Tennisspieler Zverev in Paris:Über acht Stunden in gut zwei Tagen

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"Nochmal davongekommen": Alexander Zverev geht über die volle Distanz, um Holger Rune zu schlagen. (Foto: Clive Mason/Getty Images)

Finaler Schmetterball nach Mitternacht: Alexander Zverev leistet Schwerarbeit bei den French Open, auch das Match gegen Holger Rune geht über fünf Sätze. Titelverteidiger Novak Djokovic verletzt sich am Meniskus und tritt im Viertelfinale nicht mehr an.

Von Barbara Klimke, Paris

Den Rekord des spätesten Spielschlusses der French Open hat Alexander Zverev nicht gebrochen. Aber es war weit nach Mitternacht, als er das Match gegen den Dänen Holger Rune auf der Tennisanlage Roland Garros beendete, um 1.40 Uhr mit einem finalen Schmetterball. Zum sechsten Mal in seiner Karriere hat Zverev, 27, nun das Viertelfinale des Grand-Slam-Turniers erreicht. Die Frage ist nur, wie viel Kraft ihn dieser erneute Filzballmarathon auf Sand gekostet hat. Er war nach eigener Aussage froh, „noch mal davongekommen zu sein“.

Für Novak Djokovic, 37, den Rekordsieger bei Grand-Slam-Turnieren, galt das nicht. Der Titelverteidiger aus Serbien zog sich am selben Abend eine Meniskusverletzung zu und musste seine hochgesteckten Ambitionen in Paris vorzeitig aufgeben.

Zverev hofft weiter auf einen Grand-Slam-Erfolg, der in seiner Biografie noch fehlt. Zweimal nacheinander ist er jetzt über die volle Distanz gegangen in Paris: Fünf Sätze hat er am Montagabend benötigt, um den furios spielenden 21-jährigen Rune zu bezwingen, 4:6, 6:1, 5:7, 7:6 (2), 6:2. Ebenfalls in einem Fünfsatzmatch hatte er am Samstag in der dritten Runde den Niederländer Tallon Griekspoor geschlagen. In Summe sind das, wie er selbst hochrechnete, achteinhalb Stunden reine Spieldauer binnen gut zwei Tagen.

Das Wichtigste sei deshalb, möglichst schnell ins Bett zu kommen, um zu regenerieren, sagte Zverev, als er lange nach Spielschluss vor den Journalisten erschien. Da war es bereits halb drei Uhr früh. Und ein Teil der Fragen, vor allem der australischen Reporter, galt schon seinem nächsten Gegner, Alex de Minaur, der ihn am Mittwoch auf der anderen Netzseite zu einem erneuten Ballgewitter erwarten wird.

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Grand-Slam-Turniere im Tennis sind Schwerarbeit für die weltbesten Akteure: eine Dauerbelastung für Körper und Geist, weil bis zum Finale sieben Matches nötig sind. Es empfiehlt sich deshalb, die Belastung zu minimieren; diese Gelegenheiten hat Zverev – auf zugegebenermaßen heroische Art und Weise – nun erneut verpasst. Denn sich immer wieder brillant aus der Bredouille zu befreien, das muss man auch erst einmal schaffen.

Im Match gegen den fintenreichen Rune ließ Zverev zwei Drittel seiner Break-Chancen ungenutzt, obwohl er seinem sechs Jahre jüngeren Kontrahenten nicht weniger als 16 Asse vor die Füße schmetterte. Zu viele Spiele aber verlor er durch leichte Fehler.

Zverev hat 22 von 24 Tiebreaks bei den French Open gewonnen

Es waren bereits drei Stunden gespielt, als der dreimalige Halbfinalist Zverev endlich zu jener Dominanz fand, die reichte, um den Widerstand des ungestümen Dänen zu brechen. Als im vierten Satz die Entscheidung im Tiebreak anstand, bewahrte er Ruhe und sammelte Punkt für Punkt. Tatsächlich ist Zverevs Tiebreak-Statistik bei den French Open seit 2016 ein Muster für sich: Von 24 dieser Shootouts hat er 22 gewonnen. „Ich bin ja schon ein bisschen länger auf der Tour“, sagte er, „da hilft auch die Erfahrung.“ Im fünften Satz hatte er kaum Mühe mehr mit dem Gegner.

Das Match begann erst abends um halb zehn, weil sich zuvor um den Titelverteidiger Novak Djokovic, 37, ein Fünfsatzdrama auf dem Court Philippe-Chatrier entwickelt hatte. Der 24-malige Grand-Slam-Sieger gewann den ersten Satz gegen den Argentinier Francisco Cerundolo gewohnt souverän, dann rutschte er zu Beginn des zweiten Durchgangs auf dem schweren Sand aus und verdrehte sich das Knie.

Djokovic humpelte, nahm eine medizinische Auszeit und ließ sich Schmerzmittel verabreichen. Er kehrte zurück auf den Platz, holte im vierten Satz, als die Medikamente wirkten, wie er später sagte, einen Rückstand auf, obwohl er zwischenzeitlich kaum mehr einen Ball erlaufen konnte, und gewann 6:1, 5:7, 3:6, 7:5, 6:3. Schon als er anschließend zur Pressekonferenz erschien, ließ er offen, ob er zum Viertelfinale gegen den Norweger Casper Ruud würde antreten können. „Ich habe überlebt. Ich habe gewonnen“, sagte er. „Ob ich spielen kann? Das weiß ich nicht.“

Am Dienstagnachmittag zog sich der dreimalige French-Open-Sieger aus dem Turnier zurück. Eine MRI-Untersuchung hatte einen Riss im Meniskus von Djokovics rechtem Knie aufgezeigt. Den angestrebten 25. Grand-Slam-Titel, mit dem er nach allen männlichen Konkurrenten auch die Australierin Margaret Court überflügelt hätte, wird er in Paris nicht gewinnen können. Auch seine Teilnahme am Wimbledonturnier erscheint nun fraglich.

Djokovic hatte sein Drittrundenmatch in Roland Garros am frühen Sonntagmorgen erst um 3.07 Uhr beendet – ein unrühmlicher Rekord in der Geschichte des Turniers. Nach dem Viertelfinaleinzug rügte er den Zustand des Platzes in Paris, der Regen und die Kälte der vorangegangenen Tage hätten die  Konsistenz der Sandschicht verändert. Er hatte während des Matches vergeblich darum gebeten, dass der Platz häufiger abgezogen, also geglättet, wurde.

Die Position des Weltranglistenersten verlor er durch sein frühes Aus in Paris an den Italiener Jannik Sinner, 22, der nach einem Sieg über den Bulgaren Grigor Dimitrow (6:2, 6:4, 7:6) im Viertelfinale steht. Djokovic reiste ab. Für ihn waren die French Open eine Tortur.

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