Friedhelm Funkel bei 1860 München:Grüß Gott, Sehnsucht

Training 1860 München

Neuer Coach bei 1860 München: Friedhelm Funkel

(Foto: dpa)

Mit fünf Bundesligaaufstiegen und 1133 Profispielen erfüllt Friedhelm Funkel das Anforderungsprofil, das 1860 München für die Trainersuche erstellt hatte: Routine. Coach und Klub eint der Traum von der Bundesliga-Rückkehr - dafür nimmt Funkel sogar einen Einjahresvertrag in Kauf.

Von Markus Schäflein

Besondere Anlässe verdienen besondere Räumlichkeiten, und so wurde der neue Trainer des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München nicht im stickigen Pressekabuff am Trainingsgelände in Giesing vorgestellt, sondern in einem Hotel im Münchner Norden, das Sponsoringpartner des Vereins ist. Das gab Friedhelm Funkel gleich die Gelegenheit, unter Beweis zu stellen, dass er ein Vollprofi ist. "Über dieses Hotel kann ich nur Gutes sagen, das ist schon wirklich toll", berichtete er, und er führte die Vorteile der Unterkunft so lange aus, bis klar war, dass er sich einen kleinen Spaß machte aus den Benimmregeln des Fußballgeschäfts.

Funkel, 59, weist 1133 Einsätze als Spieler und Coach im deutschen Profifußball, fünf Bundesligaaufstiege als Übungsleiter und insgesamt eine Menge Lebenserfahrung auf. Nach dem gescheiterten Experiment mit Nachwuchstrainer Alexander Schmidt war die Suche der Sechziger von der Sehnsucht nach Routine geprägt - und sie führte zu Funkel.

"Er passt voll in unser Anforderungsprofil, hat schon einige Aufstiege gefeiert, Spieler geformt und Traditionsvereine geführt, bei denen auch sehr viel Emotionen im Spiel sind", sagte Sportchef Florian Hinterberger, dessen persönlicher Wunschkandidat Funkel war. "Er ist mit allen Wassern gewaschen und hat die Fähigkeit, eine Mannschaft zu führen." Funkel präsentierte sich bei seiner Vorstellung zudem sehr eloquent, nur ein kleiner Fauxpas passierte ihm: Er sprach vom "Olympiastadion" als Heimspielort - korrigierte sich allerdings schnell. In jedem Fall war dieser Versprecher der beste Beweis für Funkels langjährige Berufserfahrung.

In Uerdingen, Duisburg, Rostock, Köln, bei Eintracht Frankfurt, Hertha BSC und dem VfL Bochum hatte er fast durchweg Erfolg, sein vergangenes Engagement bei Alemannia Aachen endete am 1. April 2012 mit seiner Entlassung. Er habe einige Anfragen aus dem Ausland gehabt, sagte Funkel im vergangenen Dezember. Aber: "Nach Japan oder China zu gehen, das ist nichts für mich. Das bin ich nicht." Viel lieber, verriet er dem Magazin 11 Freunde vergangenes Jahr, wolle er "noch einmal in die Bundesliga. Das ist das Geilste!"

Dass er sich wirklich sehr freute, dass ihm nach seiner Entlassung in Aachen und eineinhalb Jahren Arbeitslosigkeit noch mal jemand den Bundesliga-Aufstieg zutraut, war spürbar, sobald der Rheinländer "Grüß Gott" gesagt hatte. Dass jener Aufstieg - wie es Funkel an Präsident Gerhard Mayrhofer gerichtet formulierte - "euer Ziel und unser Ziel" ist und die Option seines Einjahresvertrags "erfolgsorientiert", mache ihm nichts aus, sagte Funkel: "Damit habe ich überhaupt kein Problem. Weil es mir schon fünfmal gelungen ist. Und weil ich an die Qualität der Mannschaft glaube."

Erstes Spiel gegen Aalen

Nun muss Funkel jene Mannschaft schnell kennenlernen. An diesem Montag wird zwei Mal trainiert, am Dienstag ebenso. Schnellstmöglich will er "das richtige System finden, in dem sich die Mannschaft wohlfühlt" - um sie "wieder in Schuss" zu bekommen: "Das Schwierigste wird sein, Konstanz in die Leistungen hineinzubringen."

Dabei setzt Funkel auf die Unterstützung des Assistenztrainers Markus von Ahlen, den er noch kennt "aus seiner Zeit im Westen". Von Ahlen sei für ihn "ein ganz wichtiger Ansprechpartner", sagte Funkel, der bekannt dafür ist, dass viele seiner ehemaligen Co-Trainer - Jos Luhukay, Seppo Eichkorn, Armin Reutershahn - anschließend ansehnliche Karrieren hinlegten. "Markus von Ahlen wird von mir profitieren, aber ich werde auch von ihm profitieren", sagte Funkel.

Auch Torwarttrainer Kurt Kowarz, zu dem der neue Chef "großes Vertrauen" hat, bleibt im Team. Aus dem Trainerstab der U21 rückt Christian Holzer zu den Profis auf; für den bisherigen Assistenzcoach Denis Bushuev hat Funkel hingegen keinen Platz mehr im Team. "Er kann zur U21 gehen, wenn er das möchte", sagte Hinterberger, "er war von Anfang an über die Situation informiert."

Am Freitag (18.30 Uhr) im Auswärtsspiel beim VfR Aalen steht Funkel gleich, nun ja, unter Druck, wie das eben so ist beim TSV 1860 München. Viele Anhänger, viele Medien, hohe Erwartungen - er weiß, was ihn erwartet. "Damit muss man sich auseinandersetzen, damit muss man leben", sagte er. "Ich kenne das von Hertha BSC, von Eintracht Frankfurt, aus Köln, das ist dort auch nicht viel weniger", sagte er, um zuzugeben: "Naja, in Uerdingen war es weniger." Vor Störgeräuschen seitens des Investors Hasan Ismaik, die er unlängst kritisiert hatte, ist ihm offenbar auch nicht bange: "Man muss sich damit arrangieren und richtig damit umgehen."

Zu allem Übel muss Funkel auch noch die landläufige Meinung hinnehmen, er sei ein eher spröder Typ. Präsident Mayrhofer hatte bekanntlich gefordert, Sechzig brauche "mehr Rock'n'Roll". Er musste nun sich nun prompt dem Einwand stellen, Friedhelm Funkel sei doch sicher alles Mögliche, aber kein Rock'n'Roll. Das wollte Mayrhofer aber nicht gelten lassen: "Wenn er aufsteigt, ist das der Rock'n'Roll, den wir sehen wollen."

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