Süddeutsche Zeitung

Frühes Aus in der Champions League:Die Bundesliga braucht eine Inventur

Erstmals seit 2009 fehlt ein deutscher Vertreter im Halbfinale der Champions League. Die Klubs müssen über die schwindende Konkurrenzfähigkeit der Liga nachdenken.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Als Nächstes also gegen Mainz. Und Mainz ist brandgefährlich. Das offenbart zwar nicht die Tabelle, wohl aber die Statistik - die Mainzer sind die Letzten aus der Bundesliga, die in München gewinnen konnten. Der Spanier Jairo Samperio und der Kolumbianer Jhon Cordoba erzielten im März 2016 die Treffer zum 2:1-Sieg, anschließend blieb der FC Bayern in 19 Heimspielen ungeschlagen, schoss 61 Tore, beachtliche 3,2 im Schnitt. Mancher Gast reist seither nicht als Mannschaft, sondern als Schießbude an. Eindrucksvoller noch ist die Serie von Borussia Dortmund, jenes 3:1 vom Samstag gegen Frankfurt fand als 35. Heimspiel ohne innerdeutsche Niederlage Eingang in die Klubchronik.

International sieht es anders aus: München verlor soeben gegen Real Madrid 1:2, Dortmund gegen Monaco 2:3; in den Viertelfinal-Heimspielen der Champions League wurde eingeleitet, was in den Rückspielen nicht mehr zu korrigieren war. Betroffen ist die Bundesliga als geschlossener Spielkreis: Erstmals seit 2009 kann sie keinen Halbfinalisten präsentieren. Trost spendet allenfalls Englands Premier League, die ihre Finanzkraft erneut nicht in Schlagkraft umsetzen konnte - auch Überraschungsmeister Leicester City zog sich jetzt zurück.

Mildernde Umstände fürs Scheitern wurden ausführlich diskutiert. Wenn sich der Zielspieler verletzt, geht die Statik im System verloren - ein Ausfall ihres Fünffach-Torschützen Ronaldo hätte die Madrilenen kaum mehr irritieren können als die Münchner die Schulterverletzung von Lewandowski. Und nach einem Anschlag auf den Teambus wird niemand Fußball spielen wollen, wie es die Dortmunder schon 24 Stunden danach tapfer versuchen mussten.

Wie sieht Zukunftskader nach Philipp-Lahm-Abschied aus?

Jenseits dessen aber gibt es in beiden Klubs schon jetzt diverse sportliche Themen, die die Aktualität des Ausscheidens überlagern. Beim FC Bayern werden sie, sobald sich die Rauchwolken um Schiedsrichter Viktor Kassai (Bayern-Chef Rummenigge: "Wir sind beschissen worden") gelegt haben, in Klausur gehen. Sie werden beraten, wie der Zukunftskader nach dem Philipp-Lahm-Abschied aussehen muss, und was Carlo Ancelotti mit diesem dann zu üben hat. In Dortmund steht derweil die innerbetriebliche Hygieneprüfung an, ob das wirklich in ein drittes Jahr gehen kann mit einem Klubvorstand, dessen Idee vom Fußball sich immer weniger mit der des Trainers Tuchel zu decken scheint.

Doch nicht nur diese beiden, auch all die Schalkes und Wolfsburgs, der HSV oder Frankfurt gehören in die Inventur. Einleiten könnte man eine Debatte zur schwindenden Konkurrenzfähigkeit der Bundesliga dann mit einem Quiz und der Frage, gegen wen der BVB vor Urzeiten sein letztes Heimspiel verlor? Antwort: Im April 2015 war's, 0:1, gegen den FC Bayern. Torschütze: Lewandowski.

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SZ vom 21.04.2017/schma
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