Süddeutsche Zeitung

Freiburgs 3:0 gegen Mainz:Zufrieden am Rand

Der Sportclub gewinnt zum Auftakt - und Trainer Streich muss die Frage beantworten, ob Freiburg "der neue Nabel der Fußballwelt" ist.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Jonathan Schmid kam nicht so recht dazu, umfassend zu erklären, wie er das zweite Tor beim Freiburger 3:0 über Mainz 05 fabriziert hatte. Zu deutlich machte sein Sohn, dass er den Papa jetzt doch bitte für sich haben wollte. Erst ein sehr deutliches "Attends" ("Warte") aus Vaters Munde und das gute Zureden eines Ordners, der einen Beutel Gummibärchen dabeihatte, konnten die Situation bereinigen. Schmid konnte jedenfalls schließlich in zwei, drei Sätzen beschreiben, wie er nach innen gezogen war und einfach abgezogen hatte.

An Schmid, der nach vier Jahren in Hoffenheim und Augsburg in diesem Sommer zu seinem Jugendverein zurückkam, ließ sich Auf und Ab in dieser seltsamen Auftaktpartie gut festmachen. Auch der Franzose hatte im ersten Durchgang nervös agiert, hatte überhastete Aktionen mit Fehlpässen kombiniert und das Ganze nur notdürftig mit sehr viel Wille und Engagement kaschieren können. Ab der 60. Minute zeigte dann aber auch Schmid - wie der Rest der Mannschaft - einen so deutlichen Leistungsaufschwung, dass der Sieg als solcher am Ende zumindest kein Witz mehr war. Zumindest wenn er mit einem statt mit drei Toren Unterschied vonstatten gegangen wäre.

Einigermaßen grotesk muss das Ergebnis den Mainzer Spielern aber dennoch vorgekommen sein, schließlich waren die 05er im ersten Durchgang das bessere Team, das klar konturiert nach vorne spielte und auch besser verteidigte. Chancen hatten sie auch sechs oder sieben, diese vergaben sie aber. Erst mit den Wechseln, die Trainer Christian Streich nach gut einer Stunde vornahm, kippte das Spiel. Außer Schmids Treffer (84.) trafen Lucas Höler (87.) und Luca Waldschmidt (87.) per Elfmeter. Innerhalb von sechs Minuten kassierte Mainz, das bis dato wohl selbst mit einem Remis nicht hätte zufrieden sein können, eine deutliche Niederlage.

Präsident Keller werde Freiburg fehlen, sagt Christian Streich

Dass 05-Trainer Sandro Schwarz das gerade Erlebte einigermaßen schräg fand, sah man ihm dann nach dem Spiel auch deutlich an. Und auch Kollege Streich sah sich bemüßigt, die Dinge zu relativieren: "Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal gegen Mainz gewonnen habe. Gefühlt noch nie." Auch sein Team habe schon mit Ergebnissen gegen die 05er gehadert. "Letztes Jahr hatten wir 70 Prozent Ballbesitz - da kann man schon mal 0:5 verlieren." Da konnte dann auch Schwarz wieder lachen.

Die beiden Trainer verstehen sich gut. Nicht nur die Tatsache, dass beide seit Menschengedenken in Kurzdistanz zum Eigenheim bei ihren Lieblingsvereinen arbeiten, verbindet beide. Sie verabschiedeten sich mit einer herzlichen Umarmung voneinander - wohlwollend beobachtet vom designierten DFB-Präsidenten Fritz Keller. Als Streich bei der Pressekonferenz auf die Frage antwortete, ob Freiburg denn nun mit einem Bundestrainer Joachim Löw und Keller "der neue Nabel der Fußballwelt" sei, hörte er aus zehn Metern Entfernung im Presseraum zu.

Was er zu hören bekam, dürfte ihn gefreut haben. Freiburg liege an keinem Nabel, sondern "am Rand", und das solle auch so bleiben, fand Streich. "Aber uns wird er fehlen. Wir haben auch schon mal drei, vier Spiele hintereinander verloren, und er hat uns nie in Frage gestellt." Zudem habe ihn Keller immer wieder aufgebaut, wenn ihm eine Niederlage zu schaffen gemacht habe. Streich sagte: "Ich bin kein Positivist, der Fritz schon."

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SZ vom 18.08.2019
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