Freiburg-Trainer Christian Streich:"Auch ich bin verführbar"

Karlsruher SC - SC Freiburg

Freiburgs Trainer Christian Streich: Gestikuliert oft wild, will sich aber nicht als Kauz sehen

(Foto: dapd)

Christian Streich feiert Freiburg-Jubiläum: Vor genau einem Jahr wurde er Cheftrainer im Breisgau. Im Interview mit der SZ äußert sich Streich über das gestiegene öffentliche Interesse, grüßende Weinbauern - und die Kehrseiten vom Kult-und-Kauz-Image.

Bodenständigkeit ist Christian Streich wichtig. Vor kurzem grüßte den Trainer vom SC Freiburg ein Weinbauer beim Spaziergang, noch vor einem Jahr hätten sich die beiden Wanderer wohl nicht unterhalten. "Ich freue mich sehr über so was, aber verstehen Sie: Die Freude ist fast zu groß, das ist mir fast zu viel, ich will es eigentlich gar nicht", versucht Streich zu erklären, "das heißt: Ich will es schon, aber ich merke, wie nah das alles ist."

Das Leben des Christian Streich ist seit seiner überraschenden Ernennung zum Bundesliga-Coach des SC Freiburg vor einem Jahr stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Der 47-Jährige, der seit 1995 in Freiburgs Fußballschule als A-Jugendtrainer und sportlicher Leiter tiefe Spuren hinterlassen hat, sieht aber keinen Unterschied zu seiner früheren Arbeit. "Anders sind nur die Rahmenbedingungen: Es schauen mehr Menschen zu, mehr Menschen sprechen hinterher über die Spiele, überall sind Kameras", sagt er.

Mit dem Image des kauzigen Zeitgenossen hadert Streich hingegen. "Manchmal ärgere ich mich auch, wenn ich Spiele völlig ruhig coache und hinterher zeigen sie im Fernsehen die einzige Szene, in der ich mich aufgeregt habe", so Streich. Das, was der Menschenforscher ("Menschen haben mich immer am meisten interessiert in meinem Leben") mit seiner Mannschaft vorhat, umschreibt er so: "Ich bin nur eine handelnde Person, die Fußball liebt und mit den Jungs basteln will. Wenn die Spieler das merken, haben sie keine Angst vor mir."

Das gestiegene öffentliche Interesse beäugt Streich selbstkritisch: "Auch ich bin verführbar, keine Frage. Aber ich versuche, mich genau zu beobachten. Wenn ich mich zum Beispiel dabei ertappen würde, dass ich einen Spieler aufstellen will, weil der vielleicht besser mit der Presse kann als ein anderer oder weil sein Berater Einfluss ausübt, dann wäre das so ein kritischer Punkt."

Über seine persönlichen Erfolge als Freiburger Trainer, Streich hat den SC als Tabellenletzter übernommen und ist aktuell Fünfter, freut er sich auf seine Art: " Ich genieße diese Anerkennung, es gefällt mir, wenn die Leute sagen: Herr Streich, was Ihr macht, das gefällt uns! Andererseits spüre ich, dass ich einer riesigen Erwartungshaltung gerecht werden muss. Das ist Druck, und zwar kein geringer." Die Erwartungshaltung schraubt Streich trotz des aktuellen Erfolgslaufes herunter. "Wir wissen zwar, dass wir viele tolle Typen in der Mannschaft haben, mit denen man über ein paar Berge laufen kann", so der Trainer, "aber das Ziel, das über allem steht, ist der Nichtabstieg. Wir werden jetzt mal sehen, wie stabil wir sind, auch psychisch. Es wird sich zeigen, wie wir mit Lob umgehen können."

Mit seinem Job im Breisgau fühlt sich Streich wohl und zieht das wohl positivste Fazit, das sich nach einem Jahr ziehen lässt: "Mich können Sie nicht einfach woanders hinsetzen, da würde ich untergehen. Hier beim SC funktioniere ich im Gesamtgebilde, mit meinen Co-Trainern und mit allen anderen, die hier was beitragen."

Lesen Sie das vollständige Interview mit Christian Streich in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 29. Dezember 2012, auf dem iPad oder Windows 8.

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