Sabine Lisicki saß schon dort. Hinter dem kleinen Holztisch, auf einem Stuhl. Sie wartete hinter einem Vorhang aus blondem Haar, ihre Tränen hatten noch nicht ihr Makeup aufgelöst. In der Regel läuft es bei den French Open folgendermaßen ab: Ein Match wird beendet, dann gibt es eine Durchsage, Spieler XY sei auf dem Weg zum Interviewraum. Also laufen die Journalisten los, treffen ein im Presseraum, dann aber warten sie noch ein paar Minuten. Weil Spieler XY in Wahrheit natürlich längst noch nicht losgelaufen ist.
Aber Sabine Lisicki war am Montag das Gegenteil einer Spielerin XY. Sie war aus dem gewohnten Rahmen gefallen, zu viel war geschehen. Sabine Lisicki hatte nicht einfach nur ein Erstrunden-Match verloren. Sie war von Veronica Cepede Royg aus Paraguay besiegt worden. Einer Qualifikantin. Nummer 161 der Welt. 2:6, 2:6. In 59 Minuten. Eigentlich ein Wahnsinn alles. Also saß Sabine Lisicki schon dort und wartete auf die Journalisten.
Womöglich, um die ganze Angelegenheit schnell hinter sich zu bringen. Die bohrenden Fragen, die Konfrontation mit der unbequemen Wahrheit. Sie, die Wimbledon-Finalistin von 2013, die ehemalige Nummer zwölf der Welt.

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Lisicki hatte "keinen Spaß"
Schlecht habe sich das Spiel angefühlt, sagte Lisicki. Kein gutes Gefühl habe sie gehabt. Und auch "keinen Spaß". Den hatten am Montag allerdings die wenigsten in Paris. Geregnet hatte es den ganzen Vormittag wie schon fast den ganzen Sonntag. An Training vor dem Match war daher nicht nur für Lisicki nicht zu denken. Aber sie sei extra um acht Uhr morgens schon da gewesen, um zu trainieren, falls eine Wolkenlücke dies ermöglicht hätte. Drei Stunden vor ihrem ursprünglich für elf Uhr angesetzten Match.
Überhaupt, das Training: Das soll in Zukunft ganz anders aussehen, wenn es erst vom Spanier Salvador Navarro koordiniert wird, der am Wochenende in Paris eingetroffen ist. Versprach Lisicki. Zuletzt hatte sie sich ja vom früheren Davis-Cup-Spieler Christopher Kas getrennt, danach hatte sie ihr Vater Richard vorübergehend wieder betreut. Mit Navarro habe es jüngst eine Probezeit in Rom gegeben, mit der offenbar beide zufrieden waren. Der 39-jährige Navarro hat auch schon die letztjährige US-Open-Siegerin Flavia Pennetta aus Italien betreut.
"Ich spiele jetzt hier noch Doppel, dann werde ich zurückkehren und trainieren." Navarro kenne "die Höhen und die Tiefen des Sports". Ausschlaggebend wird im Fall Lisicki eher die Tiefenerfahrung sein. Und wieder versprach Lisicki: "Das allerwichtigste ist jetzt, hart zu arbeiten, aber auch den Spaß wieder finden". Arbeit, Spaß, Arbeit, Spaß, das ist der Plan.
Die Niederlage gegen Qualifikantin Cepede Royg war ja immerhin schon Lisickis sechste Auftaktpleite im zwölften Turnier 2016. Keinen einzigen Breakpunkt erspielte sie sich, etwas mehr nur als die Hälfte ihrer vormals gefürchteten Aufschläge landete im Feld, wegen derer ihr der Boulevard mit einigem Recht den Spitznamen "Bum-Bum-Bine" verpasst hatte.
Ob sie denn, als ehemalige Wimbledon-Finalistin, die schon vor den French Open auf Weltranglistenplatz 51 abgesackt war, froh sei, dass bald die Rasensaison beginnen werde, wurde Lisicki gefragt. Und dann flossen die Tränen, stockte die Stimme.
Öffentliche Trennung von Pocher
"Tut mir leid", entschuldigte sie sich. "Ich brauche jetzt einfach etwas Zeit, um mich zurückzuziehen". Allerdings wolle sie vorher noch das Turnier in Mallorca (13. Juni) spielen. Wichtig sei künftig auch eine adäquate Unterstützung in ihrem Umfeld. Seit ihrer Trennung von dem TV-Spaßvogel Oliver Pocher hatte es diese nicht länger gegeben. Wie auch? Die Trennung lief schließlich in aller Öffentlichkeit ab. Lisicki hatte sich in der Gala beschwert, Pocher auf Twitter gekontert.
"Wichtig ist es jetzt, die richtigen Leute um sich zu haben. Die braucht man, um Halt zu haben", sagte Lisicki. Arbeit, Spaß, gutes Umfeld, Arbeit, Spaß, Umfeld. Das ist jetzt der Plan.