Das laute „Yes“ im Ziel war eher ein Erleichterungsschrei von Francesco Friedrich. Der Dominator im Eiskanal hatte eigentlich nicht wirklich Lust zum Feiern nach seinem neunten WM-Titel im Zweierbob. Er legte den Fokus schon auf das Viererbob-Rennen, wo er am kommenden Wochenende sein insgesamt 16. WM-Gold holen kann. „Mal gucken, wie die Form am Abend noch ist“, meinte der zweimalige Doppel-Olympiasieger nach dem Zweier-Titel.
Nach vier Läufen hatte Friedrich drei Hundertstelsekunden Vorsprung ins Ziel gerettet. Dabei lag sein deutscher Rivale Johannes Lochner wenige Kurven vor Schluss noch knapp vorn. Doch irgendwie schaffte der 34 Jahre alte Sachse mit seiner ganzen Routine und Perfektion noch eine Ausfahrt Richtung Sieg.„Wie macht er das nur?“, rief Lochner ungläubig und feuerte wütend seinen Helm auf den Boden. „Es war das härteste Rennen, an das ich mich erinnere“, meinte Lochner und bilanzierte: „Wenigstens haben wir den Bahnrekord.“

Auch wenn Gold an Friedrich ging – einige Aspekte und Zeiten sprachen für den gleichaltrigen Berchtesgadener. Zusammen mit Georg Fleischhauer kam er mit 5,01 Sekunden im finalen vierten Lauf auf die beste Startzeit aller Teams und löschte in 54,52 Sekunden im dritten Lauf den Uralt-Bahnrekord des Kanadiers Pierre Lueders von 2003 aus. „Ich kann mit den Leistungen an den Lenkseilen zufrieden sein, Georg mit den Startleistungen“, sagte Lochner und betonte nach seinem insgesamt fünften WM-Silber im kleinen Schlitten: „Wir wollten es so sehr, dass wir die Goldmedaille holen, aber Francesco war den Mucken einfach wieder schneller, wie wir in Bayern sagen.“ Anschieber Fleischhauer sagte: „Es ist immer schwer gegen Franz. Egal, das Allerwichtigste ist nächstes Jahr Olympia, wir wissen, wir können alles schaffen.“
Das Duo hatte schon 2023 in St. Moritz die Dominanz von Friedrich im kleinen Schlitten gebrochen und WM-Gold geholt. Diesmal fehlte am Mount van Hoevenberg am ersten Renntag eine Portion Power am Start und die Konzentration an den Lenkseilen, als es gleich mehrmals in der Schikane an der Bande krachte. Es ist nicht das erste Mal, dass genau solche kleinen Nuancen für den Sachsen den Ausschlag geben. Während Lochner der Gute-Laune-Typ ist, der nur erfolgreich ist, wenn er Spaß hat, überlässt Friedrich nichts dem Zufall. Jedes Detail wird immer wieder überprüft. „Es war durchgängig spannend, wir hatten am ersten Tag ein paar Hundertstel auf unsere Seite. Das hat uns den Hintern gerettet“, analysierte Friedrich. Er kennt seine Aufgaben für die Winterspiele in einem Jahr in Cortina d’Ampezzo, wo er den Olympia-Rekord von André Lange mit vier Goldmedaillen und einmal Silber übertreffen möchte.
„Wir hoffen, dass wir einen Bob haben, der konkurrenzfähig ist.“
Auch im Viererbob erwartet Friedrich ein enges Rennen im US-Bundesstaat New York. „Da wird es noch knackiger. Wir müssen versuchen, das beste Set-up für das Wochenende hinzustellen“, meinte Friedrich. Während die vom deutschen FES-Institut gebauten Zweierbobs noch immer die weltbesten sind, haben die Vierer-Schlitten der Marke Hannes Wallner mehr als aufgeholt.Und mittlerweile haben viele Nationen Zugriff auf den österreichischen Bob-Hersteller. „Wir hoffen, dass wir einen Bob haben, der konkurrenzfähig ist und mit um den Sieg fahren können“, sagte Lochner, der in dieser Saison mit seinem FES-Gefährt Nachteile hatte. „Gegen die Wallner war es hier immer schwer und ein hartes Pflaster für uns“, meinte der Bayer, der selbst jahrelang im Wallner-Bob gefahren ist.
Laura Nolte verpasste derweil den WM-Hattrick im Monobob um 44 Hundertstelsekunden. Nach ihrer Aufholjagd mit Bestzeit im dritten Lauf fehlte am Ende nach vier Durchgängen eine Winzigkeit für das dritte Gold nach 2023 und 2024. So musste sich die 26 Jahre alte Titelverteidigerin vom BSC Winterberg in Lake Placid der Amerikanerin Kaysha Love knapp geschlagen geben. Dennoch freute sich Nolte im Ziel ausgelassen über Silber. Weltcupgesamtsiegerin Lisa Buckwitz vom BRC Thüringen, die mit drei Weltcupsiegen in die Saison gestartet war, konnte sich am zweiten Wettkampftag um zwei Plätze auf Rang fünf verbessern. Kim Kalicki vom TuS Eintracht Wiesbaden landete auf Platz zehn.