergab sich auch eine Frage, in der das Wort "Köln" vorkam. Das war Beierlorzer gar nicht recht. "Wir müssen Köln jetzt mal weglassen. Ich bin jetzt Trainer von Mainz, und ich will jetzt nur noch Fragen zu Mainz beurteilen", teilte er mit.

Aber so einfach ist das natürlich nicht. Köln ist eben ein wichtiger Teil dieser ungewöhnlichen Beierlorzer-Geschichte. In diesem Sommer übernahm der 52-Jährige den FC und musste im November nach nur zwei Siegen aus elf Spielen wieder gehen. Neun Tage nach seiner Entlassung folgte er beim kriselnden FSV Mainz 05 auf den gleichfalls geschassten Sandro Schwarz. Und nun glückten seinem neuen Klub unter seiner Führung gleich zwei Siege: erst ein spektakuläres 5:1 bei der TSG Hoffenheim in Unterzahl - und am Montagabend ein 2:1 (0:1) gegen Frankfurt in Überzahl.

FSV Mainz 05 - Eintracht Frankfurt

Sechs Punkte aus zwei Spielen erfreuen Trainer Achim Beierlorzer.

(Foto: Torsten Silz/dpa)

Binnen weniger Tage ist beim Abstiegskandidaten Mainz unter Beierlorzers Führung eine neue Lage eingetreten. Aber übereuphorisch wollte er sich deswegen nicht präsentieren - und Genugtuung verspüre er auch nicht. "Das ist es, was den Fußball ausmacht. Dass man manche Dinge nicht erklären kann", sagte er.

Da wirkte vielleicht noch mit hinein, dass der Sieg zwar unterm Strich verdient, aber auch hinlänglich erzittert war. Denn nach dem Rückstand durch Martin Hinteregger (34.) und der roten Karte für Frankfurts Dominik Kohr (44./Notbremse) drehten die Mainzer zwar durch einen glücklich abgefälschten Schuss von Karim Onisiwo (50.) und einen schönen Körpereinsatz von Adam Szalai (69.) die Partie. Aber obwohl Mainz in Überzahl spielte und obwohl der Eintracht anzumerken war, dass ihr die ständigen Europapokal-Abende in diesem Jahr mehr zusetzen als im Vorjahr, gab es gegen Ende noch einige Torszenen für die Frankfurter. Die Mainzer brachten es sogar fertig, in dieser Konstellation in der Nachspielzeit in einen Konter zu laufen.

Aber ein bisschen lässt sich dennoch erklären, warum es unter Beierlorzer erfolgreicher läuft als zuvor. Das hat insbesondere mit der veränderten Formation in der Defensive zu tun. Die Mainzer waren im ersten Saisondrittel die Bundesliga-Mannschaft mit den meisten Gegentoren. Aber sowohl in Hoffenheim als auch gegen Frankfurt agierten sie nun mit drei Innenverteidigern sowie auf den Außenbahnen Aaron Martin (links) und Levin Öztunali (rechts). Eigentlich sei diese Anordnung gar nicht sein bevorzugtes System, bekannte Beierlorzer nach dem Spiel freimütig; von der räumlichen Aufteilung her sei ihm das 4-2-2-2-System viel näher.

02.12.2019, xjhx, Fussball 1.Bundesliga, FSV Mainz 05 - Eintracht Frankfurt emspor, v.l. Adam Szalai (FSV Mainz 05), Al

Robust ins Ziel: Adam Szalai erzielt den Siegtreffer für Mainz 05, obwohl der Frankfurter Almamy Touré dicht an ihm dran ist.

(Foto: Jan Huebner/imago)

Aber es sei wichtig, "der Mannschaft ein System zu geben, in dem sie sich wohl fühlt". Jetzt, da ihm dieses in der Liga durchaus gängige Modell nun schon mal zugeflogen ist, will er es zumindest offensiv verstanden wissen. Es könne halt immer einer der drei Innenverteidiger mit nach vorne und Überzahlsituationen schaffen, findet Beierlorzer. Und dass diese Formation aus drei Innenverteidigern und zwei Außenbahnspielern automatisch mit einer defensiven Fünfer-Abwehrkette in Verbindung gebracht wird, hört er auch nicht gerne. Als sich nach dem Spiel jemand erkundigte, wie es denn Öztunali in seiner neuen Rolle "in der Fünferkette rechts hinten" so mache, hielt Beierlorzer prompt dagegen: "Ich würde eher sagen, in der Fünferkette im Mittelfeld, wir haben eine Dreierkette hinten."

Dass der Mainzer Torwart Robin Zentner nur ein paar Minuten früher und nur ein paar Meter entfernt entgegen Beierlorzers Differenzierungsgebot davon gesprochen hatte, man hätte ja "Dreierkette beziehungsweise Fünferkette gespielt", dürfte aber keine Konsequenzen haben.

Neben der veränderten Anordnung der Defensive fielen aber noch ein paar andere Details auf. Oft ging es mit viel Power und Wucht zur Sache, und Beierlorzer war hinterher durchaus beeindruckt über die 312 Sprints, die seine Mannschaft gezeigt hatte - das waren knapp 100 mehr, als die Elf in den vergangenen zwölf Spieltagen durchschnittlich vorgeführt hatte. "Das ist ein Wert, der zeigt, dass die Mannschaft es unbedingt wollte, dass sie es unbedingt drehen wollte", sagte er.

Auf Platz zwölf und vier Punkte vor einen Relegationsrang haben diese beiden Siege die Mainzer geführt. Doch nun muss sich im durchaus anspruchsvollen Programm bis Weihnachten zeigen, wie nachhaltig Beierlorzers Eingriffe sind. Auswärtspartien in Augsburg und Bremen sowie Heimspiele gegen Dortmund und Leverkusen stehen an. Aber Fragen nach Beierlorzers Kölner Vergangenheit wird es wohl erst in der zweiten März-Woche wieder geben - dann ist das Duell zwischen den Mainzern und dem FC terminiert.

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