Frenkie de Jong:Die Passmaschine von Amsterdam

Ajax v Emmen - Eredivisie

Bald in Barcelona: Frenkie de Jong.

(Foto: Getty Images)
  • Frenkie de Jong wechselt für 75 Millionen Euro plus Bonuszahlungen im Sommer von Ajax Amsterdam zum FC Barcelona.
  • Auch Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic äußerte sich vor Kurzem zum 22-Jährigen Niederländer.
  • Seine Stärken stecken vor allem im Passspiel - damit ist er prädestiniert für den FC Barcelona.

Von Christopher Gerards

Heiko Westermann, das sollte man wissen, hat in seiner Karriere mit einigen sehr begabten Menschen zusammen Fußball gespielt. Ivan Rakitic und Mesut Özil waren dabei, damals auf Schalke, Son Heung-min und Hakan Calhanoglu beim Hamburger SV. Gute Spieler sind das, keine Frage, aber wenn man den früheren Innenverteidiger Westermann nach einem anderen ehemaligen Mitspieler fragt, dann sagt er: "Er ist einer der besten jungen Spieler, mit denen ich je trainiert habe - wenn nicht sogar der beste."

Dieser frühere Mitspieler ist Frenkie de Jong, und er ist gerade für die Summe von 75 Millionen Euro von Ajax Amsterdam zum FC Barcelona gewechselt.

De Jong, 21, ist - neben seinem 19 Jahre alten Teamkollegen Matthijs de Ligt - der Fußballspieler, über den eine Zeit lang alle redeten. Das liegt nicht nur daran, dass er ein ziemlich guter zentraler Mittelfeldspieler ist. Es lag vor allem daran, dass quasi jeder Top-Klub an ihm interessiert gewesen sein soll. Der FC Barcelona bekam nun den Zuschlag, aber es hieß, auch Manchester City, Paris Saint-Germain und der FC Bayern seien interessiert gewesen.

Ein guter Spieler sei dieser de Jong, einer, den er "schon lange" kenne - so hat es Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic in der Hinrunde gesagt. Das Erstaunliche: Vor ein paar Monaten wäre der Name Frenkie de Jong noch als absolutes Nerd-Wissen durchgegangen. Hat ein paar Mal in der Eredivisie gekickt, ist eines dieser vielen Ajax-Talente und war übrigens nie bei Gladbach - so viel wusste man höchstens. Und ist da der Transfer nach Barcelona: 75 Millionen Euro.

Westermann: De Jong ist "charakterlich einwandfrei"

Wer verstehen will, was de Jong so wertvoll macht, spricht am besten mit Leuten, die mit ihm auf dem Platz standen oder ihn regelmäßig spielen sehen. Westermann, 35, derzeit in der Trainerausbildung, spielte in der Saison 2016/17 für Ajax. De Jong pendelte seinerzeit noch zwischen Amateuren und Profis, trainiert hat er laut Westermann aber mit der ersten Mannschaft. De Jong habe "alles, was ein guter Spieler haben muss", sagt Westermann. Er beschreibt einen schnellen, technisch begabten, filigranen Fußballer, der das Spiel gut lesen könne, der Situationen antizipiere, der überdies "charakterlich einwandfrei" sei. Anfangs sei er noch etwas verspielt gewesen, aber "man sieht, dass er immer cleverer wird".

Frank Wormuth, der lange die Fußballlehrerausbildung des DFB geleitet hat und nun den niederländischen Erstligisten Heracles Almelo trainiert, nennt de Jong "eine spielintelligente Passmaschine". Dortmunds Julian Weigl fällt Wormuth auf die Frage nach einem vergleichbaren Spieler ein. "Beide sind sich sehr ähnlich in ihrer Spielweise", schreibt Wormuth per E-Mail, "wobei Frenkie de Jong zusätzlich noch sehr gut im Dribbling ist. Er ist kaum vom Ball zu trennen. Und daher sucht er auch sehr gerne das Dribbling über den ganzen Platz." Wobei sich darin auch manchmal Schwächen offenbarten: dass er schon mal in Regionen dribbelt, in denen ein Ballverlust schmerzvoll sein kann.

Das 4:1 von Ajax gegen PEC Zwolle in der Eredivisie lieferte gute Beispiele für seinen Stil. Da dribbelte de Jong erst an drei, vier Gegnern vorbei, um dann wuchtig vom Sechzehner ins Eck zu treffen. Das 2:0, sein drittes Saisontor. Dass er kurz darauf mit einem allzu riskanten Dribbling im Mittelfeld eine Ecke und in letzter Instanz ein Gegentor provozierte - das stand allerdings ebenfalls in seiner Bilanz an diesem Abend.

Nur wenige Talente durchlaufen alle Ajax-Mannschaften

Ajax Amsterdam verdient sich gerade viel Lob dafür, einen talentierten Fußballer nach dem anderen zu entwickeln. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nur wenige dieser Fußballer alle Ajax-Mannschaften durchliefen, sondern viele recht spät nach Amsterdam wechselten. So war es auch bei de Jong. Schon 2014/15 hatte er in der Eredivisie für Willem II Tilburg debütiert, einen seiner Jugendklubs. Bei diesem einen Spiel blieb es erst mal. Er wechselte zu Ajax' Reserve, wurde zurück nach Tilburg verliehen, spielte kaum und ging nach einem halben Jahr wieder nach Amsterdam. Dort hatte er 2016/17 seine ersten Profieinsätze - unter anderem nach einer späten Einwechslung im Europa-League-Finale gegen Manchester United (0:2).

Die Saison 2017/18 war die erste, in der er regelmäßig spielte, oft sogar in der Innenverteidigung. Aber es dauerte bis zum September, bis er sein erstes Länderspiel für die Niederlande machte. Bis er schließlich auf Gegner traf wie Frankreich mit N'Golo Kanté, Paul Pogba und Antoine Griezmann; oder auf Deutschland mit Toni Kroos und Joshua Kimmich. Und bis er letztlich und ziemlich überraschend mit den Niederlanden die Nations-League-Gruppe A 1 gewann.

Nun also gehen die Dinge in seiner Karriere ganz schnell. De Jong ist der bisher teuerste Transfer aus der niederländischen Eliteliga. Als bisher teuerster Niederländer war Abwehrspieler Virgil van Dijk vor einem Jahr innerhalb der Premier League von Southampton zum FC Liverpool gewechselt. Der Fünf-Jahres-Vertrag von de Jong läuft ab 1. Juli bis zum Jahr 2024. Barça-Präsident Josep Bartomeu war am Mittwoch zusammen mit Sportdirektor Pep Segura und Geschäftsführer Òscar Grau nach Amsterdam geflogen, um den Deal perfekt zu machen, berichteten spanische Medien.

Wenn ein junger Spieler zu einem Spitzenverein geht, geht es immer auch um diese Frage: Packt der das? Zumal de Jong im zentralen Mittelfeld spielt, auf einer Position, auf der Trainer oft erfahreneren Profis vertrauen, auf der sie nicht gar so munter durchwechseln wie etwa auf links außen. Westermann glaubt aber, de Jong könne "in jedem Klub spielen - auch von Anfang an".

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